darauf nahmen sie Zoroaster und trugen ihn in die Wüste. Daselbst bauten sie einen Holzstoß von Pech und andern Feuermaterien, entzündeten ihn und warfen Zoroaster darauf und gingen mit Freude und Jauchzen, Duranserun anzusagen, was sie gemacht hätten. Dogdo hörte dies und lief wie außer sich zur Wüste, fand aber Zoroaster sanft und ruhig schlafen. Feuer war ihm süßes Wasser. Sein Antlitz glänzte wie Zohore[96] und Moschteri.[97] Sie nahm ihr Kind, gab ihm hundert Küsse und trug es heim.“
„Augenblicklich verbreiteten sich diese Wunder. Feuer hatte nicht Macht gehabt über Zoroaster, das wußte Jedermann. Darauf trugen ihn die Magier auf Befehl ihres Obersten in einen Hohlweg, den Ochsen begingen; die sollten ihn zertreten und zerreißen. Aber der größte und stärkste der Heerde ging auf Zoroaster zu wie eine zärtliche Mutter, umfaßte ihn und schlug mit dem Horn alle Stiere, die auf ihn zu wollten, und wie sie alle vorbei waren, ging der Ochse seinen Weg und ließ das Kind. Dies ward wieder ruchbar. Als Dogdo hörte, wohin man ihr Kind getragen, holte sie es heim und behielt alle diese Dinge Tag und Nacht in ihr ihrem Herzen.“
„Ein gewisser Zauberer Turberatorsch, berühmt durch seine Zauberkünste, sah seine Gesellen ganz muthlos und sprach: Wozu das Klagen? Ich weiß, wir können nichts gegen Zoroaster. Gott schützt ihn. Bahman[98] wird ihn zum Throne Ahuramazdâs bringen; der wird ihm alle Geheimnisse aufschließen und ihn zum Propheten der ganzen Welt machen. Er wird ihr ein Gesetz geben, und ein gerechter König wird alle Magier verderben. Poroschasp hörte den Magier vom Schicksal seines Sohnes reden und fragte: Was denkst du von seinem Lachen bei der Geburt? Turberatorsch sprach: Dein Herz freue sich: So lange die Welt steht, hat sie dergleichen nicht gesehen. Das Kind wird ein Wunder der Heiligkeit werden und den Völkern den Weg zur Reinigkeit zeigen und nach dem Wort des reinen und siegreichen Gottes Zendavesta auf die Erde bringen. Der König Gustasp[99] wird sein Gesetz annehmen. – Das waren Worte der Freude für Zoroasters Vater.“
„Poroschasps Nachbar, alt in Weisheit und Heiligkeit, kam als der Hahn krähte, und bat Poroschasp, ihm Zoroaster anzuvertrauen. Er wolle seiner pflegen und für ihn sorgen als für die zarteste und schönste Blume. Poroschasp willigte darein, und Zoroaster blieb bei dem alten Weisen, geschützt durch die Glorie Ahuramazdâs, ohne den Feuerwind des Angrômainyus und der Magier zu empfinden.“
„Nach diesem kamen Turberatorsch und Duranserun zu Poroschasp, um durch ihre Bezauberungen seinen Knaben tödlich zu erschrecken. Sie trieben Kunst auf Kunst, erregten Schrecken auf Schrecken, daß alles Volk zitterte. Zoroaster, dessen ganzes Thun und Lassen in Gott war, blieb allein beherzt, ohne einen Fuß zu bewegen. Gott ließ ihn alle Zaubereien überwinden und erfüllte die Magier mit Verzweiflung, daß sie von dannen wichen.“
„Zoroaster wurde krank, und seine Freunde sehr betrübt. Turberatorsch, der Zauberer Oberster, bereitete einen Arzneitrank aus reinen und unreinen Pflanzen aller Art. Nimm diesen Trank, sprach er zu Zoroaster, wenn du genesen willst! Zoroaster, der gleich wußte, daß dies Zauberarznei wäre, die allem Volke Ahuramazdâs verboten ist, nahm sie aus der Hand des Argen und goß sie auf die Erde mit den Worten: Kothseele, ich bedarf deines Mittels nicht; verübe alle deine Magie gegen mich: komme zu mir im falschen Kleide, meine Seele kennet dich doch. Der Allerhöchste läßt mich sehen, wie du bist; er, welcher der Seele Leben giebt und nimmt.“
„Magier deckten damals das Erdreich, und die meisten Erdenkinder vergaßen des Weltenschöpfers und fragten blos die Dews.[100] Poroschasp, der Diener Ahuramazdâs ließ sich vom Strom mit fort reißen und vereinigte in sich Anbetung Ahuramazdâs und Ehrfurcht vor den Dewspriestern. Eines Tages versammelte er bei sich eine Schaar kundiger Magier, unter ihnen Turberatorsch und Duranserun, und gab ihnen ein Mahl. Als sie gegessen und getrunken hatten, sprach er zu Turberatorsch: O, du, der du alle Tiefen der Magie weißt, gieb mir ein geheimes Mittel, das heute Freude in meiner Seele erzeugt.“
„Zoroaster hörte seines Vaters Begehr und sagte: Sprich nicht, Vater, solche leere Worte; du brauchst nicht solche Mittel. Geht dein Fuß nicht reinen Weg, so mußt du einst zur Hölle. Folge dem, was Gott dir zeigt, der alle Dinge gemacht hat. Du trauest falsch den Zauberkünsten und vergissest das Werk des Gottes aller Welt. Ihr Ende wird sein Abgrund und Verderben, ihrer Thaten Frucht.“
„Turberatorsch antwortete: Warum kannst du nicht schweigen, kleiner Schwätzer? Du und dein Vater, was seid ihr vor mir? Du willst mit Gewalt mein Geheimniß aufdecken? Kein Mensch hat noch also von mir geredet. Warte! Ich will dich überall beschimpfen, deine Werke verrufen; nie soll dein Herz sich freuen!“
„Heillose Kothseele, sprach Zoroaster, alle deine Lügen werden nichts vermögen. Was ich sage ist wahr. Dieser Arm soll dich zerstäuben! Durch Hülfe des großen Gottes der Allmacht will ich all dein Beginnen zu nichts machen, dich an Leib und Seele plagen! Diese Worte erfüllten die Zauberer mit Schauder, und Turberatorsch – man sollte gedacht haben, seine Seele wäre außer dem Leibe – wich von dannen und wurde heftig krank.“
„So erreichte Zoroaster sein fünfzehntes Jahr.[101] Er war Tag und Nacht im Gebet, sein Haupt zur Erde gebeugt, und hatte Leiden an Seele und Leib.“
„Den Bedrängten spendete er Trost und Hülfe im Geheimen. Konnte Jemand nicht in seinem Vorhaben fort, so brachte er es in Ordnung, kleidete die Armen und gab Almosen, wo es nöthig war. All sein Gold und Silber gab er dahin, und sein Name war groß bei Jung und Alt.“
„Ein Jüngling wie Zoroaster, dessen Herz nicht durch irdische Güter umfaßt, noch durch die Vergnügungen seines Alters erwärmt wurde, fand keine Lust am Umgang der der Magie ergebenen Bewohner von Urmi. Er fand seine Freude und Trost in der Weisheit bis zum fünfundzwanzigsten Jahr. Er hörte die Weisen aus Chaldäa, und die hohen Gedanken, welche er aus ihren Schriften schöpfte, waren der Keim für alle die Wahrheiten, durch welche er später Persien erleuchtete.“
„Im dreißigsten Jahr trieb ihn sein Herz nach Iran.[102] – Er kam daselbst an am letzten Tag des Jahres. Man feierte daselbst just Farvardians, d. h. das Fest der Seelen des Gesetzes[103], und die Fürsten des Reiches waren beisammen. Zoroaster wollte auch dahin, aber die Nacht überkam ihn auf dem Wege. Er legte sich hier schlafen und sah im Traum ein Heer Schlangen von Mitternacht ausziehen, welche den ganzen Weg bedeckten und keinen Ausgang ließen. Wie Zoroaster sie eine Weile anschaute, sah er ein anderes Heer von Mittag kommen. Beide stießen wüthend auf einander; dieses aber überwand.“
„Dieser Traum deutete auf die Magier und Dews, welche wie brüllende Löwen gegen Zoroaster kriegen würden, wenn er, in den Geheimnissen Gottes unterrichtet, der Welt sein Gesetz bekannt gemacht hätte; daß aber Mediomah[104] an dieses Gesetz glauben, dem neuen Gesandten Gottes beistehen, und die Dews und Magier durch das Lesen des Zendavesta in die Flucht getrieben würden.“
„Sobald Zoroaster der geheime Sinn seines Traumes aufgegangen war, ging er zu dem Ort des Festes und überließ sein Herz der Freude. Dann besuchte er in der Mitte des Monats Ardibehescht[105] ein großes Meer und sah sich in der Mitte eines paradiesähnlichen Landes. Bei Sonnenaufgang des Tages Dapmeher[106] dachte Zoroaster hin und her über die Widersprüche, die er nun bald würde leiden müssen, und verließ Iran mit nassen Augen. Nachdem er über den Araxes war, kam er nach wenigen Tagen an das Ufer des Meeres Daeti.[107] Er stieg in das Wasser ohne Furcht; anfangs ging es ihm bis an die Schenkel, darauf bis an die Kniee, den Leib und den Hals.“
„Diese vier Wasserhöhen deuteten auf das Wachsen seines herrlichen Gesetzes[108] zu vier verschiedenen Zeiten: unter Zoroaster, unter den Propheten Oschederbami und Oschedermah in den letzten Tagen und unter dem Sosiosch, der bei der Auferstehung die ganze Welt reinigen und zum Paradies machen wird.[109] Zoroaster wusch sich Haupt und Leib im Daeti und dankte Ahuramazdâ, wie er hindurch war. Er zog sich hierauf in die Gebirge zurück, um den Allerhöchsten zu befragen, und in allergrößter Ruhe bei sich zu betrachten, was er seinem Vaterland verkünden wolle.“
„Hier erschien ihm nun Bahman im Lichtglanz wie die Sonne. Seine Hände waren in einen Schleier gehüllt, und er sprach zu Zoroaster: Wer bist du, und was suchst du? – Ich suche, was Ahuramazdâ gefällt, dem Schöpfer beider Welten, weiß aber nicht, was er von mir will. Du, der du rein bist, zeige mir den Weg des Gesetzes. – Bahman hatte Wohlgefallen an diesen Worten und sprach: Mache dich auf, um vor Gott zu erscheinen;