Иван Гончаров

Oblomow


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wandte sich zu ihm hin und machte sich kampfbereit.

      – Rühren Sie mich nur an! – Was ist denn das? Ich gehe. . . sagte er und näherte sich der Thür.

      – Aber hörʼ doch auf, Michej Andreitsch, wie aufgeregt Du bist! Warum läßt Du ihn nicht in Ruh? – sagte Oblomow. – Sachar, gib alles her, was ich brauche!

      Sachar kehrte um und lief, Tarantjew anschielend, geschwind an ihm vorüber. Oblomow stützte sich auf ihn, erhob sich ungern, wie ein sehr ermüdeter Mensch, vom Bett, ließ sich ebenso ungern in einen großen Lehnstuhl sinken und blieb reglos sitzen. Sachar nahm vom Tischchen Pomade, die Kämme und Bürsten, schmierte ihm den Kopf mit Pomade ein, machte ihm einen Strich und bürstete ihm dann die Haare.

      – Werden Sie sich jetzt waschen? – fragte er.

      – Ich werde noch ein wenig warten, – antwortete Oblomow, – geh!

      – Ah, Sie sind auch da? – sagte Tarantjew, sich plötzlich an Alexejew wendend, während Sachar Oblomow frisierte, – ich habe Sie gar nicht gesehen. Weshalb sind Sie hier? Ihr Verwandter ist ein solches Schwein! Ich wollte es ihnen immer sagen. . . .

      – Was für ein Verwandter? Ich habe gar keinen Verwandten, – antwortete schüchtern der verblüffte Alexejew und glotzte Tarantjew an.

      – Nun dieser da, welcher hier angestellt ist, wer ist es doch gleich?. . . Er heißt Afanassjew. – Wieso soll er denn nicht Ihr Verwandter sein? Er ist doch Ihr Verwandter.

      – Ich bin ja nicht Afanassjew, ich bin ja Alexejew, – sagte dieser, – ich habe keinen Verwandten.

      – Das ist nicht Ihr Verwandter? Er ist ebenso unansehnlich wie Sie und heißt auch Wassilij Nikolaitsch.

      – Bei Gott, er ist nicht mit mir verwandt; ich heiße Iwan Alexeitsch.

      – Nun, das ist ganz gleich, er sieht Ihnen ähnlich. Er ist aber ein Schwein; sagen Sie ihm das, wenn Sie ihn sehen.

      – Ich kenne ihn nicht und habe ihn niemals gesehen, – sagte Alexejew, seine Tabatiére öffnend.

      – Geben Sie mir einmal Ihren Tabak, sagte Tarantjew, – Sie haben ja einfachen und keinen französischen Tabak? Ja gewiß, – sagte er, nachdem er geschnupft hatte, – warum haben Sie keinen französischen? – fügte er dann strenge hinzu. – Wirklich, ich habe noch niemals ein solches Schwein gesehen, wie Ihr Verwandter es ist, – fuhr Tarantjew fort – Ich habe von ihm einmal, es wird schon zwei Jahre her sein, fünfzig Rubel geborgt. Nun, sind denn fünfzig Rubel viel Geld? wie sollte man so etwas nicht vergessen? er denkt aber noch daran; er sagt mir nach einem Monat, wo er mich auch trifft, »und wie stehtʼs mit Ihrer Schuld?« Es ist mir zu dumm geworden! Außerdem ist er gestern in unser Departement gekommen. »Sie haben gewiß Ihren Gehalt bekommen,« sagte er, »jetzt können Sie mir das Geld zurückgeben.« Ich habe ihm meinen Gehalt gegeben und habe ihn vor allen so beschämt, daß er mit Mühe zur Thür hinaus gefunden hat. Er sagt: »Ich bin ein armer Mann, ich brauche es selbst!« Als ob ich es nicht brauchte! Bin ich denn so reich, um ihm immer fünfzig Rubel abzuzählen! Gib mir eine Cigarre, Landsmann.

      – Die Cigarren liegen dort in der Schachtel, – antwortete Oblomow, auf die Etagére zeigend. Er saß sinnend in seiner schönen, trägen Stellung im Lehnstuhl, ohne zu sehen, was um ihn her vorgieng, und ohne zu hören, was gesprochen wurde. Er blickte seine kleinen, weißen Hände liebevoll an und streichelte sie.

      – Ah, das sind ja noch immer dieselben? – fragte Tarantjew streng, – sich eine Cigarre herausnehmend und Oblomow anblickend.

      – Ja, es sind dieselben, – antwortete Oblomow mechanisch.

      – Und ich habe Dir ja gesagt, Du sollst Dir andere, ausländische kaufen! So denkst Du daran, was man Dir sagt! Also schau zu, daß nächsten Samstag welche da sind, sonst komme ich lange nicht mehr her. Was das für ein Zeug ist! – sprach er weiter, sich die Cigarre anzündend, paffte eine Rauchwolke in die Luft und zog eine zweite ein, – man kann das gar nicht rauchen.

      – Du bist heute früh gekommen, Michej Andreitsch, sagte Oblomow gähnend.

      – Bist Du vielleicht meiner überdrüssig?

      – Nein, ich habe das nur so bemerkt; Du kommst gewöhnlich direct zum Essen, und jetzt geht es erst auf ein Uhr.

      – Ich bin absichtlich früher gekommen, um zu erfahren, was heute für ein Mittagessen ist. Du fütterst mich immer mit elendem Zeug, ich möchte also erfahren, was Du für heute bestellt hast.

      – Frage in der Küche nach, – sagte Oblomow.

      Tarantjew gieng hinaus.

      – Aber was ist denn das! – sagte er, als er zurückkam, – Rindfleisch und Kalbsbraten. Ach, Bruder Oblomow, Du verstehst nicht zu leben und bist noch dabei Gutsbesitzer! Was bist Du für ein Edelmann? Du lebst wie ein Kleinbürger. Du verstehst es nicht, einen Freund zu bewirten! Nun, hast Du Madeira gekauft?

      – Ich weiß nicht, frage Sachar, – sagte Oblomow, fast ohne ihm zuzuhören, – es ist gewiß Wein da.

      – Der frühere deutsche? Nein, laß einen in der englischen Handlung kaufen.

      – Dieser ist auch gut genug, – sagte Oblomow, – sonst muß ich noch hinschicken!

      – Gib mir Geld, ich gehe vorüber und bringe eine Flasche mit; ich muß noch einen Gang machen.

      Oblomow wühlte in der Schublade herum und nahm einen rothen Zehnrubelschein heraus, wie man sie damals hatte.

      – Madeira kostet sieben Rubel, – sagte Oblomow, – und hier sind zehn.

      – Gib nur alles her: man wechselt es dort, habe keine Angst!

      Er riß den Schein Oblomow aus der Hand und versteckte ihn schnell in seine Tasche.

      – Nun, ich gehe, – sagte Tarantjew, den Hut aufsetzend, ich komme um fünf Uhr wieder, man hat mir eine Anstellung bei der Accise versprochen und hat gesagt, ich soll mich erkundigen. . . Ja, hörʼ einmal, Ilja Iljitsch: willst Du heute nicht einen Wagen mieten, um nach Jekaterinhof zu fahren? Du könntest auch mich mitnehmen.

      Oblomow schüttelte verneinend den Kopf.

      – Bist Du zu faul oder ist es Dir um das Geld schade? Ach, Du Mehlsack! – sagte er. – Nun, vorläufig Adieu. .

      – Warte, Michej Andreitsch, – unterbrach ihn Oblomow, ich muß mich über einiges mit Dir berathen.

      – Was hast Du denn? sprich schnell; ich habʼ keine Zeit.

      – Mich hat ein doppeltes Malheur betroffen. Man jagt mich aus der Wohnung hinaus. . .

      – Du zahlst wohl nicht; sie haben schon recht! – sagte Tarantjew und wollte gehen.

      – Was fällt Dir ein! Ich zahle immer im voraus. Nein, man will die Wohnung umbauen . . . Aber warte doch! Wohin gehst Du? Rathe mir, was ich thun soll: man drängt mich, ich soll in einer Woche ausziehen. . .

      – Was bin ich Dir denn für ein Rathgeber? . . . Was bildest Du Dir eigentlich ein . . .

      – Ich bilde mir gar nichts ein, sagte Oblomow, – lärme nicht und schreie nicht, denke lieber darüber nach, was zu thun ist. Du bist ein praktischer Mensch . . .

      Tarantjew hörte ihm nicht mehr zu und überlegte sich etwas.

      – Nun, also meinetwegen; bedanke Dich bei mir, – sagte er sich setzend und den Hut abnehmend, – und laß beim Mittagessen Champagner servieren: Deine Angelegenheit ist erledigt.

      – Wie denn? – fragte Oblomow.

      – Gibst Du mir Champagner?

      – Also gut, wenn Dein Rath soviel wert ist . . .

      – Du bist ja gar nicht wert, daß ich Dir einen Rath gebe. Warum soll ich Dir denn umsonst rathen? Frage doch diesen da, – fügte er auf Alexejew hinweisend hinzu, – oder seinen Verwandten.

      – Aber so laß doch gut sein und sprich! – bat Oblomow.

      – Also