Hermann Hoernes

Die Luftschiffahrt der Gegenwart


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mehr gegen das Ende der Flügel zu, um den Trägheitshalbmesser möglichst groß zu bekommen. Sie kann Dreiecks- oder Trapezform erhalten, meist wird sie länger als breit ausfallen.

      Sehr empfehlenswert sind nachstehend abgebildete Schraubenformen, welche für große Tourenzahlen berechnet sind.

      Entschieden ist auch noch nicht die Frage, ob viele kleine Flügel, oder wenige, große Flügelflächen vorteilhafter sind. Beide Arten haben ihren Vertreter.

      Auch bezüglich des Schraubendurchmessers sind sehr geteilte Meinungen vorhanden.

      Während z. B. Pichault und Jarolimek nur solche von höchstens bis zu 0·5 m Durchmesser empfehlen, hatten nachfolgende ausgeführte Schrauben folgenden Durchmesser:

      

Giffard 3.5 m
Dupuy de Lôme 9.0 m
Haenlein 4.6 m
Tissandier 2.9 m
Renard, Krebs 7.0 m
Maxim 5.43 m

      was einem tatsächlichen Mittel von 5.4 m entspricht.

      Auf einer Achse kann endlich entweder nur eine Schraube oder ein System unter sich versetzter Schrauben aufgebracht werden. Auch darüber fehlen leider Versuche, obgleich dies eine der allerwichtigsten flugtechnischen Fragen ist.

      Es ist besonders zu bestimmen, wie groß die Entfernung der einzelnen Flügel voneinander sein soll, und wie viele man auf eine Achse überhaupt aufsetzen kann.

      Sehr verschieden ist der Wirkungsgrad einzelner Schrauben; die besten bis nun konstruierten hatten circa 50-60%.

      Hervorzuheben ist die vermehrte Hebewirkung der Hub- und Universalschrauben bei Wind.

      Die einzelnen Umlauf-Geschwindigkeiten betrugen bei den bis jetzt ausgeführten Schrauben bei:

Giffard (1852) 3.5 m
Dupuy de Lôme (1872) 9.0 m
Haenlein (1872) 4.6 m
Tissandier (1883-84) 2.85 m
Renard-Krebs (1884-85) 7.0 m
Maxim (1894) 80.0 m

      Über die Anbringung der Schrauben, ihre Inbetriebsetzung, ob durch Riemen oder mit Seilen, bei denen ein empfindlicher Effektverlust durch Gleiten unvermeidlich ist, oder durch Friktions-, eventuell Zahnräder, welche wieder ein bedeutendes Gewicht beanspruchen, ist noch fast gar nichts kalkuliert worden.

      Trotzdem ist die Schraubenfrage eine der wichtigsten, welche, wie alle vorbenannten, dringend eines eingehenden Studiums bedarf.

      Nicht zuletzt kommt die Frage nach der besten Konstruktion der Luftschrauben überhaupt, ob nicht etwa gefächerte Flügelflächen, und welches Material dabei in Anwendung kommen soll. Wie man sieht, eröffnet sich hier der Tätigkeit des Experimentators ein weites Feld.

       Inhaltsverzeichnis

      Die hauptsächlichsten Eigenschaften, welche flugtechnischen Zwecken dienende Materialien besitzen sollen, sind:

      1 möglichst geringes spezifisches Gewicht,

      2 möglichst große Festigkeit,

      3 entsprechende Elastizität.

      Von den einzelnen Werkstätten für aëronautische Zwecke wollen wir hier nicht weiter sprechen. Die Figur 7 läßt uns einen Blick in das Luftschifferatelier von Lachambre, einem Pariser Etablissement, tun, wo die lenkbaren Ballons von Santos Dumont erzeugt wurden. Solche Werkstätten gibt es in Paris mehrere, die hervorragendste ist jene von Surcouf, dann nenne ich noch das Atelier Godard, Mallet Yon und Besançon; in Augsburg befindet sich das ausgezeichnete, derartige Etablissement von August Riedinger.

       Fig. 7. Blick in die aëronautische Werkstatt von Lachambre in Vaugirard.

      Was die einzelnen Baumaterialien betrifft, so ist das relativ leichteste, d. i. das bei gleichem Gewichte und gleicher Festigkeit leichteste Material der Stahl, ihm dürfte aber in dem Magnalium ein erfolgreicher Konkurrent erstehen.

      Für flugtechnische Zwecke finden hauptsächlich Verwendung:

      1 Stahl.

      2 Aluminium samt seinen Legierungen, wie Magnalium, Patinium etc. als Ersatz für Gußeisen etc., Aluminiumröhren für Oberflächenkondensatoren etc.

      3 Eschen- und Tannenholz,

      4 Indische Strauchgattungen,

      5 Papiermaché, vulkanisierter Kautschuk,

      6 Seide, Perkal etc.

      Bei Yon in Paris sah ich eine sehr gute Kombination aus Furnierholz, Seide und Stahlnetzen, das Ganze geleimt und in eine cylindrische Form von circa 8 m Länge und 30 cm Durchmesser gebracht. Ich konnte diese Stange mit einer Hand leicht heben. Trotz ihrer Leichtigkeit hatte sie dabei augenscheinlich eine ziemlich bedeutende Festigkeit.

      Sehr leichte Flügelflächen für Modelle können auf folgende Art hergestellt werden:

      Man nimmt eine Eschenstange, setzt kammförmig in Abständen von 2-3 cm Mittelrippen von 1-1.2 m Länge ein, und überklebt sie mit Papier, Seide u. dgl. Diese Rippen erhält man aus Blättern ostindischer Palmen, welche auf den Schiffen zur Verpackung überseeischer Güter benützt werden. Aus diesen circa 1-1.2 m langen Blättern wird die Hauptrippe herausgeschnitten und abgeschält. Sie hat eine Stärke von 3-5 mm und spitzt sich nach den Enden hin auf circa 1 mm zu.

      Die Elastizität der Materialien spielt beim Bau der Luftschiffe eine bedeutend größere Rolle als anderswo. Die Schrauben-Tragflächen, die mit der Luft in Berührung kommen, erfordern ein inniges Anschmiegen an die Luftmoleküle zur Vermeidung von Wirbelbildungen. Stöße und Erschütterungen sind speziell beim Landen unvermeidlich, weshalb spröde, glasharte Körper nicht in Verwendung kommen dürfen.

      Zur Gewichtserleichterung wird es sich fast ausnahmslos empfehlen, die Achsen, Wellen etc. hohl, und von Versteifungsdrähten den ausgedehntesten Gebrauch zu machen.

      Auch dieses Kapitel ist noch sehr wenig durchgearbeitet, worauf hier nur kurz verwiesen wird.

      Bei den heutigen Maschinen kann das Fundament fast immer sehr massig gemacht werden; auf eine leichte Bauart wird im allgemeinen nur bei den hin- und hergehenden Massen der Dampfmaschinen gesehen, während sonst förmlich eine Verschwendung an Material platzgreift, welches die vielen auftretenden Stöße aufnehmen soll und daher eher gesucht als vermieden wird.

      Bei der Flugtechnik ist dies anders, sie wandelt