1. Die Luft.
Das Studium der Eigenschaften der atmosphärischen Luft bildet die Basis aller flugtechnischen Betrachtungen.
Im gewöhnlichen Leben nimmt man von der Existenz der Luft nicht viel Notiz. Sie als einen wirklichen Körper zu betrachten, fällt uns in der Regel nicht ein und doch muß man dies, denn die einzelnen Flugobjekte durchfliegen nicht nur die Luft, sondern diese ist auch jenes wichtige und gewichtige Medium, welches einerseits die erforderliche Tragkraft liefert, anderseits den zu überwindenden Widerstand leistet.
Es kann nicht Aufgabe dieser Zeilen sein, die für die Flugtechnik so wichtigen Eigenschaften der Luft alle detailliert zu besprechen. Ihre eingehende Behandlung fällt teils in das Gebiet der Physik, teils in jenes der Meteorologie und würde für sich allein einen stattlichen Band ausmachen. Nur flüchtig soll daher auf das weite Gebiet dieses Themas hingewiesen und jedem ernsten Flugtechniker ans Herz gelegt werden, sich wohl vertraut zu machen, nicht nur mit der Zusammensetzung der Luft, sondern auch mit den so variierenden Temperaturverhältnissen, der Abnahme der Wärme mit der Höhe, den Vorsichten bei der Messung der Temperaturen, dem Drucke und dem Gewichte der Luft, dem Einflusse der einzelnen Faktoren auf die verschiedenen Eigenschaften der Luft, der Feuchtigkeit, respektive dem Wassergehalte der Luft, der Bildung der Niederschläge, der Bewölkung etc. Auch die akustischen, optischen und elektrischen Erscheinungen der Atmosphäre, sowie insbesondere die Elastizität der Luft, sind Eigenschaften, welche den Luftschiffer intensiv interessieren.
Man nahm einst an, die Verhältnisse zwischen Luft und Wasser seien sehr ähnlich, was jedoch nicht in dem Maße der Fall ist, als man, besonders früher, glaubte. Abgesehen davon, daß ja die Luft circa 777mal leichter als das Wasser ist, ist sie weit leichter zusammendrückbar als letzteres und ihm an Elastizität unendlich überlegen. Deshalb sind, wie neuere Forschungen immer mehr dartun, die von Experimenten mit Wasser herrührenden Erfahrungsresultate keineswegs so ohne weiteres auch auf die Luft zu übertragen.
Von besonderer Bedeutung ist das mit der Höhe abnehmende spezifische Gewicht der Luft. Dieses ist sehr variabel, also bei weitem kein konstanter Wert, sondern abhängig von der jeweilig herrschenden Temperatur und dem Barometerstande, in geringem Maße auch von dem vorhandenen Grade der Feuchtigkeit.
2. Der Wind.
Ein weiteres, sehr beachtenswertes Element, mit dem die Flugtechnik rechnen muß, ist der Wind.
Dieser ist nichts anderes, als in Bewegung begriffene Luft. Er entsteht durch Druckunterschiede in der Atmosphäre, indem Luft aus den Bereichen höheren, in die niederen Druckes fließt.
Während die Meteorologie sich zumeist mit der Ermittlung der Hauptwindrichtung und der durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten, deren täglichen Perioden, der Verteilung des Windes auf der Erde und dem gesetzmäßigen Auftreten beider, den Schwankungen u. dgl. befaßt, studiert die Flugtechnik außerdem noch die Einwirkung des Windes auf die Flugobjekte, die in kleinen Intervallen auftretenden primären und sekundären Schwankungen des Windes, der vertikalen und horizontalen Richtung und der Geschwindigkeit nach.
Bezüglich der Windarten unterscheiden wir zwischen gleichmäßig wehendem Wind, welcher in der Natur zumeist nur für wenige Augenblicke vorkommt und zwischen stoßweisem Wind, welcher, wenigstens in der Nähe der Erdoberfläche, als die Regel angenommen werden muß.
Alle Berechnungen können sich nur auf die erstere Gattung des Windes beziehen; jedoch muß man sich die letztere Eigenschaft des Windes dabei stets vor Augen halten. Die Unbeständigkeit der Luftströmungen zeigen uns (in größeren Höhen) nicht nur die Wolken und die Ballonfahrten an, sondern auch (in den niederen Schichten der Atmosphäre) der aus den Schornsteinen aufsteigende Rauch, die wirbelnden Blätter, der Staub, das Treiben des Schnees, das Wogen der Saatenfelder, das Rauschen der Wälder etc.
Zum Messen der Windgeschwindigkeiten hat man in neuester Zeit besonders sinnreiche Apparate konstruiert, welche auch die in kleinen Zeiträumen wiederkehrenden Fluktuationen des Windes zu beobachten gestatten. Es sei hier unter anderem auf die Apparate von Lilienthal, Wellner und Langley kurz verwiesen, sowie auf meine in der Broschüre »Ballonbeobachtungen und deren graphische Darstellung« enthaltenen Anweisungen darüber.
Versuche und Messungen ergeben, daß die Windgeschwindigkeiten innerhalb nur weniger Sekunden sehr bedeutend differieren, so daß (wenn man sich die Zeiten auf einer Abszissenachse, die Geschwindigkeiten auf einer Ordinatenachse aufträgt) selbe durch größere oder kleinere Wellenlinien wiedergegeben werden, in deren auf- und absteigenden Ästen wieder sekundäre Schwankungen auftreten.
Die bisherigen Versuche zeigten, daß der Ablenkungswinkel gegen die mittlere Windrichtung oft 10-20 und mehr Grade beträgt, die Differenzen des Neigungswinkels der jeweiligen Windstriche gegen die Horizontale übersteigen nicht selten selbst im ebenen Terrain 5-6 Grade. Eine mechanische Ausnützung dieses Umstandes durch Flugobjekte ist schwer denkbar. Trotzdem muß man diese Eigentümlichkeit des Windes sich stets gegenwärtig halten. Wer weiß übrigens, ob diese sekundären Schwankungen für schnell fliegende Luftschiffe wirklich von Belang sind?
Von besonderer Wichtigkeit ist die Geschwindigkeit und die Richtung des Windes, welche für die Bahn des Luftschiffes über der Erde von entscheidendem Einflusse wird.
Gleichmäßig wehender Wind ist wohl auf die vertikale Bahn des Flugobjektes ohne Einfluß, weil letzteres die Geschwindigkeit des Windes annimmt und alle Rechnungen bezüglich der Tragfähigkeit, Bahn etc. so auszuführen sind, als ob gänzliche Windstille herrschen würde, doch variiert die Geschwindigkeit des zurückgelegten Weges sehr bedeutend, je nachdem Mit- oder Gegenwind weht. Es ist ein alter Erfahrungssatz, daß gerade für Anfänger die sogenannte Windfrage meist eine Klippe bildet, über die zu kommen, bei der großen Zahl der auf diesem Gebiete existierenden Schriften höchst fraglichen wissenschaftlichen Wertes, oft recht schwer fällt.
Detaillierte Angaben über Richtung und Geschwindigkeit des Windes, dessen Häufigkeit und Wechsel, respektive Zunahme mit der Höhe und alle für Luftschiffahrt in Betracht kommenden Faktoren findet man in meinem Buche »Lenkbare Ballons« auf den Seiten: 59-93, ferner auf den Seiten 188-203.
3. Der Luftwiderstand.
A. Allgemeines.
Der Luftwiderstand ist die Ursache der in der Luft verzögerten Bewegung von Flugobjekten im Gegensatze zur Bewegung im luftleeren Raume.
Das Luftwiderstandsgesetz ist jener analytische Ausdruck, welcher den Einfluß sämtlicher, die absolute Größe des Luftwiderstandes bestimmenden Elemente rechnungsmäßig darstellt.
Hervorgerufen wird der Luftwiderstand dadurch, daß das Flugobjekt an die Luft eine bestimmte Menge Energie überträgt.
Wie aus Obigem hervorgeht, ist der Luftwiderstand eine Kraft, welcher bei Bewegung des Flugobjektes an demselben wirkt und einen Verlust an Energie hervorbringt. Dieser Verlust muß, nach dem bekannten Satze von der Arbeit, wonach die Aktion stets dasselbe Maß an Reaktion hervorbringt, gleich sein der auf die Luft übertragenen Energie-Menge.
Wie an jeder Kraft, ist auch an dem Luftwiderstande zu unterscheiden zwischen der Größe und der Richtung derselben. Diese Elemente hängen, wie eine einfache Überlegung lehrt, ab von:
a) der Geschwindigkeit der Bewegung;
b)