für das Kindschaftsrecht: Art. 15–22 KSÜ[22]
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In grenzüberschreitenden Fällen der Kindesentführung ist das HKEntfÜ[23] zu beachten. Es verdrängt im Rahmen seines Anwendungsbereichs das KSÜ (Art. 50 S. 1 KSÜ). Es enthält jedoch keine Kollisionsnormen, sondern nur Sachnormen und Verfahrensvorschriften für die Rückführung eines Kindes, das widerrechtlich ins Ausland verbracht worden ist.
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Die Internationale Zuständigkeit bestimmt sich für deutsche Gerichte in Ehesachen und Kindschaftssachen nach Art. 3 ff. bzw. Art. 8 ff. Brüssel IIa-VO[24] (ab 1.8.2022 nach Art. 3 ff. bzw. Art. 7 ff. Brüssel IIb-VO[25]), für Güterrechtssachen nach Art. 4–19 EuGüterVO/EuPartVO, für Unterhaltssachen nach Art. 3–14 EuUntVO, und im Übrigen nach §§ 97 ff. FamFG.
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Auf europäisch-völkerrechtlicher Ebene bedeutsam ist schließlich die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)[26] mit dem Recht des Einzelnen auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 EMRK) und dem Recht auf Eheschließung (Art. 12 EMRK), sowie die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 7, 9, 24, 33 GRCh).[27]
Erster Teil Grundlagen › § 1 Zum System des Ehe- und Familienrechts › II. Subjektives Recht
II. Subjektives Recht
Erster Teil Grundlagen › § 1 Zum System des Ehe- und Familienrechts › II. Subjektives Recht › 1. Familienrechtliche Ansprüche
1. Familienrechtliche Ansprüche
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Über weite Teile wird auch das Familienrecht von Ansprüchen i.S.d. § 194 Abs. 1 beherrscht (Ansprüche, die aus einem familienrechtlichen Rechtsverhältnis resultieren). Das gilt vor allem für das Familienvermögensrecht. Ansprüche zwischen Ehegatten aus dem Ehegüterrecht oder Ansprüche auf Ehe- oder Verwandtenunterhalt unterscheiden sich strukturell in nichts von anderen einklagbaren und durchsetzbaren subjektiven Rechtsansprüchen. Soweit Sondervorschriften nicht existieren, finden hier die allgemeinen Schuldrechtsregeln als allgemeines Anspruchsrecht Anwendung.[28] Allerdings tragen die im Familienrecht geregelten Anspruchsgrundlagen den Besonderheiten von familienrechtlichen Verhältnissen Rechnung: Der künftige Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns ist beispielsweise (entgegen allgemeinem Recht) nicht übertragbar (vgl. § 1378 Abs. 3 S. 1); die allgemeine Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 wird für das Elternverhältnis in § 1684 Abs. 2 konkretisiert.[29] Die dem subjektiven Recht eigene Möglichkeit des Verzichts (vgl. § 397)[30] ist im Familienrecht vielfach ausgeschlossen (z.B. § 1614 Abs. 1). Grundsätzlich aber gilt, dass familienrechtliche Ansprüche, deren Inhalt auch der eines (nicht familienrechtlichen) Schuldrechtsverhältnisses sein könnte, den Regeln des (subjektiven) Anspruchsrechts voll unterfallen. Dass die Geltendmachung auch dieser Ansprüche in einer dem Familienrecht adäquaten Art und Weise zu geschehen hat (§§ 1353 Abs. 1 S. 2, 1618a), ist keine Besonderheit dieser Rechtsmaterie, sondern die selbstverständliche Konkretisierung des in § 242 niedergelegten Grundsatzes von Treu und Glauben für den familienrechtlichen Bereich.[31]
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Besonderheiten weisen familienrechtliche Ansprüche auf, deren Inhalt vorwiegend personenrechtlich ausgestaltet ist. Hierzu zählen in erster Linie die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 2), die Pflicht der Eltern zur Wahrnehmung der Sorge für ihr Kind (§ 1626 Abs. 1) und das (mit dieser Pflicht korrespondierende) subjektive Recht des Kindes auf Sorge sowie die Verpflichtung von Eltern und Kindern zu gegenseitiger Rücksichtnahme (§ 1618a). Während die herrschende Meinung (mit dem historischen Gesetzgeber) immer noch von einem einklagbaren, wenn auch vollstreckungsrechtlich nicht durchsetzbaren (§ 120 Abs. 3 FamFG) Anspruch auf Herstellung der Ehe bis in intimste Bereiche ausgeht,[32] stand sie bis in die jüngste Zeit einem Anspruch des Kindes auf Wahrnehmung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts (§ 1684 Abs. 1; insofern bestätigt vom BVerfG[33]) skeptisch gegenüber.[34] Wo und wie auch immer hier die Grenzen eines subjektiven familienrechtlichen Anspruchs zu ziehen sind – im Ausgangspunkt hat auch im Familienpersonenrecht die oben angedeutete Überlegung zu gelten: Könnte der konkrete familienrechtliche Anspruchsinhalt auch Inhalt eines sonstigen schuldrechtlichen Anspruchs sein, so hindert grundsätzlich nichts, einen subjektiven Rechtsanspruch auch in familienrechtlichen Verhältnissen zu bejahen. Wo sich familienrechtliche Inhalte ihrem Kern nach auf die Wahrnehmung einer (lediglich willensabhängigen) äußeren Handlungspflicht zentrieren, besteht ein durchsetzbarer Rechtsanspruch des anderen Teils. Wo sich eine Forderung dagegen ihrem Inhalt nach auf ein dem höchstpersönlichen Bereich zuzuordnendes Tun oder Unterlassen richtet (eheliche Gesinnung, elterliche Liebe und Zuneigung), kann es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) keinen unbedingten Rechtsanspruch geben.[35]
Erster Teil Grundlagen › § 1 Zum System des Ehe- und Familienrechts › II. Subjektives Recht › 2. Absoluter Rechtscharakter
2. Absoluter Rechtscharakter
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Rechtsprechung und Literatur erkennen als absolut geschützte „sonstige Rechte“ i.S.d. § 823 Abs. 1 für Ehegatten den „räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe“ (Rn. 135 f.) und für Eltern die elterliche Sorge und das Umgangsrecht (Rn. 718, 723) an. Diese dogmatisch-systematische Einordnung wird den persönlichen Familienrechten nur bedingt gerecht, denn das „sonstige“ Recht impliziert seiner Struktur nach (im Anschluss an das Eigentum) die (absolute) Zuweisung eines Rechtsobjektes zum alleinigen Haben und Nutzen (Ausschlussfunktion). Dem entzieht sich das personale Familienrecht a limine, denn es gibt kein Recht an Personen. Kinder wie Ehegatten sind in jedwedem familienrechtlichen Kontext ausschließlich Rechtssubjekte. Familienrechtliche Handlungsbefugnisse (insbesondere der Eltern gegenüber dem Kind) sind in ihrem „Dürfen“ wie in ihrer „Pflicht“ deshalb besser als ein dem Inhaber zugewiesenes Schutzgut (statt als sonstiges „Recht“) fassbar – vergleichbar dem auf Entfaltung nach außen angelegten, also mit Handlungsbefugnissen verbundenen allgemeinen Persönlichkeitsrecht. So werden die Grenzen des elterlichen Sorge- und Umgangsrechts durch die Person und Persönlichkeit des Kindes (bzw. durch das Kindeswohl) bestimmt – nicht als eine das (bestehende) Recht beschneidende Grenze, sondern als ein das elterliche Recht in Umfang und Inhalt von vorneherein konkretisierender Maßstab (Rahmenrecht). Die Rechtssubjektivität der am familienrechtlichen Rechtsverhältnis Beteiligten erlaubt eine Rechtsstellung jedes einzelnen nur insoweit, als diese mit der personalen Subjektstellung des anderen in Einklang zu bringen ist. Deshalb wird man den absoluten Eheschutz vollständig versagen müssen, weil an Ehestörungen regelmäßig ein Ehegatte beteiligt ist und dessen Persönlichkeitsrecht der Anerkennung einer absolut geschützten Rechtsposition des anderen „an der Ehe“ entgegensteht.
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