in hellen Farben, behaglich und mit einer gemütlichen Sitzecke vor dem eingebauten Kamin. Ein dicker Teppich belebt das Zimmer.
»Wäre es nicht besser für Sie, wenn Sie ins Bett gingen? Ich serviere Ihnen das Essen am Bett«, schlägt Babette fürsorglich vor. Sie öffnet die Tür zum anschließenden Schlafzimmer. Es ist in Rosa gehalten. Zwischen den breiten Fenstern steht eine Frisiertoilette mit Spiegeln, die bis zum Erdboden reichen.
»Wunderschön«, sagt Amelie leise und staunend.
»Das sind die Zimmer, die früher Ihre Mutter bewohnt hat«, erklärt Babette, und sie beginnt sofort, die rosafarbene Steppdecke zurückzuschlagen. »Hoffentlich fühlen Sie sich recht wohl bei uns. Nebenan finden Sie das Bad. Es gehört Ihnen allein. Der Herr Professor wohnt auf der anderen Seite des Hauses.«
Amelie ist überwältigt von so viel Fürsorge und streckt Babette beide Hände entgegen.
»Sie sind sehr lieb zu mir«, flüstert sie. »Meine Mutter hat mir viel von Ihnen erzählt. Gewiß, ich werde mich hier wohl fühlen. Sie haben sich viel Mühe gemacht, dafür danke ich Ihnen, Babette.«
»Für Irmgards Tochter tue ich alles.« Das klingt wie ein Schwur aus Babettes Mund. Am liebsten möchte sie das reizende Mädchen in ihre Arme nehmen, weil sie ihr so schutzbedürftig vorkommt. Warum, weiß sie selbst nicht zu sagen, denn Amelies Auftreten ist selbstsicher.
»Soll ich Ihnen beim Auskleiden helfen?«
Amelie hebt entsetzt die Hand. »Auf keinen Fall, Babette. Ich bin es nicht gewohnt, bedient zu werden.«
Babette verschwindet im Bad, läßt das Wasser einlaufen und beginnt dann, die Koffer auszupacken und deren Inhalt in Schrank und Schubläden unterzubringen.
Amelie ist inzwischen im Badezimmer verschwunden und nimmt ein erfrischendes Bad.
Als sie später ihr Wohnzimmer betritt, kommt Babette gerade mit dem Servierwagen. Sie rollt ihn an Amelie vorbei ins Schlafzimmer.
»Nun machen Sie es sich bequem. Ich stelle Ihnen alles griffbereit«, sagt Babette, und Amelie nickt dankbar. Sie schlüpft ins Bett und läßt sich von Babette verwöhnen. Dann, nachdem alles weggeräumt ist, legt sie sich zurück und versucht zu schlafen.
Sie ist ziemlich erschöpft und hat sich doch kurz vorher noch so stark gefühlt. Sie fällt schnell in einen gesunden, tiefen Schlaf.
*
Atemlos, ganz außer Rand und Band, kommt das Hausmädchen Irene in die Küche gestürzt, wo Babette eben dabei ist, einen Kuchenteig anzurühren.
»Er ist soeben gekommen, der Herr Professor. Das war noch nie da! Und die Dingsda, Sie wissen schon, Frau Babette, die Schauspielerin Manila, ist auch mitgekommen.«
»So, der Herr Professor ist da«, erwidert Babette. Sie ist nicht aus der Ruhe zu bringen. »Er muß sich doch um seine Nichte kümmern. Was ist daran so aufregend? Beeil dich. Wir haben noch allerhand Arbeit. Gleich wird der Professor klingeln, und dann muß ich für ihn da sein.«
Irene läuft eilfertig davon. Kopfschüttelnd rührt Babette weiter in der Kuchenschüssel. Hm! So früh ist der Professor noch nie heimgekommen. Aber das ist sie gewohnt, daß er zu den ungewöhnlichsten Zeiten auftaucht. Heute kann sie es verstehen. Daß er aber diese aufgetakelte Person mitgebracht hat?
»Die aufgetakelte Person«, eine schöne blondhaarige Frau, ist rassig, charmant und versteht geistreich zu plaudern. Sie war einmal Professor Martens’ Patientin, und seitdem sucht sie ihn hin und wieder im Krankenhaus auf.
Heute hat sie ihn wieder besuchen wollen. Gerade als er mit seinem Chauffeur telefonierte, kam sie in die Klinik.
Sie hatte die Gabel des Telefons gedrückt und lachend zu ihm gesagt:
»Mein Wagen steht vor dem Eingang. Darf ich Sie heimfahren?«
Unangenehm berührt hat Martens in das schöne, lachende Gesicht seiner ehemaligen Patientin geblickt. Er ist einfach überrumpelt und kann sie nicht gut vor den Kopf stoßen.
»Wenn Sie so lieb sein wollen?« gibt er nach und erteilt letzte Anweisungen, während sie uninteressiert tut. In Wirklichkeit entgeht nichts ihren wachsamen Augen.
Sie hat noch nie an einem Mann so viel Gefallen gefunden wie an dem zurückhaltenden Professor. Es reizt sie, ihn aus seiner Reserve herauszulocken.
Sie hat viele Bewunderer, doch keiner imponiert ihr so wie dieser Professor, der immer wie geistesabwesend ist und sehr weltfremd scheint.
Sie kennt seine Berühmtheit, seinen Reichtum; und hin und wieder bringt sie sich in Erinnerung. Sie weiß, ein Professor ist nicht im Sturm zu gewinnen. Da muß sie allen Takt und alles Feingefühl spielen lassen.
Als sie im Wagen sitzen, sie am Steuer, fragt sie mit einiger Verwunderung: »Wie kommt es, daß Sie sich um diese Zeit von Ihrer Arbeit losreißen?«
»Warum?« Er zögert. Er möchte nicht über Amelie sprechen. Aber wenn sie ihn heimfährt, kann er sie nicht vor der Tür verabschieden. Also wird sie Amelie sowieso sehen. In kurzen Worten erzählt er ihr von Amelies Unfall, daß sie heute entlassen wurde und er sich um sie kümmern muß.
Manila Rietberg runzelt die Stirn. Wie unangenehm, daß ausgerechnet jetzt diese Nichte auftauchen muß! Sie ist gespannt und ärgerlich zugleich. Schweigend legen sie den Rest der Fahrt zurück. Wie sie erwartet hat, bittet der Professor sie ins Haus.
Nichts ist ihrem gepflegten Gesicht anzumerken, keine Verstimmung, auch keine Neugier. In der kühlen Halle bittet der Professor sie, Platz zu nehmen und entschuldigt sich dann, er müsse sich umziehen.
Lächelnd nickt sie zu ihm auf und macht es sich bequem. Martens eilt die Treppe empor und sucht seine Zimmer auf. Im Handumdrehen ist er umgezogen. Er trägt einen hellen Sommeranzug und sieht darin noch vornehmer und stattlicher aus als gewöhnlich.
Ihr Herz schlägt rascher, als er zurückkommt.
»Noch einen Augenblick. Ich will nur meiner Haushälterin Bescheid sagen.«
Sie nickt gnädig.
Es ist nichts Seltenes, daß er Babette in der Küche überfällt.
»Ich habe Besuch mitgebracht.«
»Weiß ich bereits, Herr Professor«, sagt sie kurz angebunden. »In wenigen Minuten ist die Platte fertig.«
Er hat schon die Türklinke in der Hand, als sie ihn fragt:
»Und Ihre Nichte?«
»Ich werde sofort nach ihr sehen«, erwidert er und verschwindet. Er fürchtet weitere Fragen, denen er gern aus dem Wege gehen möchte.
Er geht zögernd vorwärts. Die Füße sind ihm schwer wie Blei. Er weiß, daß Babette Amelie die Zimmer seiner Schwester zugewiesen hat. Zaghaft klopft er an.
Ein ermunterndes »Herein« läßt ihn eintreten. Amelie ist bereits angezogen. Sie trägt ein duftiges Sommerkleid in zarten Farben mit einem weitschwingenden Rock. Das dunkle, fast blauschwarze Haar ringelt sich in Locken über der Stirn.
Sie hat Babette erwartet. Als sie ihren Onkel erkennt, ist es, als würde ein Schleier über ihr Gesicht gezogen.
»Du bist es?« sagt sie nicht gerade erfreut.
»Ich wollte mich nur erkundigen, wie es dir geht.«
»Danke, gut«, erwidert sie, seine Verlegenheit ignorierend.
»Würde es dir etwas ausmachen, mit herunterzukommen? Ich habe eine Bekannte mitgebracht. Eine ehemalige Patientin. Sie möchte dich kennenlernen.«
»Kann ich nicht lieber hierbleiben?« Amelie spürt nicht die geringste Lust, jetzt fremde Menschen zu sehen.
»Bitte, komm«, das klingt scharf; und ergeben geht sie mit ihm. Sie weiß jetzt schon, daß sie schwer gegen seinen Willen ankommt.
Manila Rietberg und Amelie stehen sich gegenüber. Sofort spürt Amelie das Unechte