Dein zahlreich Volk auf magerm Land,
Wie rührt es froh und flink die Hand:
Glückauf, Glückauf, du wackerer Stamm!
Orangen wachsen dir nicht wild,
Auch Myrte schwer gedeiht,
Dafür belebet dein Gefild
Lust und Zufriedenheit.
Und wird auch rar dein glänzend Erz:
Du machst gesund ein jeglich Herz:
Behüt dich Gott, du fröhlich Land!
T. S.
3. Die Bedeutung des Erzgebirges für das Vaterland.
Das Erzgebirge ist seinem Hauptteile nach ein Kammgebirge. Untergegangen sind die Erinnerungen an die Wenden, bis auf einige Ortsnamen in ihrer Sprache. Auch sind im Aberglauben noch schwache Spuren des kleinen, schwarzhaarigen, fremdsprechenden Volkes, das im verschwiegenen Waldthale dem wenig freigebigen Boden mühsam Nahrung abrang, sich in selbstgewebte grobe Leinen kleidete und vielleicht mit dem behaarten Fell des bekämpften und erlegten Waldtieres gegen das rauhfeuchte Klima des Miriquidiwaldes schützte.
Germanen bewohnten das Gebirge erst vom 14. Jahrhundert an. Im 15. Jahrhundert werden Neustädtel, Schlema, Grünhain außer wendisch benannten Orten schon erwähnt. Da nur wenige zum Kamme vordrangen, blieb das wilde Waldgebirge eine Scheidewand zwischen den Wohnplätzen der Slaven in Böhmen und derer in Sachsen. Die Scheidewand erleichterte die Erhaltung und Einführung des Deutschtums und damit einer höheren Entwicklungsstufe.
Diese schützende Rolle spielte das Gebirge auch im Hussitenkriege. Die Gebirgsmauer hinderte die Unternehmungen der Hussiten sehr, indem sie von einem eigentlichen Besitzergreifen des Landes abgehalten wurden.
Als im 30jährigen Kriege Sachsen Kriegsschauplatz wurde, da hinderte das Gebirge den österreichischen Kaiser, das für ihn als Wiege der Reformation wichtige Land zu behaupten und unmittelbar Einfluß zu gewinnen.
Wie in geschichtlicher, so ist auch in natürlicher Beziehung das Gebirge wichtig für Sachsen. Noch heute finden wir stattliche Wälder. Der Wald aber ist der Vermittler zwischen Luft und Erde. Den rasenden Lauf der Stürme weiß der Wald zu besänftigen, die gefahrdrohende Gewitterelektrizität leitet er ab, das Wasser lenkt er in die Tiefe, aus der es in dem Seitenthale als Quelle hervorbricht, die Fluren des Landmanns tränkt er, dem Müller treibt er die Mühle und günstige Gelegenheit zur Ansiedlung bietet er allen denen, die der Wasserkraft bedürfen. Solche Ansiedlungen bergen die Thäler der Mulde, der Zschopau, der Sehma, der Chemnitz. Im Sommer dient das Gebirge als die Sparbüchse, die bei Wassermangel noch die Not lindern kann. Außer dem Wasser spendet das Gebirge auch dem Lande Holz, das als Brenn- und Bauholz verwertet wird. Zu erwähnen sind besonders die auf den Holzreichtum sich stützenden bodenständigen Gewerbe, so früher die Glasfabrikation, jetzt die Holzschleiferei und Spielwarenfabrikation. Auch die Eisenindustrie, die früher im Gebirge blühte, war auf den Holzreichtum zurückzuführen. Das Erlöschen derselben folgte auf die Verteuerung des Holzes. Wichtig sind auch die Torflager.
Aber auch im Innern birgt das Erzgebirge Schätze fürs Land. Im steinernen Gebirgskörper schlummerten Silberadern. Die Reichtümer verhalfen den Landesfürsten zur Hebung der Macht und des Einflusses unseres Landes. Es entstanden neue Bergorte, die vielfach für die Entwicklung des Landes auch in geistiger Beziehung wichtig geworden sind: wie Freiberg, Annaberg und andere Städte.
Mit dem Erzbergbau in Verbindung stehen die Blaufarbenwerke, die von bedeutendem Einfluß auf Handelsbeziehungen zum Auslande wurden. Ihren eigentlichen Ursprung haben die großartigen chemischen Fabriken in den Glashütten gehabt, die der Holzreichtum des Gebirges in Begleitung der Bergwerke entstehen ließ. 1822 erfand in Schneeberg Dr. Geitner die Bereitung des wichtigen Argentans oder Neusilbers. Eine Grube bei Aue lieferte Böttcher den Stoff zu seinen Versuchen, deren Ergebnis die Porzellanerzeugung in Sachsen wurde.
Da die Bergleute Freunde des Bergmannssohnes Luther waren, so steht auch mit dem Bergbau in Verbindung die Einwanderung Vertriebener aus katholischen Ländern. Die Einwanderer brachten Gewerbefleiß und neue Beschäftigungsarten ins Gebirge. Selbst nach dem Erliegen des Bergbaues finden wir noch die Bodenbeschaffenheit wesentlich. Die dichte Bevölkerungszahl im Bergbaugebiete erleichterte das Entstehen der Hausindustrie, wie der Spitzenklöppelei und der Posamentenfabrikation.
Erst in neuerer Zeit sind die Kohlen, die am Fuße des Erzgebirges reichlich vorhanden sind, von so weittragender Bedeutung geworden. Im Zeitalter der Dampfkraft sind Kohle und Eisen Träger und Stützen der Industrie.
Aus alledem geht hervor, daß unser heimisches Gebirge bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung unseres gesamten Vaterlandes geübt hat.
Nach Dr. Jacobi.
4. Das Obererzgebirge.
Das Erzgebirge zerfällt in das westliche, mittlere und östliche Erzgebirge. Das mittlere liegt zwischen Schwarzwasser und Freiberger Mulde. Elster und Gottleuba begrenzen das ganze Gebirge im Westen und Osten.
In der Richtung von Süd nach Nord unterscheidet man das Obere und das Niedere Erzgebirge; jenes reicht von dem zusammenhängenden Kamme, der eine durchschnittliche Höhe von 800 m hat, etwa bis Falkenstein, Schneeberg, Thum, Wolkenstein, Frauenstein und Schmiedeberg; dieses von den genannten Orten bis in die Gegend von Zwickau, Lichtenstein, Chemnitz, Frankenberg, Hainichen, Nossen, Tharandt. Im mittleren Teile des Erzgebirges kommt der jähe Absturz nach Süden und die sanfte Abdachung nach Norden am meisten zur Geltung.
Das Gebirge besteht aus Urgebirgsarten: Thon- und Glimmerschiefer, Gneis und Granit. Gneis herrscht im Osten vor und reicht bis weit ins mittlere Erzgebirge nach Schlettau, Wolkenstein, Schellenberg. Der Gneis ist die wahre Erzmutter. Um Eibenstock herrscht der Granit. Besonders bemerkenswert sind die Basaltberge des Obererzgebirges: Pöhlberg, Bärenstein, Scheibenberg.
Aus Urgebirge bestehen: Keilberg (1238 m), Fichtelberg (1213 m), der Spitzberg bei Gottesgab (1107 m), der Auersberg bei Wildenthal (1021 m), der Kupferhügel bei Kupferberg (906 m), der Schneckenstein bei Gottesgab (874 m), die Morgenleite bei Schwarzenberg (808 m), der Greifenstein bei Geyer (731 m).
Die Basaltberge sind: der Haßberg bei Preßnitz (991 m), der Bärenstein bei Weipert (898 m), der Pöhlberg bei Annaberg (832 m), der Scheibenberg bei gleichnamiger Stadt (805 m), letztere drei in Grabhügelform.
Bei Eibenstock, Schwarzenberg und Crottendorf befinden sich große Staatsforsten. Fichtenwald herrscht vor, doch finden sich bei Marienberg und Steinbach auch zusammenhängende Buchenbestände.
Die wichtigsten Flußthäler des Obererzgebirges sind: das Schwarzwasserthal, das Zschopauthal, das Flöhathal, das Sehmathal. Das wildeste ist das der schwarzen Pockau.
Im Obererzgebirge sind folgende meteorologische Stationen zu merken: Annaberg, Oberwiesenthal, Reitzenhain. Dem Obererzgebirge ist bisher die Cholera fern geblieben. Bei Gottesgab und Oberwiesenthal erntet man nur Hafer und Kartoffeln.
Bei der Urbarmachung des Gebirges verfuhr man nach dem Grundsatze: »Wo der Pflug kann gehn, soll der Wald nicht stehn.« Am Kamme des Gebirges beträgt die Bevölkerungsdichtigkeit 90–95 auf den Quadratkilometer, am Abhange 145–155.
Wie anderwärts, so hat sich auch im Obererzgebirge jede Industrie in bestimmten Bezirken festgesetzt, demgemäß giebt es bestimmte Industriebezirke. Holzschleifereien, Sägemühlen, Baumwoll-, Woll- und Flachsspinnereien, also alles Fabriken, welche Wasserkraft brauchen, finden sich in den Thälern der Sehma, der Pöhla, der Preßnitz, der Zschopau, der Flöha.
Bei Eibenstock und Schwarzenberg