GwG › 1. Kriterien für ein potentiell höheres Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
1. Kriterien für ein potentiell höheres Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
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Die in Anlage 2 GwG enthaltenen, ausdrücklich als „nicht abschließend“ bezeichneten Faktoren und möglichen Anzeichen für ein potenziell höheres Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind in drei Kategorien untergliedert.
a) Kriterien bezüglich des Kundenrisikos
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Den Faktoren der ersten Kategorie liegt der Gedanke zugrunde, dass ein höheres Geldwäscherisiko besteht, wenn:
– | eine Geschäftsbeziehung außergewöhnliche Umstände aufweist; |
– | Kunden in Ländern ansässig sind, deren Finanzsysteme nicht über hinreichende Systeme zur Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Geldwäsche verfügen, in denen Korruption oder andere kriminelle Tätigkeiten signifikant stark ausgeprägt sind, gegen die beispielsweise die Europäische Union Sanktionen, Embargos oder ähnliche Maßnahmen verhängt hat oder die terroristische Aktivitäten finanziell oder anderweitig unterstützen oder in denen bekannte terroristische Organisationen aktiv sind; |
– | Kunden als juristische Person oder Rechtsvereinbarung der privaten Vermögensverwaltung dienen; |
– | Kunden als juristische Person nominelle Anteilseigner haben; |
– | Kunden als juristische Person Inhaberaktien emittieren; |
– | Kunden bargeldintensiven Geschäften nachgehen; |
– | Kunden als juristische Person eine als ungewöhnlich oder übermäßig kompliziert erscheinende Eigentümerstruktur aufweisen; oder |
– | der Kunde ein Drittstaatenangehöriger ist, der Aufenthaltsrechte oder die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats im Austausch gegen die Übertragung von Kapital, den Kauf von Immobilien oder Staatsanleihen oder Investitionen in Gesellschaften in diesem Mitgliedstaat beantragt. |
b) Kriterien bezüglich des Produkt-, Dienstleistungs-, Transaktions- oder Vertriebskanalrisikos
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Die zweite Kategorie besteht aus Produkt- bzw. Dienstleistungstypen, die für Zwecke der Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung i.d.R. besonders anfällig sind. Dazu gehören insbesondere:
– | Betreuung vermögender Privatkunden; |
– | Produkte, die Anonymität begünstigen; |
– | Geschäftsbeziehungen ohne persönliche Kontakte und ohne Sicherungsmaßnahmen wie z.B. elektronische Unterschriften; |
– | Eingang von Zahlungen unbekannter oder nicht verbundener Dritter; und |
– | neue Produkte und neue Geschäftsmodelle einschließlich neuer Vertriebsmechanismen. |
c) Kriterien bezüglich des geografischen Risikos
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Die dritte Kategorie beinhaltet mögliche Anzeichen für ein potenziell höheres Risiko der Geldwäsche aus geografischer Sicht. Diese sind einschlägig bei Ländern, deren Finanzsysteme nicht über hinreichende Systeme zur Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Geldwäsche verfügen, in denen Korruption oder andere kriminelle Tätigkeiten signifikant stark ausgeprägt sind, gegen die beispielsweise die Europäische Sanktionen, Embargos oder ähnliche Maßnahmen verhängt hat oder die terroristische Aktivitäten finanziell oder anderweitig unterstützen oder in denen bekannte terroristische Organisationen aktiv sind.
3. Kapitel Allgemeine, vereinfachte und verstärkte kundenbezogene Sorgfaltspflichten nach §§ 10 ff. GwG: Umfang und institutsspezifische Umsetzung › B. Regulatorische Anforderungen › III. Verstärkte Sorgfaltspflichten, § 15 und Anlage 2 GwG › 2. Zwingende Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten
2. Zwingende Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten
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§ 15 Abs. 3 GwG definiert vier Konstellationen, in denen in jedem Fall ein höheres Risiko der Geldwäsche vorliegt und Institute verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen haben.
a) Politisch exponierte Person, § 15 Abs. 3 Nr. 1 GwG
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Ein höheres Geldwäscherisiko liegt immer vor, wenn der Vertragspartner oder ein wirtschaftlich Berechtigter des Vertragspartners ein PEP, ein Familienmitglied eines PEP oder eine einem PEP bekanntermaßen nahestehende Person ist.[166]
b) Ansässigkeit des Kunden in Drittstaat mit hohem Risiko, § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG
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Ein höheres Geldwäscherisiko liegt zudem immer vor, wenn es sich um eine Geschäftsbeziehung oder Transaktion handelt, an der ein von der EU-Kommission ermittelter Drittstaat mit hohem Risiko[167] oder eine in einem solchen Drittstaat ansässige natürliche oder juristische Person beteiligt ist.[168] Als solche gelten mit Stand Februar 2020 folgende Drittstaaten: Äthiopien, Afghanistan, Bosnien und Herzegowina, Guyana, Irak, Demokratische Volksrepublik Laos, Syrien, Uganda, Vanuatu, Jemen, Iran, Demokratische Volksrepublik Korea, Sri Lanka, Trinidad und Tobago, Tunesien und Pakistan.
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Dies gilt nicht für Zweigstellen von in der EU niedergelassenen und für mehrheitlich im Besitz dieser Verpflichteten befindliche Tochterunternehmen, die ihren Standort in einem Drittstaat mit hohem Risiko haben, sofern sich diese Zweigstellen und Tochterunternehmen uneingeschränkt an die von ihnen anzuwendenden gruppenweiten Strategien und halten.
c) Besondere Eigenschaften der betreffenden Transaktion/Hochrisikotransaktionen, § 15 Abs. 3 Nr. 3 GwG
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Ein höheres Geldwäscherisiko liegt immer vor bei besonderen, im GwG festgelegten besonderen Eigenschaften einer Transaktion.
aa) Besonders komplexe oder ungewöhnlich große Transaktion
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Institute müssen dann verstärkte Sorgfaltspflichten anwenden, wenn im Verhältnis zu vergleichbaren Fällen und den vorhandenen Kenntnissen über den Kunden und die Geschäftsbeziehung eine Transaktion besonders komplex oder ungewöhnlich groß ist. Dies ist insbesondere der Fall bei Transaktionen, die größer