Thomas Rauscher

Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht


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Scheidung nach den tatsächlich anzuwendenden Statuten. Da die Ehegatten von den Grundsätzen des islamischen Rechts ausgingen, könnte das Morgengabeversprechen als Vereinbarung der Rechtsfolgen islamischen Rechts verstanden werden. Der Vertrag wäre dann als Verzicht auf güterrechtliche und unterhaltsrechtliche Ansprüche sowie den Versorgungsausgleich gegen Zahlung einer als Morgengabe bezeichneten pauschalen Abfindung zu verstehen (MAT c, d).

      Eine solche Auslegung würde jedoch einen Regelungswillen voraussetzen. Die Ehegatten sind aber nur von gesetzlich eintretenden Rechtsfolgen des islamischen Rechts ausgegangen. Es wäre eine bloße Unterstellung, wollte man ihnen einen Regelungswillen hinsichtlich eines deutschen Statuts unterstellen. Ehewirkungsrechtlich wäre, abgesehen vom Unterhaltsrecht, allenfalls an den Ausgleich von Ehewohnung und Haushaltsgegenständen zu denken, zu dem die Vereinbarung noch weniger Bezug hat.

      d) Formunwirksamkeit

      218

      Eine solche Auslegung könnte zudem mangels Einhaltung der Form scheitern. Soweit güterrechtliche oder versorgungsausgleichsrechtliche Ansprüche abgegolten werden sollten, fehlt es an der Form der notariellen Niederschrift (§§ 1410, 1408 Abs. 2 BGB, § 7 Abs. 3 VersAusglG). Als Unterhaltsvereinbarung wäre die vor dem 1.1.2008 (seither § 1585c S. 2 BGB idF des Unterhaltsrechtsreformgesetzes 2007) geschlossene Vereinbarung nach deutscher Orts- und Geschäftsform zwar formfrei wirksam. Aus Sicht des deutschen Rechts stellt sich aber zusätzlich ein Problem des § 139 BGB. Da jedenfalls eine güter- und versorgungsausgleichsrechtliche Abgeltung nicht erreicht wird, dürfte eine Auslegung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kaum eine andere Lösung als die Gesamtnichtigkeit zulassen. Eine Pauschalierung aller Scheidungsfolgen scheitert; ein isolierbarer unterhaltsrechtlicher Teil (dem Betrag nach) ist nicht bestimmbar.

      Ergebnis:

      Güterrechtsstatut ist deutsches Recht; für das Grundstück in Florida jedoch floridanisches Recht, so dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet.

Unterhaltsstatut ist deutsches Recht; der Einwand des Ali Akbar nach Art. 5 HUntStProt 2007 greift absehbar nicht durch.
Versorgungsausgleichsstatut ist deutsches Recht; der VA kann nachgeholt werden.
Nach der jedenfalls für das iranische Recht zutreffenden ehewirkungsrechtlichen Qualifikation ist das auf die mehriye anwendbare Recht keine islamische Rechtsordnung; die Vereinbarung geht daher ins Leere und kann auch nicht als Verzicht bzw Abfindung anderer Scheidungsfolgenansprüche ausgelegt werden.

      Frage 2: Zuständigkeit

      I. Zugewinnausgleich

      1. Internationale Zuständigkeit

      a) Bereichsausnahme aus Brüssel Ia-VO

      219

      

      b) EU-EheGüterVO

      220

      Am 29.1.2019 ist jedoch für Deutschland als an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmendem Mitgliedstaat die EU-EheGüterVO in Geltung getreten; gemäß Art. 69 Abs. 1 EU-EheGüterVO sind deren verfahrensrechtlichen Bestimmungen anwendbar auf Verfahren, die ab dem 29.1.2019 eingeleitet werden; da der Antrag am 30.1.2019 gestellt wird, kommt es nicht darauf an, ob intertemporal Einreichung oder Zustellung maßgeblich ist. Der sachliche Anwendungsbereich gemäß Art. 1 Abs. 1 EU-EheGüterVO ist eröffnet; eheliche Güterstände sind hier wie in der Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO zu definieren. Eine räumlich-persönliche Begrenzung des Anwendungsbereichs sieht die EU-EheGüterVO nicht vor, so dass sie auch auf das Verfahren gegen den in den USA wohnenden bzw sich gewöhnlich aufhaltenden Antragsgegner anwendbar ist. Andererseits gibt es auch bei Unzuständigkeit nach der EU-EheGüterVO keine Fälle, in denen, wie unter Art. 6 Brüssel Ia-VO oder Art. 7 Brüssel IIa-VO, auf nationale Zuständigkeiten zugegriffen werden kann; die EU-EheGüterVO bestimmt vielmehr autonom und abschließend in Art. 11 EU-EheGüterVO auch die Notzuständigkeiten.

      c) Internationale Zuständigkeit nach EU-EheGüterVO

      221

      Die internationale Zuständigkeit folgt weder aus Art. 4 EU-EheGüterVO, weil keine Nachlasssache parallel anhängig ist, noch aus Art. 5 EU-EheGüterVO, weil keine Ehesache anhängig ist. Eine gegenüber Art. 6 EheGüterVO vorrangige Vereinbarung gemäß Art. 7 EU-EheGüterVO liegt nicht vor. Von den subsidiär gestuften Anknüpfungen in Art. 6 EU-EheGüterVO ist keine gegeben: es fehlt bei Antragstellung an einem gewöhnlichen Aufenthalt beider Ehegatten in Deutschland; der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt lag nicht in Deutschland; es fehlt an einem gemeinsamen (deutschen) Personalstatut, da der Antragsgegner Ali Akbar seinen Asylstatus aufgegeben hat und seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat. Eine Zuständigkeitsanknüpfung an den Antragstelleraufenthalt sieht Art. 6 EU-EheGüterVO nicht vor. Auch Art. 10 EU-EheGüterVO greift nicht ein, da keine Ehegütersache vorliegt, die deutsche Immobilien zum Gegenstand hat. In Betracht kommt jedoch Art. 11 EU-EheGüterVO. Keines der Kriterien in Art. 4, 5, 6, 7, 8 und 10 EU-EheGüterVO weist in einen anderen an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaat. Laila könnte also nur in Florida ehegüterrechtliche Ansprüche geltend machen; ob dies angesichts des früheren ehelichen Aufenthalts in Florida unzumutbar ist, erscheint fraglich. Man könnte dies damit begründen, dass die Ehe in Deutschland geschlossen wurde, ein Vertrauen in die Anwendung deutschen Rechts als Ehegüterstatut begründet wurde und floridianische Gerichte allenfalls für die in Deutschland verbrachte Ehezeit von Zugewinngemeinschaft ausgehen würden, sofern sie die Zugewinngemeinschaft wie community property einordnen. Es könnte jedoch auch argumentiert werden, dass nach bisherigem deutschen IZPR in dieser Konstellation ebenfalls keine deutsche internationale Zuständigkeit bestanden hat (vgl Vorauflage Rn 216), was durchaus die Wertung eines deutschen Familiengerichts beeinflussen kann.

      Der in Art. 11 Abs. 2 EU-EheGüterVO geforderte ausreichende Bezug zu Deutschland wäre jedenfalls durch die deutsche Staatsangehörigkeit von Laila gegeben.

      d) Örtliche, sachliche Zuständigkeit

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      Bejaht man die internationale Zuständigkeit, so ist die örtliche Zuständigkeit gemäß Art. 2 EU-EheGüterVO nicht in der VO mitgeregelt. Anwendbar könnte § 262 FamFG sein; jedoch folgt aus § 3 IntGüRG, das zur Ausführung der EU-EheGüterVO erlassen wurde, eine vorrangige Regelung der örtlichen Zuständigkeit. Da sich die internationale Zuständigkeit (allenfalls) aus Art. 11 EU-EheGüterVO ergibt, ist dann gemäß § 3 Nr 9 IntGüRG das AG Berlin-Schöneberg örtlich zuständig. Sachlich zuständig ist ausschließlich das Familiengericht (§ 23a Abs. 1 S. 1 Nr 1 GVG, § 111 Nr 9 FamFG).

      Ergebnis:

      Ob deutsche Gerichte international für den Antrag auf Zugewinnausgleich zuständig sind, hängt davon ab, ob die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme drittstaatlicher (hier floridianischer) Gerichte anzunehmen ist. Sofern dies bejaht wird, ist örtlich und sachlich das AG Berlin-Schöneberg – Familiengericht – zuständig.

      II. Unterhalt

      1. Internationale Zuständigkeit

      a)