Grohmann Max

Geyer und das Obererzgebirge in Sage und Geschichte


Скачать книгу

mußte sich außerdem der Mörder noch zu einer kirchlichen Bußübung oder zur Errichtung eines Kreuzsteines verpflichten.

      Nach Blühers Aufzeichnungen ist in Geyer ein solcher Fall vorgekommen. Im Jahre 1530 ward nämlich am Montag nach Michaelis von Balzer Bach in Gemeinschaft von seinen Geschwistern und nächsten Verwandten Bestimmung über 50 Gulden sogenanntes Blutgeld getroffen, welches sie zur Sühne ihres vor 15 Jahren ermordeten Bruders erhalten hatten. Ob von diesem Gelde auch ein Sühnekreuz errichtet oder ob es vollständig dem »Gestifte unserer lieben Frau« zugewendet wurde, läßt sich aus der beregten Quelle nicht ersehen. Ein Steinkreuz stand früher an der alten Zolltafel, wie sich wohl die ältesten Bewohner der Stadt Geyer erinnern können. Die Zolltafel war an der Ehrenfriedersdorfer Straße aufgestellt, da, wo jetzt rechts der Weg nach der Binge abbiegt.

      Ein Sühnekreuz mag aber das im Sommer 1890 zufällig aufgefundene Steinkreuz auf der Verlängerung des Ziegelsberges sein. Wie kommt aber das Richtschwert hinzu, dessen Umrisse ganz deutlich auf der einen Seite des granitnen Kreuzes zu sehen sind? Auf der bekannten Dillichschen Federzeichnung der Stadt Geyer findet sich der Galgen zwar an dem Fußsteige, wo das Kreuz aufgefunden wurde, doch etwas weiter hinauf nach dem Schlegelswald zu. Da jedoch von einer Bebauung mit Häusern auf dem Ziegelsberg auf erwähnter Zeichnung noch keine Andeutung vorhanden ist, da ferner das Steinkreuz in einer vom Silberbergbau herrührenden Halde aufgefunden wurde, so schließt dies durchaus nicht aus, daß an der Fundstelle in Geyers frühester Zeit der Richtplatz zu suchen sei, und daß derselbe nur erst infolge des Bergbaues und der Bebauung des Ziegelsberges weiter dem Walde zu angelegt worden ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach stand vielmehr das Kreuz auf der alten Richtstätte; das darauf gemeißelte Richtschwert deutete an, daß der Mörder eigentlich an dieser Stelle sein Grab habe finden müssen; denn bekanntlich wurden in früheren Zeiten die Gerichteten an Ort und Stelle verscharrt.

      Der hiesige Verschönerungsverein hat unter der Leitung des Herrn Kaufmann Max Päßler das alte Steinkreuz wieder aufrichten und im Grunde befestigen lassen. Es ist dies wohl das einzige in unserer Amtshauptmannschaft, wenigstens führt Dr. R. Steche in seiner »Beschreibenden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen«, viertes Heft, keins auf, während in anderen Amtshauptmannschaften verschiedene erwähnt werden und 1885 bei Ausgabe des Heftes noch das Geyersche nicht bloßgelegt war. Der Verschönerungsverein fühlt sich übrigens den beiden Herren Gustav Morgenstern und Karl Einenkel zum Dank verpflichtet, da ersterer das Kreuz, welches auf seinem Grund und Boden gefunden wurde, bereitwilligst dem Verein übergab und letzterer die Aufstellung auf seinem Eigentume gestattete.

      Ein ähnliches Kreuz liegt umgestürzt und vergessen am Fußwege, welcher von der Ehrenfriedersdorfer Hauptstraße links von der Großschen Wirtschaft im Grunde des Greifenbaches abzweigt, einige hundert Schritte oberhalb des Röhrgrabens. Der rührige Verschönerungsverein unserer Nachbarstadt wird hoffentlich dieses Denkmal aus vergangenen Tagen vor Überackerung und Einsinken schützen.

      Hermann Lungwitz.

       Die Geyerschen Stadtpfeifer werden vom Greifenstein beschenkt.

       Inhaltsverzeichnis

      Einst hatten die Geyerschen Stadtpfeifer den Tanzenden im Thumer Ratssaale bis tief in die Nacht hinein aufgespielt und traten, nachdem der Reigen geendet, den Heimweg über den Greifenstein an. Als sie in die Nähe der alten Felsen kamen, schien es ihnen, als ob dieselben in einem besonderen Lichte erglänzten. Ein Spielmann machte den Vorschlag, zu Ehren des Greifensteins eine muntere Weise zu blasen. Wie gesagt, so gethan. Beim Abstieg nach Geyer sahen die Stadtpfeifer im Scheine des Mondes große Zinnstufen am Wege liegen, sie meinten, der letzte heftige Gewitterregen habe sie ausgewaschen. Ohne Säumen hoben sie die Stufen auf und steckten sie in ihren Rucksack. Als die Frauen und Kinder am andern Morgen die Rucksäcke nach einem Wurstzipfel oder sonst einer Gabe durchsuchten, wurden sie die Stufen gewahr und brachten sie zum Schmelzmeister. Der erkannte sie als reines Silber und lohnte die Frauen reichlich. Nutzen hingegen habe die reiche Spende des Greifensteins den Stadtpfeifern nicht gebracht, es sei alles wieder durch die Musikantenkehle geflossen.

      Hermann Lungwitz.

       Inhaltsverzeichnis

      Bereits mit dem Jahre 1510 erscheint im Erbbuch der Stadt Geyer das Besitztum Kaspar Thieles als ein ansehnliches Gut aufgeführt. Nachdem das Gut im Jahre 1535 in den Besitz Christoph Schnees übergegangen war, ließ es derselbe mit Genehmigung des Herzogs Heinrich zu einem Ritterlehen oder sogenannten Freihof erheben, um es dadurch der Stadtobrigkeit zu entziehen. Überhaupt scheint Schnee infolge seines hochfahrenden und willkürlichen Wesens zu dem Stadtrat von Geyer in sehr gespanntem Verhältnis gestanden zu haben, was aus den vielen Streitigkeiten hervorgeht. Nach dem im Jahre 1556 erfolgten Tode Schnees gestalteten sich die Verhältnisse des Freihofs »aufm Geyer« insofern ungünstig, als der nunmehrige Besitzer desselben, Heinrich von Etzdorf, als Amtmann von Koburg genötigt war, einen Verwalter, Lorenz von Wolnitz, auf dem Gute einzusetzen, der so wenig Aufsicht führte, daß der Rat in einem Schreiben vom Jahre 1564 über die durch unvorsichtige Gebaren der Gutsinsassen verursachte Feuersgefahr sich beschwerte und zugleich das Gemeindekapital von 247 fl. kündigte. Darauf sahen sich Schnees Erben nach einem Käufer um, den sie im Jahre 1565 in dem kurfürstlichen Landbaumeister Hieronymus Lotter fanden. Unter Lotters Verwaltung erreichte nicht nur das Rittergut seine Blütezeit, sondern es begann überhaupt in Geyer ein neues Leben, da Lotter den größten Teil des Geyerschen Zinnbergbaues besaß, den er schwunghaft betrieb. Von ihm erhielt das Gut den Namen »Geyersbergscher Hof« oder »Rittergut Geyersberg«, wie er es auch durch kurfürstlichen Lehnbrief vom Jahre 1569 erlangte, daß dasselbe auch auf die weibliche Linie forterben durfte. Doch trotz aller Erfolge sollte er gegen Ende seines Lebend noch in eine recht traurige Lage geraten, da er bei seinem Landesfürsten in Ungnade fiel und durch unglückliche Unternehmungen sein ganzes Vermögen verlor. Nach vierjährigem Elende starb er 1580 und hinterließ seinen 3 Söhnen ein zerrüttetes Erbe. Sie verkauften das Gut nach achtjährigem Besitze an ihren Hauptgläubiger Philipp Bruck, und dieser überließ es bereits 1590 für 1300 fl. an Paul Tanner und dessen Schwägerin Anna Buchner, die bereits vorher den Zinnhandel und Bergbau um Geyer in ihre Hände gebracht hatten. Da aber seit dem Jahre 1599, in welchem der letzte Sohn Lotters gestorben war, die Enkel des alten Lotter wieder Erbansprüche auf das großväterliche Gut erhoben, so kam es zu einem recht langwierigen Streit zwischen ihnen und den Tannerschen und Buchnerschen Erben, woraus der häufige Wechsel der Besitzer des Geyersberges erklärlich wird. Es folgten nämlich auf die Anna Buchner im Jahre 1615 zunächst deren Erben bis 1617, dann Paul Tanner auf Neunhof, von welchem es im Jahre 1619 der Hauptmann und Bergrat Samson von Hohenwald in Preßnitz kaufte. Letzterer suchte besonders durch Bierbrauerei und Holzverkauf Nutzen aus dem Rittergute zu ziehen, obwohl er die Kaufsumme für das Gut nie erlegte, sondern nur ein Angeld von 600 fl. an Tanner entrichtet hatte. Inzwischen wußten die Enkel des alten Lotter durch kurfürstlichen Bescheid den Kauf des genannten Hohenwald rückgängig zu machen und verglichen sich bald darauf mit den Tannerschen und Buchnerschen Erben, sodaß das Rittergut samt Zinnbergwerk im Jahre 1627 in den Besitz Ludwig Lotters gegen Zahlung von 5000 fl. überging. Alle Bemühungen des neuen Besitzers um Hebung des arg vernachlässigten Gutes waren erfolglos in der Schreckenszeit des 30jährigen Krieges; denn zweimal wurde der Geyersberg geplündert, sodaß er 3 Jahre lang im wüsten Zustande blieb. Lotter selbst wurde öfter von den Feinden mißhandelt und gepeinigt. Als er kurz nach dem Friedensschlusse aus dem Leben schied, hatte der Besitz des Gutes so wenig Verlockendes für seine Erben, daß das Gut bereits 1652 an einen böhmischen Exulanten, Edeslaw von Stampach, verkauft wurde, der bereits das benachbarte Rittergut Tannenberg besaß. Er erlebte ruhigere Zeiten bis zu seinem Tode im Jahre 1666. Seine beiden Töchter verkaufen schon 1669 das väterliche Erbe an den Obersten Heinrich von Bünau für 1000 Mfl., welchem aber nur eine zehnmonatliche Verwaltung desselben beschieden