187
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich ist güterrechtlich zu qualifizieren; ein Anspruch aus § 1378 BGB setzt voraus, dass deutsches Recht Ehegüterstatut ist.
a) Art. 8 Deutsch-iranisches Niederlassungsabkomen
188
Unmittelbar geltende völkervertragliche Kollisionsnormen sind vorrangig (Art. 3 Nr 2 EGBGB).
aa)
Zu prüfen ist Art. 8 des Deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens, dessen Fortgeltung nach dem 2. Weltkrieg gegenüber der BRep. Deutschland auch durch die Islamische Republik Iran bestätigt wurde.[2] Sachlich ist Art. 8 des Abk. auf das Ehegüterrecht anwendbar.
bb)
Der räumlich-persönliche Anwendungsbereich betrifft jedoch nur die Behandlung Angehöriger eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat, also die Behandlung von Iranern in Deutschland und umgekehrt. Dies ist vorliegend fraglich, denn Laila ist derzeit Deutsche, nur Ali Akbar besitzt noch die iranische Staatsangehörigkeit. Es könnte jedoch auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen sein, weil in diesem Zeitpunkt das Ehegüterstatut unwandelbar angeknüpft wird (vgl Art. 15 Abs. 1 EGBGB). In diesem Zeitpunkt waren die Ehegatten jedoch als Asylberechtigte anerkannt und besaßen deshalb nach § 2 Abs. 1 AsylVerfG aF (jetzt AsylG) die Rechtsstellung nach Art. 12 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention und damit bei deutschem Wohnsitz ein deutsches Personalstatut. Diese Rechtsstellung ist trotz fortbestehender iranischer Staatsangehörigkeit auch gegenüber dem Niederlassungsabkommen maßgeblich. Dessen Anwendungsvoraussetzungen liegen also nicht vor.
b) EU-EheGüterVO
189
Die EU-EheGüterVO ist am 29.1.2019 in Kraft getreten. Die IPR-Bestimmungen der VO sind jedoch nur anzuwenden auf Ehen, die nach dem Inkrafttreten geschlossen werden, sowie auf eine Rechtswahl nach diesem Zeitpunkt (Art. 69 Abs. 3 EU-EheGüterVO, wobei „nach“ ein Redaktionsfehler ist, da offenbar gewollt ist, dass Eheschließungen nach dem Inkrafttreten, damit auch am 29.1.2019 geschlossene Ehen, erfasst sind.
c) Deutsches IPR
190
Anzuwenden ist damit das deutsche IPR.
aa)
Auf die am 1.3.1986 geschlossene Ehe ist intertemporal Art. 15 EGBGB geltender Fassung anzuwenden (Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB). Eine bei Eheschließung vor dem 9.4.1983 durchaus erwägenswerte stillschweigende Unterstellung unter iranisches Güterrecht durch Vereinbarung einer Morgengabe (Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr 2 EGBGB) war nicht möglich.
bb)
Eine Rechtswahl zu iranisch-islamischem Recht nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB, die im Wege der Auslegung aus der Vereinbarung gefolgert werden könnte, scheitert jedenfalls an dem Formerfordernis in Art. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB; bei Wahl im Inland wäre notarielle Beurkundung erforderlich gewesen.
cc)
Damit bestimmt sich das Ehegüterstatut nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB, der auf das allgemeine Ehewirkungsstatut bei Eheschließung (Art. 14 EGBGB) verweist. Bei Eheschließung hatten beide Ehegatten ein deutsches Personalstatut (Rn 188); maßgebliches Güterstatut ist damit deutsches Recht (Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr 1 EGBGB).
2. Vorrang des Einzelstatuts
191
Fraglich ist jedoch, ob das in Florida belegene Grundstück in den Zugewinnausgleich einzubeziehen ist. Insoweit könnte ein nach Art. 3a Abs. 2 EGBGB (hinsichtlich Ehegüterrecht = Dritter Abschnitt nicht geändert) gegenüber deutschem Recht als Gesamtstatut vorrangiges Einzelstatut bestehen.
a) Anwendbarkeit auf kollisionsrechtliche Sonderbehandlung
192
Dazu müsste die im Kollisionsrecht von Florida (MAT e) geltende Spaltung des Ehegüterstatuts mit Anwendung der lex rei sitae auf die güterrechtlichen Verhältnisse an Grundstücken eine „besondere Vorschrift“ iSd Art. 3a Nr 2 aF EGBGB sein. Ursprünglich war an materielle Sonderregelungen (zB HöfeO) gedacht. Auch die durch kollisionsrechtliche Spaltung bewirkte Behandlung nach der lex rei sitae könnte nach Art. 3a Abs. 2 aF EGBGB beachtlich sein, weil sie einen besonderen Geltungsanspruch des Belegenheitsrechts dokumentiert.[3] Dagegen spricht auch nicht, dass die universell geltende Belegenheitsanknüpfung des Common Law nicht (wie einst § 25 S. 2 DDR-RAG) nur einseitig, sondern allseitig gilt. Das ändert nichts daran, dass Grundstücke in Florida in allen Beziehungen dortigem Recht unterstehen, also eine Sonderbehandlung erfahren.
b) Unter anderem Güterstatut erworbene Mittel (tracing rule)
193
Bedenken könnten sich allerdings ergeben, wenn mit Mitteln, die unter Geltung eines deutschen Güterstatuts erworben wurden, während der Ehe in Florida Grundbesitz erworben wird. Dann beansprucht das Recht von Florida gerade keine Geltung, weil die tracing-rule (MAT e) zur Beachtlichkeit der vorher bestehenden Rechte führen könnte. Diese wegen des nicht dinglichen Charakters der Zugewinngemeinschaft schwierige Problematik ist hier nicht entscheidungserheblich, da das Grundstück in Florida aus gegenwärtigem Arbeitsverdienst erworben wurde.
Damit untersteht das Grundstück güterrechtlich dem Recht von Florida, ist also in den Zugewinnausgleich nicht einzubeziehen; da es sich um den einzigen relevanten Vermögenswert handelt, scheidet ein Anspruch aus § 1378 BGB aus.[4]
II. Unterhalt
1. HUntStProt 2007: Anwendbarkeit
a) Anwendungsbeginn
194
Gemäß dem in Art. 3 Nr 1 lit. c EGBGB genannten Beschluss des Rates ist unbeschadet des späteren völkervertraglichen Inkrafttretens das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (HUntStProt 2007)[5] im Rahmen des Art. 15 EG-UntVO ab dem 18.6.2011 als Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten anwendbar.
b) Sachlicher, räumlicher Anwendungsbereich
195
Der Anwendungsbereich müsste eröffnet sein. Sachlich bezieht sich das HUntStProt 2007 auch auf Unterhaltspflichten aus Ehe (Art. 1 Abs. 1 HUntStProt 2007). Räumlich ist es loi uniforme, seine Anwendung ist unabhängig von Gegenseitigkeit (Art. 2 HUntStProt 2007); es gilt also vor deutschen Gerichten immer, weil Deutschland Mitgliedstaat der EG-UntVO ist (Art. 1 Abs. 2 EG-UntVO).
c) Zeitlicher Anwendungsbereich: Verfahrensbeginn oder Unterhaltszeitraum
196
Das HUntStProt 2007 löst das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2.10.1973 (HUÜbk 1973) ab. Der zeitliche Anwendungsbereich ist umstritten; überwiegend wird mit Rücksicht auf Art. 5 des in Art. 3 Nr 1 lit. c EGBGB genannten Ratsbeschluss auf den Stichtag nach Art. 75 Abs. 1, 76 Abs. 3 EG-UntVO abgestellt, so dass in Verfahren,