du an Gott, mein Sohn?
Ich antwortete schnell:
—Natürlich und mit all meinem Wesen.
Sofort gab sie ihre Hand auf meine Schulter und betete:
—Möge die Ehre Gottes dich mit Licht bedecken und dir viele Geschenke verleihen.
Nachdem sie das sagte ging sie weg, und als ich es bemerkte, war sie nicht mehr bei mir. Sie verschwand einfach.
Das war die erste Begegnung mit der Jungfrau Maria in meinem Leben. Noch einmal, als Bettlerin verkleidet, kam sie zu mir um nach Kleingeld zu betteln. Sie gab an, eine Bäuerin zu sein, die noch nicht pensioniert war. Sogleich gab ich ihr ein paar Münzen die ich in meiner Tasche hatte. Nachdem ich ihr das Geld gab dankte sie mir und als ich es bemerkte, war sie verschwunden. Auf dem Berg, in dem Moment, hatte ich nicht den kleinsten Zweifel daran, dass Gott mich liebte und bei meiner Seite war. Daher antworte ich dem Geist mit einer gewissen Grobheit.
—Ich werde deinem Rat nicht folgen. Ich kenne meine Grenzen und meinen Glauben. Verschwinde! Geh in einem Haus spucken oder sowas. Lass mich allein!
Das Licht ging aus und ich hörte die Geräusche von Schritten, die die Hütte verließen. Ich war frei von dem Geist.
Stichtag
Die drei Tage seit der letzten Aufgabe waren vorüber. Es war Freitagmorgen, klar, sonnig und hell. Ich betrachtete den Horizont an diesem Morgen als die seltsame Dame auf mich zukam.
—Bist du bereit? Suche nach ungewöhnlichen Geschehnissen im Wald und handle nach deinen Prinzipien. Das ist deine zweite Aufgabe.
—Okay, seit drei Tagen warte ich auf diesen Moment. Ich glaube, ich bin bereit.
Schnell laufe ich zum nächsten, in den Wald führenden Weg. Meine Schritte folgen in einem fast musischen Rhythmus. Was war die zweite Aufgabe eigentlich? Angst nahm mich ein und meine Schritte beschleunigten sich auf der Suche nach unbekannten Objekten. Direkt vor mir entstand eine Lichtung, wo der Weg auseinanderging. Doch als ich dort ankam, war zu meiner Überraschung die Abzweigung verschwunden und es bot sich die folgende Ansicht: Ein Junge, der weinend von einem Erwachsenen geschleppt wurde. Emotionen nahmen mich in der Gegenwart von Ungerechtigkeiten über und ich rief:
—Lass den Jungen gehen! Er ist kleiner wie du und kann sich nicht verteidigen.
—Das werde ich nicht machen! Ich behandle ihn so, weil er nicht arbeiten will.
—Du Monster! Kleine Jungen sollten nicht arbeiten müssen. Sie sollten lernen und gut gebildet sein. Lass ihn los!
—Wer will mich dazu bringen, du etwa?
Ich bin komplett gegen Gewalt, doch in diesem Moment sagte mein Herz, dass ich vor diesem Haufen Müll reagieren muss. Das Kind sollte befreit werden.
Sanft schob ich den Jungen von diesem Unmenschen weg und begann damit, den Mann zu schlagen. Der Bastard reagierte und versetzte mir einige Schläge. Einer davon traf mich unverblümt. Die Welt drehte sich und ein starker, penetrierender Wind drang in meinen ganzen Körper ein: Weiße und blaue Wolken, zusammen mit flinken Vögeln, nahmen meinen Verstand ein. Einen Moment schien es, als ob mein ganzer Körper durch die Luft gleitet. Eine Stimme rief mich aus der Ferne. In einem anderen Moment war es, als ob ich durch Türen ging, einer nach der anderen, als Hindernisse. Die Türen waren gut verschlossen und es brauchte eine beachtliche Zeit um sie zu öffnen. Jede Tür gab abwechselnd Zutritt zu entweder einer Lounge oder einem Heiligtum. In der ersten Lounge fand ich junge Leute, in weiß gekleidet, die sich um einen Tisch versammelten auf dem, in der Mitte, eine offene Bibel lag. Es waren die Jungfrauen, die auserwählt wurde um über die zukünftige Welt zu herrschen. Eine Macht stoß mich aus dem Raum und als ich die zweite Tür öffnete, war ich im ersten Heiligtum. Auf der Kante des Altars waren Räucherstäbchen die mit den Bitten der Armen Brasiliens angezündet wurden. Auf der rechten Seite betete ein Priester lautstark und begann plötzlich zu wiederholen: Seher! Seher! Seher! Bei ihm waren zwei Frauen mit weißen Shirts. Auf ihnen stand geschrieben: Möglicher Traum. Alles wurde dunkler und als ich mich zurechtfand, wurde ich so schnell und gewalttätig herausgetragen, dass mir fast ein bisschen schwindelig wurde. Ich öffnete die dritte Tür und fand ein Treffen von Menschen auf: ein Pastor, ein Priester, ein Buddhist, ein Muslim, ein Spiritist, ein Jude und ein Repräsentierender für afrikanische Religionen. Sie bildeten einen Kreis und in ihrer Mitte stand ein Feuer, dessen Flammen den Namen Union von Personen und Wegen zu Gott skizzierten. Am Ende umarmten sie sich und riefen mich in die Gruppe. Das Feuer bewegte sich aus der Mitte, landete auf meinem Kopf und malte was Wort Ausbildung. Das Feuer war pures Licht und brannte nicht. Die Gruppe zerbrach, das Feuer ging aus und ich wurde wieder aus dem Raum zur nächsten Tür gezogen. Das zweite Heiligtum war komplett leer und ich näherte mich dem Altar. Ich kniete mich nieder, in Verehrung für das Allerheiligste, nahm das Stück Papier auf, das auf dem Boden lag, und schrieb eine Bitte. Die entfernte Stimme kam immer näher und wurde klarer und schärfer. Ich verließ das Heiligtum, öffnete die Tür und wachte endlich auf. An meiner Seite war die Beschützerin des Berges.
—Du bist also aufgewacht. Gratuliere! Du hast die Aufgabe bestanden. Die zweite Aufgabe war darauf abgerichtet, dein Selbst- und Aktionsvermögen zu erkunden. Die zwei Wege, die die Gegenkräfte repräsentieren, wurden zu einem, du musst also auf der rechten Seite bleiben, ohne das Wissen zu vergessen, das du haben wirst, nachdem du die linke Seite getroffen hast. Deine Einstellung rettete das Kind, obwohl er es nicht brauchte. Die ganze Szene war meine eigene geistige Präsentation, um dich zu beurteilen. Du nahmst die richtige Herangehensweise. Die meisten Leute würden nicht eingreifen, wenn sie eine Ungerechtigkeit sehen. Versäumnis ist eine ernste Sünde und die Person wird ein Komplize des Angreifers. Du gabst dich selbst, wie Jesus Christus sich für uns gab. Das ist eine Lektion, die du dein ganzes Leben benötigen wirst.
—Danke für die Gratulation. Ich würde mich immer für die einsetzen, die ausgegrenzt werden. Was mich rätseln lässt ist die geistige Erfahrung die ich vorher hatte. Was bedeutet das? Kannst du mir das bitte erklären?
—Wir haben alle die Fähigkeit durch Gedanken in andere Welten einzudringen. Das nennt man Astralreisen. Es gibt Experten auf diesem Gebiet. Was du sahst muss in Verbindung mit deiner oder der Zukunft eines anderen zu tun haben, das weiß man nie.
—Ich verstehe. Ich erklomm den Berg, erledigte die ersten zwei Aufgaben und muss geistig wachsen. Ich denke, dass ich bald bereit bin, der Höhle der Verzweiflung gegenüberzustehen. Die Höhle, die Wunder wirkt und Träume noch tiefgreifender macht.
—Du wirst die Dritte erledigen müssen und ich verrate dir morgen was sie ist. Warte auf Anweisungen.
—Ja, Generalin. Ich warte ängstlich. Dieses Kind Gottes, wie du mich nanntest, ist sehr hungrig und wird eine Suppe für später vorbereiten. Sie sind eingeladen, gnä‘ Frau.
—Wundervoll. Ich liebe Suppe. Ich werde es ausnützen um dich besser kennenzulernen.
Die seltsame Dame verließ mich und ließ mich mit meinen Gedanken allein. Ich ging und suchte im Wald nach Zutaten für meine Suppe.
Das junge Mädchen
Der Berg war schon dunkel als die Suppe fertig wurde. Der kalte Wind der Nacht und das Zirpen von Insekten machten die Umgebung zunehmend ländlich. Die seltsame Dame ist noch nicht an der Hütte angekommen. Ich hoffe dass alles bereit ist wenn sie erscheint. Ich probiere die Suppe: Obwohl ich nicht alle nötigen Gewürze hatte, schmeckte sie sehr gut. Ich schreite vor die Hütte und denke über den Himmel nach: Die Sterne sind die Zeugen meines Bemühens. Ich ging den Berg rauf, fand seine Beschützerin, erledigte zwei Aufgaben (eine schwerer wie die andere), traf einen Geist und ich stehe noch immer. Die Armen streben mehr nach ihren Träumen. Ich schaue auf die Stellung der Sterne und ihre Leuchtkraft. Jeder hat seine eigene Wichtigkeit für das Universum in dem wir leben. Personen sind gleich wichtig. Sie sind weiß, schwarz, reich, arm, von Religion A oder Religion B oder eines anderen Glaubenssatzes. Sie sind alle Kinder mit demselben Vater. Ich will meinen Platz im Universum auch