Александр Иличевский

Matisse / Матисс. Книга для чтения на немецком языке


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schwarze Pudel scharwenzelte zwischen den Beinen der Ausländer herum. Er trippelte, schabte über den Asphalt, nervös klackernd wie auf Zehenspitzen[31], und schaute sich immer wieder um.

      Plötzlich kamen die Soldaten in Bewegung, liefen hinter dem Sprengwagen hervor, ließen sich auf die Knie fallen und feuerten mit ihren Maschinenpistolen auf die oberen Etagen des Hochhauses an der Ecke zum Arbat.

      Wadja warf den Kopf in den Nacken und sah, wie die Fensterscheiben der oberen Etagen barsten, wie da oben Ellbogen, Köpfe vorbeihuschten; etwas blitzte, blinkte, Sonnenreflexe rieselten herab … Unendlich langsam fiel eine abgerissene schwarze Kunststoffverkleidung hinunter, segelte als funkelndes, schwingendes Parallelogramm zu Boden.

      Mit einem Mal verstummten die Schüsse, und die MP-Schützen schlüpften einer nach dem anderen geduckt unter die Hinterachse des Sprengwagens. Der Letzte rutschte verbissen auf den Knien hinterher, das Gewehr an die Brust gepresst, und kippte um. Als hätte er keine Beine.

      Irgendwo knallte es noch einmal – da preschte der Pudel auf die Fahrbahn, trippelte im Zickzack[32], blieb stehen, lief weiter, lief wieder zurück.

      Der ältere Ausländer, mit einer dünnrandigen Brille und einem Seidenschal um den Hals, brummelte unentschlossen vor sich hin, setzte an und stürmte dann plötzlich dem Hund hinterher: lief quer über den Gartenring, streckte den Arm aus, pfiff, duckte sich, schaute hastig nach oben, nach allen Seiten, rannte zurück, aufgeschreckt von einem Schützenpanzerwagen, der vom Straßenrand auf ihn zurollte, und lief dann doch weiter. Fast hatte er ihn erreicht, da schaute der Hund sich um, zuckte zusammen, setzte an und wollte gerade in die Arme seines Herrchens stürzen, als sich das Geknalle für kurze Zeit wieder verstärkte; plötzlich flog der Pudel in die Luft, überschlug sich, streckte die Pfoten von sich, da flog etwas zur Seite, er hüpfte noch einmal hoch, auf der Stelle, auf drei Beinen – und landete auf dem Rücken. Der Ausländer ließ sich abrupt zu Boden fallen, schlingerte bäuchlings über den Asphalt, kroch schnell vorwärts, erstarrte, kam auf alle Viere, krabbelte los, warf dabei die Beine hoch und erreichte in Schlangenlinien wieder den Bürgersteig. Sein schmutzverschmiertes Gesicht war verzerrt, auf der Wange glühte eine breite Schürfwunde. Er atmete schwer und sagte kein Wort.

      Drei behelmte Soldaten donnerten auf dem Bürgersteig vorbei. Zwei von ihnen zogen ein Dreibein hinter sich her, mit einer Gegengewichtsscheibe und einer Rotationsvorrichtung, die wie ein Teleskop aussah. Der Dritte bog sich tapsend unter einem großkalibrigen Maschinengewehr. Als sie die Brüstung einer Fußgängerunterführung erreicht hatten, stellten sie das Geschütz auf und begannen es auszurichten.

      Der Dicke filmte immer noch, drehte an der Linse. Der andere drückte sich an eine Hausfassade und trat unentschlossen von einem Bein aufs andere. Sie hatten Angst, sich von den Soldaten wegzubewegen, aber auch Angst zu bleiben, selbst wenn das interessanter war.

      Mit einem Mal kam von hinten ein Soldat angepoltert. Im Laufen kommandierte er:

      »Alle in die Unterführung! Gleich beginnt der Angriff!«

      Die Ausländer stürzten die Treppe hinab, Wadja hinterher.

      Oben, hinter ihnen, krachte, knallte, donnerte es plötzlich, Druck legte sich auf die Ohren. Durch die ganze Unterführung hallte ein Tönen und Dröhnen, Staub rieselte herab.

      Die Ausländer blieben unten, Wadja aber ging auf die Straße hinaus und schlug, ohne sich umzusehen, den Weg zum Fluss ein, zur Trjochgorka.

      Die hohe klare Luft, das langsame, zerstreute Licht, voll silbriger Schwebeteilchen, floss andächtig über Moskau hinweg.

      Immer wieder schossen laut heulende Rettungsautos unter der Brücke hervor auf die Uferstraße.

      Menschen kamen aus dem Weißen Haus gerannt, sie liefen mit erhobenen Armen. Krankentragen wurden gebracht. An der Treppe hinab zum Fluss durchsuchten Soldaten die sich Ergebenden. Nach mehreren Schlägen auf den Hals und den Hintern, in die Rippen und den Magen stießen sie sie die Stufen zur Uferstraße hinunter.

      Nadja hatte sich an die Tauben gewöhnt. Sie landeten auf ihr, schliefen auf ihr wie kleine Schiffchen, die Füße eingezogen. Als die Tauben unruhig wurden, schreckte sie hoch.

      Die Luke öffnete sich ein wenig, ein Kopf tauchte auf. Die Tauben stoben auf, segelten herunter. Eine Taube landete auf der Luke, ließ Dreck herabplumpsen. Und flog wieder auf.

      Eine Frau steckte ihren Oberkörper durch die Luke, stellte lautlos einen kleinen Koffer ab und stemmte sich hoch.

      Ein kurzer Bob, Jeans, Lederjacke. Unter den Haaren war das weiße Spiralkabel eines Kopfhörers zu sehen.

      Das von den Ritzen und schiefen Dachbalken gespaltene Licht zerlegte den Raum des Dachbodens in einzelne Scheiben.

      Ein Lichtstreifen lief quer über Nadjas Brust, über ihre gekreuzten Arme.

      Vorsichtig, jede Bewegung vermeidend, ließ sie den Blick an sich hinabwandern, legte die Arme neben sich, reckte das Kinn in die Höhe.

      Und schaute mit weit aufgesperrten Augen an die Decke, nach oben. Wie tot.

      Die Frau setzte ihr Gewehr zusammen, prüfte die Visiereinstellung, entsicherte die Waffe. Dann bemerkte sie Nadja.

      Nach kurzem Nachdenken legte sie den Finger an die Lippen und öffnete mit dem Gewehrlauf die Fensterklappe.

      XVI

      Wadja bekam zunächst einen Schreck und lief auf der anderen Straßenseite am Haus vorbei, ging dann aber wieder zurück. Vor der Tür drängelte sich eine Gruppe Soldaten. Ein schnauzbärtiger Zwergmajor rüstete eifrig einen Elitesoldatenriesen aus. Sorgfältig, wie man ein Kind zum Winterspaziergang rüstet. Er zurrte ihm die Schutzweste fest, zerrte am Helmriemen, prüfte Granaten und Messer, nahm die Pistole aus dem Holster, öffnete das Magazin, schob es wieder hinein und reichte dem Soldaten die Waffe, der sie sich in die Hosentasche steckte. Der Major besah sich noch einmal alles. Dann schlug er ihm von unten gegen die Brust.

      Der Elitesoldat salutierte und ging ins Haus.

      Wadja kam näher, brummelte leise etwas zu den Soldaten, stürzte dann die Treppe rauf, wurde zurückgerissen, runtergetreten.

      Er setzte sich auf die Bordsteinkante, griff sich mit den Händen an den Kopf, stand auf, lief eine Runde. Setzte sich wieder, schlug sich auf den Hals, stand auf, boxte mit der Faust in die Luft. Rannte los, stürzte ins Haus, sie stellten ihm ein Bein und schmissen ihn mit aufgeschlagenem Gesicht wieder hinaus. Oben knallte ein Schuss.

      Und noch einer.

      Ein Soldat mit einer MP vor der Brust kam mit großen Schritten auf Wadja zu, verjagte ihn von der Haustür, jagte ihn bis ans Ende des Häuserblocks, Wadja sah sich immer wieder um und lief weiter, wenn er ihm zu nah kam. Ringsum stand ein Haufen Gaffer.

      An der Brücke schwenkten drei Panzer herum, änderten die Feuerstellung und stießen dabei kleine Rauchwolken aus. Sie stellten sich mit großem Abstand auf, eröffneten das Feuer. Dem scharfen Dröhnen des Schusses folgte das Klirren der auf den Asphalt geschleuderten Hülse.

      Die Menge sirrte, ächzte, stürzte immer wieder los. Dem Weißen Haus schienen die Schüsse nichts anhaben zu können.

      Irgendwann wurde Wadja von der Menge übermannt, fortgetragen, er musste mit, musste laufen, um nicht über den Haufen gerannt, nicht totgetrampelt zu werden. Das irrsinnige Gerenne und die alarmierten Gesichter verbreiteten in der Menge Angst.

      Wieder donnerte ein Schuss, wieder klirrte eine Hülse und hüpfte blitzend auf der Brücke.

      Die Angst hinderte Wadja daran, an Nadja zu denken. An der Auffahrt zum Weißen Haus spülte es ihn vor eine Hofeinfahrt, die von einem Sprengwagen verstellt war. Ein Soldat mit verängstigtem, schweißnassem Gesicht, das sich beinahe im Helm verlor, half den Menschen über die Rampe an der hinteren Stoßstange.

      Wadja ging durch die Hinterhöfe zurück.

      Eine Bahre wurde aus dem Haus getragen.

      Sie stellten sie ab. Legten ein Gewehr