Hans-Peter Schwintowski

Handbuch des Aktienrechts


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wenn sich also ein grundsätzlicher Reformbedarf plausibel erklären lässt, bleibt doch die Frage: Weshalb erleben wir seit Mitte der 90er Jahre immer wieder kleine Aktienrechtsnovellen und „Reförmchen“? Warum macht der Gesetzgeber nicht eine große Reform? Assmann überschreibt das als „Vom Kodifikationsideal zu Partialänderungen.“[89] Dazu kann man folgendes zu bedenken geben: Nach der Reform von 1965 war, wie oben bereits ausgeführt, lange Zeit gesetzgeberisch wenig geschehen. Der Schwerpunkt lag in dieser Zeit mehr auf der Rechtsfortbildung durch Wissenschaft und Rechtsprechung und auf notwendigen Richtlinienumsetzungen. Dort, wo es ohne Gesetzgeber nicht geht, hatte sich ein Reformstau aufgebaut. Ab Anfang der 90er Jahre hat dann der Gesetzgeber die Zügel wieder aufgenommen.[90]

      Die Aktienrechtsreform von 1965 ging noch vom Leitbild der großen Kodifikation aus. Große Kodifikationen benötigen viel Zeit. Wir konnten und können uns einen Reformstillstand über mehrere Jahre heute nicht mehr erlauben. Dafür ist der Veränderungsdruck auch aus dem Ausland auf unser System zu hoch. Des Weiteren vollziehen sich die Veränderungen der äußeren Rahmenbedingungen nur allmählich und fließend und die gesetzgeberische Reaktion darauf sollte geschmeidige Kursanpassung und nicht ruckartiger Pfadwechsel sein (vgl. z.B. die behutsamen gesetzgeberischen Schritte zur Erschwerung des Geschäftsmodells der erpresserischen Aktionäre von UMAG bis ARUG). Zuletzt ist festzustellen, dass die Corporate Governance Reform in Deutschland ein gesellschaftlicher Lernprozess ist, der nach und nach zu einem Umdenken und zu einer grundlegenden Veränderung der Einstellung führt – das erfordert viel Überzeugungsarbeit und einen breiten Diskurs aller Beteiligten. Ein schrittweises Vorgehen macht die Anpassungen leichter vermittelbar und verdaulich. Vieles, was zu KonTraG-Zeiten noch heiß umkämpft war, ist heute Selbstverständlichkeit. Manche sehen sich bei dieser Reform in kleinen Schritten auf einem Flickenteppich wandeln. Sie verkennen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Reform in einer oder mehreren Ausgaben des Bundesgesetzblatts verkündet wird, sondern darauf, dass den Änderungen insgesamt eine Strategie zugrunde liegt, ein Plan erkennbar ist und dass sie sich harmonisch in ein kohärentes Gesamtsystem einfügen.

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      1. Kapitel Geschichte und Zukunft des AktienrechtsIII. Bisherige Entwicklung des Aktienrechts in Deutschland › 6. Europäische Aktiengesellschaft – SE

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      Anmerkungen

       [1]

      Vgl. Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 44 – 49.

       [2]

      Vgl. Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 53 – 55; MünchKomm AktG/Habersack Einl. Rn. 15.

       [3]

      Vgl. Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 71 ff.; MünchKomm AktG/Habersack Einl. Rn. 15.

       [4]

      BGBl, 375; vgl. MünchKomm AktG/Habersack Rn. 16; Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 79 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 1 Rn. 5.

       [5]

      Vgl. Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 80.

       [6]

      RGBl S. 123; vgl. MünchKomm AktG/Habersack Einl. Rn. 17; Mülbert S. 51 ff.; Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 89 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking §