beginnen will, sowohl Maria von Medicis als auch seinem Bruder Gaston von Orleans missfällt, und dass er namentlich der Königin ein Gräuel ist, weil es eigentlich ein Krieg mit Ferdinand II. und Philipp IV. werden soll, und Anna zur Hälfte Österreicherin, zur Hälfte Spanierin ist.
Als daher die Königin unter dem Vorgeben heftiger Kopfschmerzen sich geweigert hatte, dem Ballett beizuwohnen, welches zu Ehren der Einnahme von La Rochelle, aus Anlass des Sieges ihres Gatten über ihren Liebhaber, getanzt wurde, war in dem Könige sofort der Verdacht aufgestiegen, sie sei nur zu Hause geblieben, um irgend eine neue Cabale anzuknüpfen. Während des Balletts hat er keinen Blick für die Tänzer und Tänzerinnen, wohl aber verwandte er kein Auge von der Königin-Mutter, die sich in ihrer Loge gewiss nicht von Dingen unterhielt, die ein choreographisches Interesse hatten. Als das Ballett zu Ende war, kam dem Könige die Idee, unangemeldet bei der Königin einzutreten, um sie wo möglich auf der frischen Tat der Konspiration zu ertappen.
So kam es, dass er, wie wir gesehen haben, höchst unerwartet in das Vorzimmer der Königin eintrat, und dem Grafen von Moret mit seiner Führerin kaum Zeit ließ, sich in das Kabinett zurückzuziehen.
Der König hielt sich nur fünf Minuten in dem Zimmer der Königin aus.
In diesen fünf Minuten ging Folgendes vor:
Eine Hofetiquette verbot, wenn der König und die Königin unter demselben Dach schliefen, die Zimmer der Königin während der Nacht zu verschließen. Der König hatte daher trotz der herrschenden Dunkelheit ohne Schwierigkeit die drei Türen geöffnet, welche zwischen dem Vorzimmer und dem Schlafgemache der Königin lagen.
In das Schlafgemach eintretend, hatte er den ganzen Raum mit scharfem, durchdringendem Blicke gemustert.
Überall war Alles in der gewöhnlichen Ordnung.
Die Königin schlief ruhig und ein leichter, regelmäßiger Atem hob ihre Brust, als Ludwig XIII., eifersüchtiger auf seine Königs- als auf seine Gattenrechte, sich dem Bette näherte.
Aber die Königinnen haben einen leisen Schlummer, und obwohl ein dichter flandrischer Teppich die Schritte, des Königs dämpfte, stockte der leise, regelmäßige Atem plötzlich, eine wundervoll geformte Hand schob die Bettvorhänge auseinander, die Königin öffnete die Augen, und als sie den nächtlichen Besucher erkannt hatte, rief sie mit vor Überraschung bebender Stimme:
»Wie? Ihr seid es. Sire?«
»Ich selbst, Madame,« sagte der König kalt.
»Und welchem glücklichen Zufalle,« fuhr die Königin fort, »verdanke ich die Gunst Eures Besuches?«
»Ihr ließt mir sagen, Madame, dass Ihr Euch unwohl befändet; beunruhigt durch diese Nachricht, wollte ich mich persönlich von Eurem Befinden überzeugen, und Euch außerdem sagen, dass ich weder morgen noch übermorgen, die Ehre haben kann, Euch zu besuchen.«
»Gehen Ew. Majestät auf die Jagd?« fragte die Königin.
»Nein, Madame; aber Bouvard hat angeordnet, dass ich nach allen diesen Festlichkeiten, die für mich nur Beschwerden sind, um meine Kräfte herzustellen, purgiren und zur Ader lassen muss; dies wird nun morgen und übermorgen stattfinden. Gute Nacht, Madame, und entschuldigt mich, Euch geweckt zu haben. Apropos! Wer hat heute den Nachtdienst bei Euch! Frau von Fargis oder Frau von Chevreuse?«
»Weder die Eine noch die Andere, Sire, sondern Fräulein Isabelle von Lautrec.«
»Ah, sehr gut,« sagte der König, als ob dieser Name ihm eine weitere Beruhigung gewährt hätte, »aber wo ist sie denn?«
»In einem Seitenzimmer, wo sie angekleidet schläft; befehlen Ew. Majestät, dass ich sie rufe?«
»Nein, ich danke; auf Wiedersehen, Madame!«
»Auf Wiedersehen, Sire!«
Und mit einem wahren oder geheuchelten Seufzer des Bedauerns ließ Anna von Österreich die Vorhänge ihres Bettes wieder zusammenfallen.
Ludwig XIII. bedeckte sein Haupt, welches er bei dem Antritte in das Gemach entblößt hatte, warf einen raschen Blick, der noch einen Rest von Misstrauen verriet, durchs Zimmer und ging dann hinaus, indem er sagte:, »Dieses Mal hat der Kardinal sich entschieden geirrt.«
In das Vorzimmer gelangend, wo ihn sein Gefolge erwartete, sagte er:
»Die Königin ist in der Tat sehr leidend; folgt mir, meine Herren!«
Und der kleine Zug setzte sich in derselben Ordnung, in der er gekommen war, wieder in Bewegung, um in die Gemächer des Königs zurückzukehren.
X.
Was sich in dm Schlafgemache der Königin begab, nachdem der König sich ans demselben entfernt hatte
Kaum verhallte das Geräusch der Schritte in der Galerie und der letzte zitternde Schein der Fackeln verschwand, als die Tür des Kabinetts, in welches der Graf von Moret mit seiner Führerin geflüchtet war, leise geöffnet wurde, und der Kopf der jungen Dame in der Spalte erschien.
Erst als sie sich überzeugt hatte, dass Niemand im Vorzimmer war, wagte sie es, ganz hervorzutreten und warf noch einen Blick in die Gallerte, an deren äußerstem Ende die unerwarteten Störer verschwanden.
Nachdem sie überzeugt zu sein glaubte, dass alle Gefahr vorüber war, näherte sie sich dem Kabinett und forderte den Grafen auf, ihr zu folgen. Sich stets in einer solchen Entfernung von ihm haltend, dass er von dem Scheine der Ampeln, welche die Gemächer erhellten, nichts benützen konnte, um ihr Gesicht zu sehen, ging sie ihm durch die drei Türen voran, die der König nach einander geöffnet und beim Weggehen wieder zu gelehnt hatte.
Der Graf folgte ihr stumm, keuchend und sinnverwirrt. In dem engen, dunklen Kabinett war sie wider ihren Willen gezwungen gewesen, sich an ihn zu schmiegen, und obwohl sie mit ihrer Hand, der die Kraft der Keuschheit innewohnte, den jungen Mann zu bemeistern gewusst, so Hatte sie doch nicht verhindern können, dass er sich an ihrem würzigen Atem berauschte, und durch alle Poren jenen wollusterweckenden Duft einatmete, der von jungen Mädchen ausströmt.
Bevor sie die letzte Tür öffnete, streckte sie die Hand gegen den Grafen aus, dessen Schritte sie nahe hinter sich hörte, und mit einer Stimme, deren Klarheit durch eine gewisse Verwirrung beeinträchtigt war, sagte sie:
»Monseigneur, habt die Güte, in diesem Salon zu warten; wenn Ihre Majestät bereit sein wird, Euch zu empfangen, wird sie Euch rufen.«
Sie trat bei der Königin ein.
Diesmal schlief Anna von Österreich nicht, noch stellte sie sich schlafend.
»Seid Ihr es, liebe Isabelle?« fragte sie mit einem ganz andern, viel bewegteren Ausdrucke als jenem, mit dem sie an den König dieselbe Frage gestellt hatte.
»Ja, Madame, ich bin es!« sagte das junge Mädchen, es so einrichtend, dass ihr Gesicht im Schatten und die unfreiwillige Röte, die dasselbe bedeckte, der Königin verborgen blieb.
»Ihr wisst, dass der König soeben weggegangen ist?«
»Ich habe ihn gesehen, Madame.«
»Er hatte ohne Zweifel einen Verdacht.«
»Das ist möglich; jetzt aber hat er gewiss keinen mehr.«
»Ist der Graf hier?«
»In dem Zimmer, welches an dieses Schlafgemach stößt.«
»Zündet eine Wachskerze an, und reicht mir einen Handspiegel.«
Isabelle gehorchte, und reichte der Königin den Spiegel.
Anna von Österreich war eher hübsch als schön zu nennen; sie hatte kleine Zähne, eine Nase ohne ausgesprochenen Charakter, aber ihr blendender Teint und ihr herrliches blondes Haar wurden von Vielen bewundert; gefallsüchtig gegenüber jedem Manne ohne Unterschied machte sie auch in Bezug auf ihren Schwager keine Ausnahme. Sie ordnete einige Locken, welche durch das Kopfkissen zerdrückt waren, strich die Falten ihres seidenen Schlafmantels glatt, hob sich auf ihre Ellbogen, um eine graziöse Haltung anzunehmen, und bedeutete dann mit einem dankenden Kopfnicken ihrer Ehrendame, dass sie