Александр Дюма

Salvator


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näherte sich und küßte die Hand dem Mönche, der ihr mit einem sanften Lächeln zuschaute.

      »Ich erneure meinen Segen,« sprach er; »seien Sie so glücklich, als Sie keusch, gut und schön sind.«

      Sodann, als ob alle lebendige Wesen des Hauses ein Recht aus seinen Segen hätten, strich er mit der Hand über den Kopf des Hundes und ging ab.

      Salvator, der zurückgeblieben war, drückte sanft seine Lippen aus die von Fragola und murmelte:

      »Ah! ja, keusch, gut und schön!«

      Und er folgte dem Mönche.

       VII

      Der Pilger

      Ehe er abreiste, mußte der Abbé noch in seine Wohnung gehen: die zwei jungen Leute schlugen also den Weg nach der Rue du Pot-de-Fer ein.

      Kaum hatten sie zehn Schritte gemacht, als ein Commissionär, dem ein in einen Mantel gehüllter Mann einen Brief übergeben, sich von der Mauer trennte und ihnen folgte.

      »Hören Sie,« sagte Salvator zum Mönche, »ich wette, das ist ein Commissionär, der aus derselben Seite zu thun hat wie wir!«

      »Wir werden also bespäht?«

      »Bei Gott!«

      In der That, die jungen Leute wandten sich dreimal um, einmal an der Ecke der Rue de l’Eperon, einmal an der Ecke der Rue Saint-Sulpice, und einmal vor der Thüre des Abbé: der Commissionär hatte, wie es schien, an demselben Orte wie sie zu thun.

      »Ah!« murmelte Salvator, »das ist ein geschickter Mann, dieser Herr Jackal, da wir aber Gott für uns haben, und er nur den Teufel für sich hat, so werden wir vielleicht noch geschickter sein als er.«

      Sie traten ein: der Abbé nahm seinen Schlüssel. Ein Mann plauderte mit der Portiere und streichelte ihre Katze.

      »Sehen Sie diesen Mann recht an, wenn wir weggehen,« sagte Salvator, während er die Treppe hinaufstieg.

      »Welchen Mann?«

      »Den, welcher mit Ihrer Portiere plaudert.«

      »Nun?«

      »Nun, er wird sie bis an die Barrière begleiten, und vielleicht noch viel weiter.«

      Man trat in das Zimmer von Dominique ein.

      Es war eine Oase, dieses Zimmer, wenn man von der Conciergerie oder der Präfectur kam. Die untergehende Sonne beleuchtete es zu dieser Stunde mit ihren sanften Strahlen; die Vögel des Luxembourg sangen in den blühenden Kastanienbäumen; die Luft war rein, und man fühlte sich glücklich, wenn man nur in diesen Winkel eintrat.

      Salvator aber fühlte sein Herz beklommen bei dem Gedanken, der arme Mönch sollte diese heitere Atmosphäre verlassen, um auf den Landstraßen von Land zu Land, unter der glühenden Sonne des Süden, unter dem eisigen Winde der Nacht umherzuirren.

      Der Abbé blieb einen Augenblick mitten im Zimmer stehen und schaute rings umher.

      »Ich bin glücklich hier gewesen!« sagte er, durch Worte den Gedanken seines Geistes formend; »ich habe die süßesten Stunden meines Lebens in dieser friedlichen Einsamkeit zugebracht, wo ich Vergnügen nur vom Studium, Trost nur von Gott verlangte. Jenen Mönchen ähnlich, welche den Thabor oder den Sinai bewohnen, kamen dann wie Erinnerungen aus einem vergangenen Leben, wie Offenbarungen eines zukünftigen Lebens zu mir. Ich habe hier, wie lebendige Wesen, die blühendsten Träume meiner Jugend, die zauberhaftesten Glückseligkeiten meiner Jünglingszeit vorüberziehen sehen; ich verlangte nur einen Freund: Gott gab mir diesen Freund in Colombau, Gott hat ihn mir genommen! doch er hat Sie mir gegeben, Salvator. Der Wille Gottes geschehe!«

      Und nachdem er diese Worte gesprochen, nahm der Mönch ein Buch, das er in seine Rocktasche steckte, und knüpfte eine einfache Schnur um seinen weißen Rock; dann holte er aus einer Ecke des Zimmers einen langen Dornenstock und zeigte ihn seinem Freunde.

      »Ich habe ihn von einer traurigen Pilgerfahrt zurückgebracht,« sagte er; »es ist das einzige materielle Andenken, das mir von Colombau bleibt.«

      Sodann, als befürchtete er, weich zu werden und auszubrechen, sprach er:

      »Wollen wir gehen, mein Freund?«

      »Gehen wir!« erwiderte Salvator, indem er aufstand.

      Sie stiegen die Treppe hinab; der Mann war nicht mehr bei der Portiere, doch er war an der Ecke der Straße.

      Die zwei jungen Leute durchschritten den Luxembourg; der Mann folgte ihnen. Sie erreichten die Allee de l’Observatoire, nahmen ihren Weg durch die Rue Cassini, den Faubourg Saint-Jaques, und gelangten so., mehr stumm als sprechend, durch die äußeren Boulevards bis zur Barrière Fontainebleau; sie gingen durch die Barrière, verfolgt von den neugierigen Blicken der Douaniers und der Leute aus dem Volke, welche an den Anblick des mönchischen Gewandes wenig gewohnt waren; die zwei Freunde setzten ihren Marsch fort; der Mann folgte ihnen immer.

      allmählich trennten sich die Häuser, dann wurden sie die Straße entlang seltener; endlich sah man rechts , und links nichts mehr als die Ebene, wo die Aehren sich zu schaukeln ansingen.

      »Wo werden Sie heute übernachten?« fragte Salvator.

      »In dem ersten Hause, wo man so gut sein will, mir Gastfreundschaft zu geben,« antwortete der Mönch.

      »Diese Gastfreundschaft, mein Bruder, dulden Sie, daß ich sie Ihnen gebe?«

      Der Mönch nickte mit dem Kopfe zum Zeichen der Beistimmung.

      »Fünf Meilen von hier, etwas vor der Cour de France, finden Sie links einen kleinen Fußpfad, den Sie an einem Pfosten erkennen, auf welchem Sie ein weißes Kreuz sehen, das die Form von dem hat, was man in der Heraldik ein Pfotenkreuz nennt.«

      Dominique nickte zum zweiten Male.

      »Sie folgen diesem Fußpfade, der Sie ans Ufer des Flusses führt. Sodann, hundert Schritte von da, mitten unter einer Gruppe von Erlen, Pappelbäumen und Weiden, werden Sie bei den Strahlen, des Mondes ein weißes Häuschen sehen. Ueber der Thüre dieses Hauses werden Sie ein Kreuz ähnlich dem des Pfostens erkennen.«

      Dominique nickte zum dritten Male.

      »Ganz nahe dabei ist eine hohle,Weide,« fuhr Salvator fort: »Sie werden in der Höhlung dieser Weide suchen und einen Schlüssel finden: das ist der Schlüssel der Thüre. Sie nehmen ihn und öffnen. Für diese Nacht, und für so viel Nächte als Sie wollen, gehört die Hütte Ihnen.«

      Es fiel dem Mönch nicht einmal ein, Salvator zu fragen, zu welchem Zwecke er ein Haus am Ufer des Flusses habe: er öffnete seine Arme seinem Freunde.

      Das Herz angeschwollen von tiefer Erregung, preßten sich die jungen Leute an einander.

      Man mußte sich trennen.

      Der Abbé ging ab.

      Salvator blieb unbeweglich an dem Platze stehen, wo er seinen Freund verlassen hatte, und folgte ihm mit den Augen so weit, als seine Augen seine Form in der wachsenden Dunkelheit unterscheiden konnten.

      Jeder, der diesen schönen Mönch friedlich und ernst, seinen Dornenstock in der Hand, mit seinem von Weiße glänzenden Rocke und seinem hinter ihm flatternden Mantel hätte hinwandeln sehen: Jeder, sagen wir, der so zu Fuße aus seine lange, fromme Pilgerfahrt diesen schönen Mönch mit dem festen Gange, mit dem gleichen Schritte hätte abgehen sehen, würde sich zugleich von Mitleid und von Traurigkeit, von Ehrfurcht und von Bewunderung ergriffen gefühlt haben.

      Endlich verlor ihn Salvator aus dem Gesicht«: er machte ein Zeichen, welches bedeutete: »Gott behüte Dich!« und stieg gegen die rauchige, kothige Stadt hinab, – mit einem Kummer mehr und einem Freunde weniger.

       VIII

      Der Urwald der Rue d’Enfer

      Lassen wir den Abbé aus der Straße nach Italien, seine traurige, lange Pilgerfahrt von dreihundert fünfzig Meilen vollbringend, das Herz erfüllt von schmerzlichen Bangigkeiten, die Füße gequetscht durch die harten Kieselsteine des Weges, und sehen wir, was, ungefähr drei Wochen nach