Hans-Peter Schwintowski

Handbuch des Aktienrechts


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der aktienrechtlichen Corporate Governance Gesetzgebung der 90er Jahre und des beginnenden 21. Jahrhunderts

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Die Globalisierung der Weltwirtschaft und die Internationalisierung der Finanzmärkte;
Eine Verschiebung weg von der Fremd- und Innenfinanzierung und dem Hausbankenverhältnis hin zur Eigenkapitalfinanzierung über die Börse.
Spiegelbildlich dazu veränderte sich das Verhalten der Anleger; der Trend ging weg vom Sparbuch hin zur Risikokapitalanlage und bei der Altersversorgung hin zur Kapitalstockfinanzierung.
Deutsche Unternehmen befanden sich bisher zumeist im Kontrollbesitz von Großaktionären (Familien, Banken, Versicherungen, wechselseitige Beteiligungen). Wir konstatieren in den letzten 25 Jahren ein Aufbrechen der sog. Deutschland-AG, einen Rückzug der Banken aus den industriellen Beteiligungen, eine Veränderung der Aktionärsstruktur hin zu einem höheren Anteil von Streubesitz oder Beteiligungen von Private-Equity-Fonds, vermehrte Börsengänge (jedenfalls bis zum Platzen der Neuer-Markt-Euphorie um 2001), sowie einen wesentlich höheren Anteil ausländischer Aktionäre, insbesondere institutioneller Anleger, darunter auch sog. Aktive und aktivistische Investoren (Hedgefonds etc.).

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      Bekanntlich ist die politische Corporate Governance Debatte in Deutschland weniger grundlagen-theoretisch als skandalgetrieben. Das erklärt den amplitudenförmigen Diskussionsverlauf. Skandale und Unternehmenskrisen sind aber nur die äußeren Anlässe, der wahre Motor des andauernden Reformprozesses beruht auf den oben beschriebenen Änderungen der ökonomischen Einflüsse auf unser System. Das erfordert keinen radikalen Umbruch, aber allmähliche Anpassungen. Aus diesen Verschiebungen der Systemgrundlagen resultieren folgende Einflussfaktoren auf die rechtspolitische Diskussion:

Wenn internationaler Streubesitz an die Stelle herkömmlicher Kontrollmechanismen (durch industrielle Beteiligungen, Banken) tritt, verschärft sich das Principal Agent-Problem, es entsteht ein Macht-Vakuum, das in der sog. Deutschland-AG nicht bestand. Dieses Vakuum kann zu einem Kontrolldefizit gegenüber Vorständen führen, es kann aber auch von aktiven Investoren genutzt werden, die mit begrenztem Aufwand großen Einfluss zu erzielen suchen.
Aufgrund der Internationalisierung der Finanzmärkte stehen die deutschen Gesellschaften bei der Nachfrage nach Risikokapital im Wettbewerb mit Anlagealternativen.
Angesichts wiederkehrender Krisen (2001/02 und 2008 f.) tun die Jurisdiktionen gut daran, sich um „restoring confidence“, um Wiederherstellung des Vertrauens der weltweiten Anleger, zu bemühen. Eine solide Corporate Governance vermittelt Vertrauen und: Vertrauen ist ein Mechanismus zur Reduktion von sozialer Komplexität (Niklas Luhmann).
Der Einfluss des Kapitalmarktes auf das Aktienrecht der Publikumsgesellschaften hat insgesamt zugenommen (z.B. kleine AG: Trennung zwischen nichtbörsennotierten und börsennotierten AG (1994); WpHG (1994), WpÜG (2001) – Übernahmerecht, SpruchG (2003), KapMuG (2012), Delisting-Neuregelung (2015) u.v.m.).