auswärtigen Agenten, im Interesse ihrer respectiven Regierungen, dem Inhaber dieses Passes auf der Spur zu folgen, ihn zu überwachen, ihn auf der Landstraße anzuhalten, und im Nothfalle gefänglich einzuziehen;«« mit einem Worte, mein Freund, Sie stehen, ohne es zu wissen, unter der Aufsicht der hohen Polizei.«
»Was liegt mir im Ganzen daran?« sagte der Abbé.
»Oh! geben wir wohl Acht,« erwiderte ernst Salvator; »die Art, wie der Proceß Ihres Vaters geführt worden ist, beweist, daß man sich nicht ungern seiner entledigen würde, und ich will das Verdienst von Fragola nicht hervorheben,« fügte Salvator mit einem unmerklichen Lächeln bei, »doch es hat nicht weniger gebraucht, als die hohen Einflüsse, über die sie verfügt, daß Sie Ihre Audienz erhielten, und in Folge Ihrer Audienz die zwei Monate Aufschub, die Ihnen der König bewilligt hat.«
»Glauben Sie, der König würde sein Versprechen nicht halten?«
»Nein; doch Sie haben nur zwei Monate.«
»Das ist mehr, als ich brauche, um nach Rom zu gehen und von dort zurückzukehren,«
»Wenn man Ihnen keine Verlegenheiten bereitet, keine Hindernisse, in den Weg legt, Sie nicht verhaftet; wenn man Sie endlich, sind Sie dort angekommen, nicht durch tausend verborgene Intriguen verhindert, denjenigen zu sehen, welchen Sie sehen wollen.«
»Ich glaubte, jeder Mönch, der, eine Pilgerfahrt von vierhundert Meilen vollendend, in Rom barfuß und mit einem Stabe in der Hand ankomme, brauche nur vor der Pforte des Vaticans zu erscheinen, und die Treppe, welche nach der Wohnung desjenigen führt, welcher einst selbst ein einfacher Mönch war, werde ihm geöffnet sein.«
»Mein Bruder, Sie glauben noch an viele Dinge, an welche Sie nach und nach zu glauben aufhören werden . . . Der Mensch, so wie er ins Leben eintritt, ist wie ein Baum, dessen Blüthen der Wind Anfangs zerstreut, dessen Blätter er sodann abreißt, dessen Aeste er hernach bricht, bis der Sturm, der auf den Wind folgt, an einem schönen Tage ihn selbst zerbricht . . . Mein Bruder, sie haben ein Interesse dabei, daß Herr Sarranti stirbt, und sie wenden alle mögliche Mittel an, um das Wort, das Sie dem König abgelistet haben, unnütz zu machen!«
»Abgelistet!« rief Dominique, Salvator mit Erstaunen anschauend.
»Abgelistet aus ihrem Gesichtspunkte . . . Wie denken Sie, daß Sie den Einfluß erklären, der gemacht hat, daß die Frau Herzogin von Berry, die vielgeliebte Tochter des Königs, deren Gemahl unter dem Streiche eines Fanatikers gestorben ist, sich für den Sohn eines andern Revolutionärs interessierte, der selbst Revolutionär und Fanatiker?«
»Das ist wahr,« sagte Dominique erbleichend; »doch was thun?«
»Darauf werden wir bedacht sein.«
»Aber wie?«
»Indem wir diesen Paß verbrennen, der Ihnen nicht nützlich sein kann.«
Und Salvator zerriß den Paß und warf die Stücke davon in den Ofen.
Dominique schaute ihm mit Bangigkeit zu.
»Doch nun,« sagte er, »ohne Paß, wie wird es mir ergehen?«
»Vor Allem glauben Sie mir, es ist besser, ohne Paß zu reisen, als mit diesem zu reisen; Sie werden indessen nicht ohne Paß reisen.«
»Wer wird mir einen geben?«
»Ich!« antwortete Salvator.
Und er öffnete einen kleinen Secretär, ließ eine geheime Schublade spielen und nahm unter mehreren in derselben verborgenen Papieren einen Paß, der völlig unterzeichnet, auf dem aber Name und Signalement nicht ausgefüllt waren.
Er füllte die Namen und das Signalement aus: die Namen mit dem Namen von Bruder Salvator; das Signalement nach dem Signalement von Sarranti.
»Doch das Visa?« fragte Dominique.
»Er ist visirt von der sardinischen Gesandtschaft für Turin. Ich glaubte nach Italien, und zwar, wohl verstanden, incognito dahin zu gehen, und darum hatte ich mich mit diesem Passe versehen; er wird Ihnen dienen.«
»Doch in Turin?«
»In Turin sagen Sie, Ihre Geschäfte nöthigen Sie, bis Rom zu gehen, und man wird Ihren Paß ohne Schwierigkeit visiren.«
Der Mönch ergriff und drückte die Hände von Salvator.
»Oh! mein Bruder! oh! mein Freund!« rief er, »wie vermag ich je für Alles, was ich Ihnen schuldig bin, erkenntlich zu sein?«
»Ich habe Ihnen gesagt, mein Bruder,« erwiderte lächelnd Salvator, »was ich auch für Sie thun mag, ich werde immer Ihr Schuldner bleiben.«
Fragola kam zurück; sie hörte diese letzten Worte.
»Wiederhole unserem Freunde, was ich ihm sage, mein Kind,« sprach Salvator, dem Mädchen die Hand reichend.
»Er verdankt Ihnen das Leben, mein Vater; ich verdanke ihm mein Glück; Frankreich wird ihm nach Maßgabe dessen, was ein Mensch thun kann, vielleicht seine Befreiung verdanken. Sie sehen wohl, die Schuld ist ungeheuer. Verfügen Sie also über uns.«
Der Mönch schaute die zwei jungen Leute an.
»Sie thun das Gute: seien Sie glücklich!« sagte er mit einer Geberde väterlicher und barmherziger Nachsicht.
Fragola deutete auf den servierten Tisch.
Der Mönch setzte sich zwischen die zwei jungen Leute und sprach ernst das Benedicite, das sie mit einem Lächeln reiner Seelen anhörten, welche überzeugt sind, das Gebet steige zu Gott auf.
Man aß rasch und stillschweigend.
Ehe das Mahl beendigt war, stand Salvator, der die Ungeduld in den Augen des Mönches las, auf.
»Ich bin zu Ihren Befehlen, mein Vater, doch ehe wir gehen, lassen Sie mich Ihnen einen Talisman geben . . . Fragola, hole die Briefcassette.«
Fragola ging hinaus.
»Einen Talisman!« wiederholte der Mönch.
»Ah! seien Sie ruhig, mein Freund, es ist nichts Abgöttisches; doch Sie wissen, was ich Ihnen in Betracht der Schwierigkeiten gesagt habe, die Sie erfahren dürften, um bis zum heiligen Vater zu gelangen.«
»Ja; Sie vermögen also etwas für mich dort?« »Vielleicht!« erwiderte Salvator lächelnd. Sodann, als Fragola mit der verlangten Cassette zurückkam:
»Eine Kerze, Siegellack und das Wappenpetschaft.«
Das Mädchen stellte die Cassette auf den Tisch und ging abermals hinab.
Salvator öffnete die Cassette mit einem vergoldeten Schlüsselchen, das er an einer Kette hängend an seinem Halse trug.
Sie enthielt etwa zwanzig Briefe; von diesen zwanzig Briefen nahm er einen aufs Gerathewohl.
Fragola kehrte in diesem Augenblicke mit der Kerze, dem Siegellack und dem Petschaft zurück.
Salvator legte den Brief in einen Umschlag, siegelte ihn mit dem Wappenpetschaft und schrieb folgende Adresse darauf:
An den Herrn Vicomte von Chateaubriand
»Hören Sie,« sagte er zu Dominique, »es sind drei Tage, daß derjenige, an welchen dieser Brief adressiert ist, müde der Art, wie die Dinge in Frankreich gehen, nach Rom abgereist ist.«
»An den Herrn Vicomte von Chateaubriand?« wiederholte der Mönch.
»Ja; vor einem Namen wie der seinige öffnen sich alle Thüren. Halten Sie die Schwierigkeiten für unüberwindlich, so überreichen Sie ihm diesen Brief, sagen Sie ihm, er sei Ihnen vom Sohne desjenigen übergeben worden, welcher ihn geschrieben hat, und rufen Sie im Namen dieses Briefes Emigrationserinnerungen an. Er wird Ihnen vorangehen, und Sie werden ihm nur zu folgen haben. Wenden Sie übrigens dieses Mittel nur im äußersten Nothfalle an; denn es wird ein Geheimniß enthüllen, das sodann unter drei Personen sein wird: Sie, Herr von Chateaubriand und wir, Fragola und ich, die wir nur Eins bilden.«
»Ich werde blindlings Ihre Instructionen befolgen, mein Bruder.«
»Nun