Иоганн Вольфганг фон Гёте

Gesammelte Gedichte: Elegien, Epigramme, Sonette, Kantaten, Xenien und viel mehr


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sich nicht unüberwindlich gezeigt.

77

      Mit Botanik gibst du dich ab? mit Optik? Was tust du?

      Ist es nicht schönrer Gewinn, rühren ein zärtliches Herz?

      Ach, die zärtlichen Herzen! ein Pfuscher vermag sie zu rühren;

      Sei es mein einziges Glück, dich zu berühren, Natur!

78

      Weiß hat Newton gemacht aus allen Farben. Gar manches

      Hat er euch weisgemacht, das ihr ein Säkulum glaubt.

79

      » Alles erkläret sich wohl», so sagt mir ein Schüler,«aus jenen

      Theorien, die uns weislich der Meister gelehrt.«

      Habt ihr einmal das Kreuz von Holze tüchtig gezimmert,

      Paßt ein lebendiger Leib freilich zur Strafe daran.

80

      Wenn auf beschwerlichen Reisen ein Jüngling zur Liebsten sich windet,

      Hab er dies Büchlein; es ist reizend und tröstlich zugleich.

      Und erwartet dereinst ein Mädchen den Liebsten, sie halte

      Dieses Büchlein, und nur, kommt er, so werfe sies weg.

81

      Gleich den Winken des Mädchens, des eilenden, welche verstohlen

      Im Vorbeigehn nur freundlich mir streifet den Arm,

      So vergönnt, ihr Musen, dem Reisenden kleine Gedichte:

      O behaltet dem Freund größere Gunst noch bevor!

82

      Wenn, in Dunst und Wolken verhüllt, die Sonne nur trübe

      Stunden sendet, wie still wandeln die Pfade wir fort!

      Drängt der Regen den Wandrer, wie ist uns des ländlichen Daches

      Schirm willkommen! Wie sanft ruht sichs in stürmischer Nacht!

      Aber die Göttin kehret zurück! Schnell scheuche die Nebel

      Von der Stirne hinweg! Gleiche der Mutter Natur!

83

      Willst du mit reinem Gefühl der Liebe Freuden genießen,

      O so laß Frechheit und Ernst ferne vom Herzen dir sein.

      Jene will Amorn verjagen, und dieser denkt ihn zu fesseln;

      Beiden das Gegenteil lächelt der schelmische Gott.

84

      Göttlicher Morpheus, umsonst bewegst du die lieblichen Mohne;

      Bleibt das Auge doch wach, wenn mir es Amor nicht schließt.

85

      Liebe flößest du ein, und Begier; ich fühl es, und brenne.

      Liebenswürdige, nun flöße Vertrauen mir ein!

86

      Ha! ich kenne dich, Amor, so gut als einer! Da bringst du

      Deine Fackel, und sie leuchtet im Dunkel uns vor.

      Aber du führest uns bald verworrene Pfade; wir brauchten

      Deine Fackel erst recht, ach! und die falsche erlischt.

87

      Eine einzige Nacht: an deinem Herzen! – Das andre

      Gibt sich. Es trennet uns noch Amor in Nebel und Nacht.

      Ja, ich erlebe den Morgen, an dem Aurora die Freunde

      Busen an Busen belauscht, Phöbus, der frühe, sie weckt.

88

      Ist es dir Ernst, so zaudre nun länger nicht, mache mich glücklich!

      Wolltest du scherzen? Es sei, Liebchen, des Scherzes genug!

89

      Daß ich schweige, verdrießt dich? Was soll ich reden? Du merkest

      Auf der Seufzer, des Blicks leise Beredsamkeit nicht.

      Eine Göttin vermag der Lippe Siegel zu lösen;

      Nur Aurora, sie weckt einst dir am Busen mich auf.

      Ja, dann töne mein Hymnus den frühen Göttern entgegen,

      Wie das Memnonische Bild lieblich Geheimnisse sang.

90

      Welch ein lustiges Spiel! Es windet am Faden die Scheibe,

      Die von der Hand entfloh, eilig sich wieder herauf!

      Seht, so schein ich mein Herz bald dieser Schönen, bald jener

      Zuzuwerfen; doch gleich kehrt es im Fluge zurück.

91

      O wie achtet ich sonst auf alle Zeiten des Jahres,

      Grüßte den kommenden Lenz, sehnte dem Herbste mich nach!

      Aber nun ist nicht Sommer noch Winter, seit mich Beglückten

      Amors Fittich bedeckt, ewiger Frühling umschwebt.

92

      Sage, wie lebst du ? Ich lebe! und wären hundert und hundert

      Jahre dem Menschen gegönnt, wünscht ich mir morgen wie heut.

93

      Götter, wie soll ich euch danken! Ihr habt mir alles gegeben,

      Was der Mensch sich erfleht; nur in der Regel fast nichts.

94

      In der Dämmrung des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen,

      Frühe den Boten des Tags grüßen, dich, freundlichen Stern!

      Ungeduldig die Blicke der Himmelsfürstin erwarten,

      Wonne des Jünglings, wie oft locktest du nachts mich heraus!

      Nun erscheint ihr mir, Boten des Tags, ihr himmlischen Augen

      Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonne zu früh.

95

      Du erstaunest, und zeigst mir das Meer; es scheinet zu brennen.

      Wie bewegt sich die Flut flammend ums nächtliche Schiff!

      Mich verwundert es nicht, das Meer gebar Aphroditen,

      Und entsprang nicht aus ihr uns eine Flamme, der Sohn ?

96

      Glänzen sah ich das Meer, und blinken die liebliche Welle,

      Frisch mit günstigem Wind zogen die Segel dahin.

      Keine Sehnsucht fühlte mein Herz; es wendete rückwärts,

      Nach dem Schnee des Gebirgs, bald sich der schmachtende Blick.

      Südwärts liegen der Schätze wie viel! Doch einer im Norden

      Zieht, ein großer Magnet, unwiderstehlich zurück.

97

      Ach! mein Mädchen verreist! Sie steigt zu Schiffe! – Mein König,

      Äolus! mächtiger Fürst! halte die Stürme zurück!

      Törichter! ruft mir der Gott, befürchte nicht wütende Stürme:

      Fürchte den Hauch, wenn sanft Amor die Flügel bewegt!

98

      Arm und kleiderlos war das Mädchen, als ichs geworben;

      Damals gefiel sie mir nackt, wie sie mir jetzt noch gefällt.

99

      Oftmals hab ich geirrt, und habe mich wieder gefunden,