Mike Wienbracke

Juristische Methodenlehre


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belegenen Gaststätte zu erneuern. Allerdings hat A rechtliche Bedenken, das Angebot des N anzunehmen. Denn zwar führt dieser in den Niederlanden zulässigerweise Dachdeckerarbeiten aus; doch ist er in Deutschland nicht in die Handwerksrolle eingetragen, weil er die hierfür nach § 7 Abs. 1a HwO notwendige, mit hohem Aufwand verbundene Meisterprüfung nicht absolviert hat. Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 HwO ist „der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe“, zu dem u.a. das des Dachdeckers gehört (§ 1 Abs. 2 S. 1 HwO i.V.m. Anlage A Nr. 4), jedoch gerade „nur den in der Handwerksrolle eingetragenen […] Personen […] gestattet.“ Sind die Zweifel des A berechtigt, wenn Art. 56 Abs. 1 AEUV „die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind“, verbietet? Auf EU-Sekundärrecht ist ebenso wenig einzugehen wie auf die nationalen Bestimmungen betreffend die Erteilung einer Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle für EU-Ausländer.

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      JURIQ-Klausurtipp

      In der Fallbearbeitung kann die Normenhierarchie in zweifacher Hinsicht Bedeutung erlangen:

1. Bei der Frage, ob die niederrangige Vorschrift wegen Verstoßes gegen eine höherrangige unwirksam bzw. – bei Kollision des nationalen Rechts mit dem EU-Recht – unanwendbar ist (Rn. 50 ff.).
2.

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      Sollte es im weitergeführten „Eckkneipen-Fall“ (Rn. 59) zwischen A und N zu einem Rechtsstreit bzgl. der gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Werkvertrag kommen, so gelangen insoweit die §§ 631 ff. BGB zur Anwendung, nicht dagegen etwa Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG (Vertragsfreiheit). Bedeutung kommt Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG in diesem Zusammenhang allein dahingehend zu, dass die insofern nachrangigen §§ 631 ff. BGB keine Regelungen treffen dürfen, die inhaltlich in Widerspruch zu den aus Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG resultierenden Vorgaben stehen bzw. die §§ 631 ff. BGB im Lichte dieser Verfassungsbestimmung zu interpretieren sind.

      1. Teil EinführungC. Wirksamkeit und Anwendbarkeit einer Rechtsnorm › II. Konkurrenzregeln

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