ich Dir nicht ein Bett zum Schlafen, einen Tisch zum Arbeiten, ein Canapé zum Rauchen kaufen?«
»Ah! was das Rauchen betrifft, – ich habe treffliche Cigarren von der Havanna! Das heißt, ich habe, wenn die Douane so gut sein will, sie mir zurückzugeben. Diese Herren Douaniers müssen hübsche Puros rauchen.«
»Ich beklage Dein Unglück, doch als Christ und nicht als Egoist: ich rauche nicht.«
»Du bist voller Laster, mein lieber Freund, und ich weiß nicht, wo Du eine Frau finden wirst, die Dich liebt.«
Colombau erröthete.
»Ist sie gefunden?« sagte Camille. »Gut!«
Und Colombau die Hand reichend:
»Theurer Freund, meinen aufrichtigen Glückwunsch! – Das ist also nicht wie bei der Kost? man findet Solches im Quartier! Colombau, Du kannst sicher sein, daß ich mich, sobald ich gefrühstückt, aufs Suchen lege. Ah! es thut mir leid, daß ich Dir nicht eine Negerin mitgebracht habe . . . Oh! verachte sie nicht, es gibt herrliche! doch die Donauiers hätten sie mir genommen; ausländisches Fabrikat, konfisziert! . . . Kommst Du mit?«
»Nein, sage ich Dir.«
»Ah! es ist wahr. Du hattest nein gesagt. Warum hattest Du nein gesagt?«
»Leeres Hirn!«
»Leer? Du bist nicht der Ansicht meines Vaters, mein Vater behauptete ich habe eine Krabbe im Hirn . . . Warum hattest Du nein gesagt?«
»Weil ich Deine Wohnung meubliren muß.«
»Das ist richtig. Meublire eiligst meine Wohnung, ich laufe, um meinen Magen zu meubliren. In einer Stunde Beide hier?«
»Ja.«
»Willst Du Geld?«
»Ich danke, ich habe.«
»Gut, wenn Du keines mehr hast, wirst Du nehmen.«
»Wo dies?« fragte Colombau lachend.
»In meiner Börse, wenn sich darin findet, mein Lieber. Ich bin sehr reich: Rothschild ist nicht mein Oheim, Laffitte ist nicht mein Pathe! Ich habe sechstausend Livres jährlich, fünfhundert Livres monatlich, sechzehn Franken dreizehn Saus und anderthalb Centimes täglich. Willst Du die Tuilerien, Saint-Cloud oder Rambouillet kaufen? In meiner Börse sind drei Monate Vorschuß.
Hier zog Camille aus seiner Tasche eine Börse, durch deren Maschen man das Gold konnte funkeln sehen.
»Wir werden später hiervon sprechen,« sagte Colombau.
»In einer Stunde komm hierher zurück.«
»Ja einer Stunde, abgemacht.«
»Dann:
»Va mourir pour ton prince, et moi pour mon pays!16« rief Camille.
Und er eilte die Stufen hinab, nicht in der Absicht, für seinen Fürsten zu sterben, wie so poetisch der Vers von Casimir Delavigne sagte, sondern um bei Flicoteaux zu frühstücken.
Colombau ging mit einem ruhigerem mehr mit seinem Charakter harmonierenden Schritte hinab.
Sie sehen lieber Leser, der spöttische Leichtsinn, mit dem Camille die wichtigsten Gegenstände behandelte, hatte sich sogleich bei seinem Eintritt bei Colombau durch das erste Wort, das er in Beziehung auf den Bruder Dominique gesprochen, geoffenbart.
Man beschuldigt die Franzosen, sie seien herzlos, leichtfertig, spöttisch.
Hier war es der Franzose, der den ganzen britischen Ernst zeigte, und der Americaner, der den ganzen französischen Leichtsinn hatte.
Wären nicht sein Alter, sein Gesicht, seine elegante Kleidung, seine ausgezeichnete Haltung gewesen, man hätte Camille für einen Pariser Gamin gehalten; er hatte den Witz, die Lebhaftigteit, das treuherzige Gelächter und die Redeweise eines Solchen.
Man mochte ihn immerhin in die Ecke eines Zimmers schieben, in eine Fenstervertiefung einsperren, zwischen zwei Thüren mauern und es hier versuchen, vernünftig mit ihm zu reden, eine ernste Idee in seinen Kopf zu bringen, – die erste Fliege riß ihn mit sich fort, und er war so wenig mehr beim Gespräche, als der auf der Straße Vorübergehende.
Er bot indessen den Vortheil, daß man nicht lange mit ihm zu sprechen brauchte, um seinen Charakter zu kennen; nach einer Conversation von fünf Minuten, wenn man nicht etwa ein Sieb im Geiste hatte, kannte man ihn durch und durch.
Sein Gesicht, seine Sprache, sein Gang, seine ganze Person enthüllten ihn.
Es war übrigens ein reizender Cavalier, wie ihn Colombau Carmelite angekündigt hatte.
Er hatte vor Allem einen herrlichen Kopf auf einem, ohne mager oder groß zu sein, schlanken Leibe von scheinbar zarter Complexion, weil er geschmeidig und anmuthig.
Seine Augen waren lang, lebhaft, von einem in das Kastanienbraune fallenden Schwarz, wahre Creolenaugen, sammelartig mit sechs Linien langen Wimpern.
Sein wundervoll schwarzes Haar umgab, wie ein Rahmen von Ebenholz mit bläulichen Reflexen, sein feines, leicht bräunlich gefärbtes Gesicht.
Die Nase war gerade, gut proportioniert, an die Stirne wie die Nase einer griechischen Statue angeschlossen.
Der Mund war klein, schön, frisch, mit ein wenig gegen außen gebogenen Lippen. Lippen, denen ein Kuß immer zu entschlüpfen bereit ist.
In seinem ganzen Aeußeren, in seiner Haltung, in seinen Manieren, sogar in seinem Anzuge, obgleich dieser reizende Vogel der Tropengegenden, dieser herrliche Schmetterling des Aequators vielleicht zu schreiende Halsbinden, zu bunte Westen trug, Alles, bis auf seine Kleidung, sagen wir, hatte ein solches Ansehen von Distinction. daß ihn die ältesten Marquisen für einen Edelmann von altem Geschlechte gehalten hätten.
Seine launenhafte, coquette, glühende Schönheit bildete einen seltsamen Contrast mit der ernsten, strengen, ich möchte beinahe sagen, granitartigen Schönheit von Colombau.
Der Eine hatte die Stärke und die Schönheit des antiken Hercules, der Andere die Weichheit, die jugendliche Gracie, die Morbidezza von Castor, von Antinons und sogar von Hermaphroditos.
Wer immer Beide sich umschlungen haltend gesehen hätte, würde nicht begriffen haben, durch welche geheime Sympathien, durch welche mysteriöse Verwandtschaften dieser starke Mann und dieser schwache Jüngling sich gegenseitig in die Arme gezogen fanden; es waren nicht zwei Brüder, denn die Natur hat ein Grauen vor Unähnlichkeiten; – es waren also zwei Freunde.
Doch durch weiche unbekannte Bande schlossen sich ihre zwei Herzen an einander an?
Wir haben es im vorhergehenden Kapitel gesagte; der Schutz, mit dem Colombau den jungen Menschen bedeckt hatte, war unmerklich eine tiefe Freundschaft geworden; statt sie auf die Einen und die Anderen zu zerstreuen, hatte Colombau in seinem Meer die Reichthümer der Zuneigung vergraben, die er im Collége für Camille Rozan angehäuft.
Er nahm ihn also auf, man hat dies gesehen, wie ein Bruder seinen vielgeliebien Bruder aufnimmt, und was die Macht seiner Freundschaft beweist, ist der Umstand, daß er den ganzen Tag hindurch die neue Zuneigung vergaß, die ihm Bruder Dominique enthüllt hatte.
Er machte aus dem kleinen Salon wo er die wenigen Kameraden aus dem Collége empfing, die ihn besuchten, das Schlafzimmer von Camille.
Da Colombau im Alcoven des anstoßenden Zimmers schlief, so waren sie nur durch eine Scheidewand getrennt, welche so dünn, daß man aus einer Stube Alles hörte, was in der anderen geschah oder gesagt wurde.
Colombau hatte zuerst die Tapezierer des Quartier Saint-Jacques besucht, hier aber hatte er, wie man weiß, nur nußbaumene Meubles gefunden, und Colombau, der auf einer angemalten Lagerstätte schlief, hatte begriffen, sein aristokratischer Freund werde nur Mahagonimeubles annehmen.
Er war allmählich die Rue Saint-Jacques hinabgegangen, hatte die zwei Arme der Seine überschritten und so die Rue de Cléry erreicht.
Dort hatte er gefunden, was er brauchte; ein Bett von Mahagoni, einen Schreibtisch von Mahagoni, ein Canapé und sechs Stuhle ebenso.
Das