Gahanbars.[170]
Von der Lichtwelt Ahuramazdâs wenden wir uns zur finstern Welt des Angrômainyus.
Angrômainyus, der grundarge Feind Ahuramazdâs und alles Guten, gedachte, sobald er nur könne, eine Reihe von Wesen zu schaffen, die ihm ähnlich sind, Feinde Ahuramazdâs und aller reinen und guten Geschöpfe wie er, und die wie Angrômainyus aus dem innern Quell der Bosheit und Feindschaft an Zerrüttung der Welt Ahuramazdâs arbeiten. Wie auf Erden Tier gegen Tier ist, so ist im Reiche der unsichtbaren Wesen Geist gegen Geist. Die ersten sieben Dews sind das im Reiche der Finsternis, was die Amschaspands im Reiche des Lichts sind. Jeder hat seinen besondern Namen und einen besondern Widersacher unter den Amschaspands, mit dem er zunächst zu kämpfen hat. Die sieben Erzdews[171] sind an die sieben Planeten gekettet. Sie kommen von Norden, sind männlichen und weiblichen Geschlechts, und alle Übel kommen von ihnen. Jeder ist eine besondere Quelle eines besonderen Übels; andere Dews wiederum sind deren Gehilfen, gerade so wie die Amschaspands ihre Gehilfen (Hamkars) an den Izeds, und diese wieder an den geringeren Izeds besitzen. Sie erscheinen unter allerlei Gestalten auf der Erde, als Schlange, Mensch, Wolf, Fliege &c.
Am Ende der Welt und Zeit sollen alle Dews bis auf Angrômainyus ausgerottet werden.
Ihre Zahl ist – wie die der guten Geister – über zehntausendmal zehntausend.
Folgende sind die wichtigsten:
1. Akuman, welcher unter allen Dews zuerst von Angrômainyus geschaffen wurde. Er ist der Widersacher Bahmans, in seinen Gedanken ganz Gift und der häßlichste der Dews. Er plagt vorzüglich die gut und edel lebenden Menschen.
2. Aresch, der Dew des Neids.
3. Aschmogh, raubt alles Gute von der Erde und bringt dafür alles Böse. Das Wort der Wahrheit ist ihm wegen seiner außerordentlichen Grundbosheit unerträglich. Er heißt auch die zweifüßige Schlange.
4. Astuiad, der Dew des Todes, raubt den Toten die Seele.
5. Boete besitzt und lähmt die Gelenke des menschlichen Leibes.
6. Derevesch ist der Dew der Armut.
7. Djadu ist der Dew der Magie.
Dies sind die sieben Erzdews. Weiter folgen:
8. Dje, Dew der Unreinigkeit.
9. Eghetesch, Dew der Zerrüttung des Herzens.
10. Eschem, Dew des Neides, Goschoruns Widersacher.
11. Epeosche, erscheint in Gestalt eines Pferdes.
12. Kesosch, giebt Zwerggestalt.
13. Khevezo ist der Besitzer der Toten.
14. Khiveh ist der Feind des Feuers und Wassers.
15. Xonde ist der Dew der Trunkenheit.
16. Nesosch besitzt ein ganzes Heer von Dews, die nach Norden schwärmen.
17. Pretesch ist der Dew aller Falschheit und Lästerung.
18. Sor ist Seroschs Widersacher.
19. Vaziresch besitzt die Toten.
20. Vato ist der Dew der Ungewitter.
21. Verin ist der Dew der Regengüsse.
22. Zaretsch ist der Allverderber.
Dies sind die wichtigsten Dews. Fast jedes Laster, jede böse Neigung, jede Plage und Krankheit hat ihren Dew. Jeder Wohlthäter unter den Amschaspands und Izeds hat mit vielen und namentlich mit dem ihm entgegengesetzten Erzdew zu kämpfen.
Die neun Häupter der Druschts sind:
1. Angrômainyus, der Widersacher Ahuramazdâs.
2. Akuman, der Widersacher Bahmans.
3. Ander, der Nebenbuhler Ardibeheschts.
4. Savel, der Nebenbuhler Schahrivers.
5. Tarmad, der Gegner Sapandomads, der Druscht des Stolzes.
6. Tarik, der Gegner Chordads.
7. Zaretsch, der Gegner Amerdads.
8. Eschem, einer der schlimmsten Druschts, Druscht der Gewaltthätigkeit, Gegner des Serosch, Dämon der Grausamkeit, welcher Ahuramazdâs Volk mit ganz besonderem Grimm bekämpft.
9. Aschmogh, raubt alle Güter, schwächt und kränkt die Menschen und verursacht alle Übel der Erde. Er weiß, daß Avesta das wahre Gesetz Ahuramazdâs ist, weigert sich aber infolge seiner grenzenlosen Bosheit dasselbe auszuüben.
In dem beständigen Kampf der guten und bösen Geister, Menschen und Kräfte, liegt nun die Mischung des Guten und Bösen, wie sie in der Welt in Erscheinung tritt. Alles Gute, alle lebendige Kraft und Wirkung stammt von Ahuramazdâ und führt wieder zu ihm zurück. Die Thätigkeit eines jeden Wirkenden, sei er auch der Unterste der unendlichen Kette, reicht in ihren Folgen wie in der Kette ihrer Ursachen bis hinab in die „unbegrenzte Zeit[172]“. – Ebenso verhält es sich mit dem Bösen. „Die Welt der Übel“ ist unter gute und böse Prinzipien, Wesen und wirkende Ursachen verteilt. Des Guten ist nur soviel vorhanden, als wirkende Ursachen sind und Angrômainyus mit seinen Dews geschlagen wird. Deshalb betrachtet sich der Anhänger Zoroasters als einen Krieger Ahuramazdâs, welcher nicht sündigen kann, ohne alle guten Izeds zu betrüben, die Kräfte des Guten in der Welt Ahuramazdâs zu schwächen, und keine Todsünde begehen, ohne selbst ein Darvand, ein Glied der Welt des Angrômainyus zu werden.
Der Tod ist durch Angrômainyus durch die Sünde des ersten Menschenpaares in die Welt gebracht worden. Er erlöst den Anhänger Zoroasters von seinem Streit gegen Angrômainyus. Wenn er in seinem Leben treu war im Streit und rüstig durch Tilgung des Bösen gegen Angrômainyus und die Dews kämpfte, so hat er vom Tod nichts zu fürchten. Er geht über die Brücke Tschinvad zur Ruhe und Seligkeit ein.
Sofort nach seinem Abscheiden eilen die Dews herbei und wollen sich seiner Seele bemächtigen. Ist sie aber gerecht und rein und hat sie sich im Leben die Izeds zu Freunden gemacht, so sind diese zu ihrem Schutz bereit. Die Seele des Gottlosen aber ist von allen verlassen, und da sie sich in ihrer Ohnmacht nicht selbst wehren kann, so wird sie der Raub der Dews. Einige Tage nach ihrem Hinscheiden kommt sie an die große Brücke Tschinvad, welche die Scheidewand und Verbindung zwischen dieser und jener Welt bildet. Hier untersuchen Ahuramazdâ und Bahman den Wandel des Menschen und verweisen ihn, wenn sich Gutes und Böses annähernd die Wage halten, zu einem Mittelaufenthalt bis zur Auferstehung, der je nach dem Wandel mehr oder weniger selig oder von Unseligkeit und Angst erfüllt ist.[173] – Spricht Ahuramazdâ Lob und Preis über des Menschen Leben, so wird er von den heiligen Izeds über die Brücke in das Land der Freuden geführt, wo er einer fröhlichen Auferstehung wartet. Im andern Fall kann er nicht über die Brücke und muß in den Duzakh, den seine Thaten verdienen.
Zuletzt erfolgt die Auferstehung der Toten. Gute und Böse sollen auferstehen, und Erde und Flüsse sollen die Gebeine der Menschen wiedergeben. Ahuramazdâ will sie zusammensetzen und mit Fleisch und Adern überziehen und neu beleben.[174] Gute sollen sich zu Guten und Böse zu Bösen gesellen. Darauf soll die ganze Natur so neu werden wie der Mensch an Leib und Seele. Nun folgen noch nach einem von der „anbeginnlosen Zeit“ festgestellten Ratschluß Versuche, den Sündern die Thore Gorotmans aufzuschließen. Wenn die Verdammten durch Strafen im unterirdischen Duzakh geläutert und gedemütigt worden sind, so müssen sie durch Feuerströme geschmolzenen Metalls, wo sie die letzte Reinigung erfahren; alsdann genießen sie mit den Gerechten die endlose Seligkeit. Die ganze Natur ist alsdann am Endziel ihrer Bestimmung angelangt und Licht geworden. Selbst Duzakh ist nicht mehr, sondern ist Paradies geworden. Das Reich des Angrômainyus ist zertrümmert und das des Ahuramazdâ Alles in Allem geworden. Das Gesetz Ahuramazdâs herrscht allein im Weltall und ist das alleinige Element, in dem die Geschöpfe aller Stufen und Arten leben und weben.