Александр Дюма

Die Mohicaner von Paris


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dieser Stunde erst eine Ecke vom Schleier des Lebens vor seinen Augen aufgehoben: unter diesem Worte, das so befruchtend rote die großen Tropfen eines Sommerregens, fühlte er sich besser und würdiger, geliebt zu sein. Der Gedanke, das Mädchen theilteit vielleicht nicht seine Liebes bot sich nicht einmal seinem Geister unter diesem Hauche der Wahrheit fühlte er seine Lunge behaglichen und den ernsten, träumerischen Bretagner abstreifend, erschien er dem Mönche als ein enthusiastischer, leidenschaftlicher junger Mann; man hätte ihn für einen Dichter oder für einen-Maler gehalten; für einen Dichter, so sehr entlehnten seine Ausdrücke Bilder von der großen allgemeinen Poesie; für einen Maler, so sehr malte er eher, als daß er sie erzählte, seine Liebe mit den warmen Farben, die er aus seinem entflammten Herzen schöpfte.

      Und ohne Zweifel würden sie den Tag mit dem Auspressen der Brüste dieser fruchtbaren Isis, die man die Liebe nennt, zugebracht haben, wäre nicht der Name Colombau, zweimal von einer frischen Stimme wiederholt, auf der Treppe ertönt.

      »Oh!« rief Colombau, das ist die Stimme von Camille!«

      Der fromme Bretagner hatte diese Stimme seit drei Jahren nicht gehört, und dennoch hatte erste wiedererkannt.

      Colombau! Colombau!« wiederholte die freudige Stimme.«

      »Colombau öffnete die Thüre und empfing Camille seinen Armen.

      Nie schloß ein Blinder, es für seinen Freund haltend, das Unglück in einer so brüderlichen Umarmung an seine Brust.

       XLI

      Camille

      Beim Anblicke von Camille, den er nicht kannte, zog sich der Bruder Dominique, trotz der dringenden Bitten von Colombau, um ihn zum bleiben zu bewegen, discreter Weise zurück.

      Camille folgte ihm mit den Augen, bis sich die Thüre hinter ihm geschlossen hatte.

      »Ho! Ho!« sagte er mit einem komischen Ernst, »ein Römer hätte sich für gewarnt gehalten.«

      »Wie so?«

      »Hast Du das Sprichwort der Alten vergessen: »Solltest Du aus Deinem Hause tretend an einen Stein, stoßen oder einen Raben links sehen, so kehre in Deine Wohnung zurück!«

      Eine Wolke der Traurigkeit zog rasch und fast schmerzlich über das so offene, so freie so heitere Gesicht von Colombau.

      »Du bist also immer derselbe, mein armer Camille,« sagte er, »und Dein erstes Wort ist eine Entzauberung für den Freunde der Dich seit drei Jahren erwartet?«

      »Und warum dies?«

      »Weil dieser Rabe, wie Du ihn nennst . . . «

      »Du hast Recht, ich mußte ihn eine Elster nennen. er ist halb weiß, halb schwarz.«

      Ein zweiter Schlag schien Colombau ins Herz zu treffen.

      »Weil dieser Rabe oder diese Elster, wie Du sagst, einer der besten Menschen, eine der erhabensten Intelligenzen, eines der redlichsten Herzen ist, die ich kenne. Wirst Du ihn selbst kennen, so ist es Dir gewiß ärgerlich, daß Du ihn einen Augenblick mit jenen Priestern vermengt hast, welche gegen Gott kämpfen, statt für ihn zu kämpfen, und Du wirst die kindische Benennung, mit der Du ihn begrüßt, bereuen.«

      »Ho!ho! immer ernst und sententiös wie ein Missionär, mein lieber Colombau!« sagte lachend Camille. »Nun, es mag sein! ich habe Unrecht; Du weißt, daß dies meine Gewohnheit ist; ich bitte Dich um Verzeihung, wenn ich Deinen Freund verleumdet habe, —denn, nicht wahr, dieser schöne Mönch ist Dein Freund?« fügte der Americaner mit minder spöttischem Tone bei.

      »Und ein aufrichtiger Freund, ja, Camille, sprach ernst der Bretagner.

      »Ich bereue meinen Spottnamen oder mein Beiwort, wie Du willst: doch Du begreifst, da ich Dich im Collége als einen ziemlich lustig frommen Menschen verlassen hatte, so konnte ich ein wenig erstaunt scheinen,als ich Dich in Conferenz mit einem Mönche fand.«

      »Dein Erstaunen wird aufhören, wenn Du Bruder Dominique kennen lernst. Aber,« sprach Colombau, indem er Ton und Gesicht veränderte und seiner Stimme ihre liebkosende Milde, seiner Physiognomie ihr freundschaftliches Ansehen gab, »aber es handelt sich nicht um Bruder Dominique, sondern um Bruder Camille, der Eine ist mein Bruder Kraft Gottes, der Andere mein Bruder Kraft der Menschen. Du bist also hier! Du bist es! Umarme mich noch einmal! Ich kann Dir nicht sagen, welche Freude mir Dein Brief bereitet hat, und welche Freude mir Deine Gegenwart gewährt und besonders gewähren wird, denn, nicht Wahr, wir werden in Gemeinschaft leben, wie im Collége?«

      »Mehr noch als im Collége,« versetzte Carmelite fast so freudig als sein Freund.

      »Im Collége waren unserem gemeinschaftlichen Leben auf allen Seiten Fesseln angelegte hier haben wir im Gegentheil weder tobenden noch verdrießliche Kameraden zu befürchten, und wir können unsere Tage damit zubringen, daß wir umherlaufen, Musik machen, ins Theater gehen, und unsere Nächte, daß wir plaudern, was uns im Collége sehr strenge verboten war.

      »Ja.« erwiderte Colombau, »ich erinnere mich der Plaudereien des Schlafsaales, – gute, theure Plaudeereien.«

      »Besonders die der Nächte vom Sonntag auf den Montag, nicht wahr?«

      »Ja,« sprach Colombau, mit einem halb traurigen halb heiteren Lächeln der Erinnerung, »ja, die der Nächte vom Sonntag auf den Montag besonders. Ich ging wenig aus, ich hatte keine Verwandte in Paris, ich blieb den ganzen Tag im Hofe des Collége mir meinen Gedanken und, – ich rühme mich dessen, – mit meinen Träumen eingesperrt. Und Du, als ein Herumschwärmer, erwachtest an diesem Tage am frühen Morgen wie eine Lerche, entflogst munter singend wie sie, und Gott weiß, auf welche reizenden Nester Du niederfielst! Ich sah Dich immer ohne Neid, aber mit Bedauern weggehen und Du kamst doch zu mir beladen mit der Beute des Tages zurück, Du theiltest sie mit mir, und wir hatten für die ganze Nacht genug, Du, um die Erzählung Deiner leichtfertigen Freuden zu geben, ich, um sie anzuhören.«

      »Wir werden diesen Leben wieder anfangen, Colombau, und sei ruhig, weise, wie Du bist! Thöricht, wie ich bin, werde ich noch mehr als eine Nacht damit zubringen, daß ich Dir die Abenteuer des Tages erzähle, denn ich habe dort gelebt wie ein wahrer Robinson, und ich hoffe wohl mein Pariser Leben wieder aufzunehmen, wo ich es verlassen habe.«

      »Die Jahre haben Dich nicht verändert, sagte freundlich, aber besorgt der ernste Bretagner.

      »Nein! und sie haben mir besondere meinen guten Appetit gelassen. Sage mir, wo ißt man hier, wenn man Hunger hat?«

      »Man hätte im Speisezimmer gegessen, wenn ich benachrichtigt gewesen wäre.«

      »Du hast also meinen Brief nicht erhalten?«

      »Doch, aber erst vor einer Stunde.«

      »Oh! es ist wahr, in der That, er ist mit demselben Packetboot wie ich abgegangen, er ist im Havre mit demselben Packetboot wie ich angekommen, und er hat vor mir nur den Vorsprung der Post vor der Diligence. Ein-Grund mehr, Dich zu fragen. ›Wo ißt man hier?«

      .

      »Mein lieber Camille, es ist mir nicht unangenehm, daß Du Dich mit Robinson verglichen hast; das beweist mir, daß Du an Entbehrungen gewöhnt bist.«

      »Du machst mich schauern, Colombau, keine Scherze dieser Art; ich bin kein Romanheld: ich esse! Ich frage Dich noch einmal: wo ißt man hier?«

      »Hier, mein Freund, trifft man seine Anordnungen mit der Portière oder mit einer guten Frau aus der Nachbarschaft, die und Kost in Bausch und Bogen gibt.«

      »Ja, doch in außerordentlichen Fällen?«

      »Man hat Flicoteaux.«

      Oh! der wackere Flicoteaux, Place de la Sorbonne! Flicoteaux besteht also immer noch? er hat noch nicht alle Beefsteaks gegessen?«

      Und der Amerikaner rief:

      »Flicoteaux! ein Beefsteak mit ungeheuer viel Kartoffeln!«

      Dann nahm er seinen Hut.

      »Wohin gehst Du?« fragte Colombau.

      »Ich gehe nicht, ich laufe! ich laufe zu Flicoteaux.

      Läufst Du mit