Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman


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hat ja die Erfahrung gelehrt«, schloß er bitter, und die Mutter sah ihn bekümmert an.

      »Junge, daß du über die Enttäuschung noch immer nicht hinwegkommen kannst! Halt doch nun endlich einmal Generalappell über dein Herz. Die Sache ist für dich noch genauso aussichtslos, wie sie war«, sprach sie ihm gütig zu, und er lächelte.

      »Generalappell über ein Herz halten, Muttchen? Welch ein nutzloses Beginnen! Wenn die Liebe erst fest darin sitzt, läßt sie sich den Platz nicht streitig machen, selbst über jede Aussichtslosigkeit hinweg.«

      »Wenn der Mensch so resigniert wie du«, setzte sie trocken hinzu. »Er hat doch nicht nur ein Herz, sondern auch einen Verstand. Und den mußt du eindringlich sprechen lassen, Holger. Willst du denn ewig dieser Frau nachtrauern und deshalb unverheiratet bleiben?«

      »Muttchen, sei doch nicht so empört! Warum soll ich denn überhaupt heiraten? Ich fühle mich bei dir sehr wohl«, sagte der Sohn.

      »Ich lebe aber nicht ewig, Junge. Außerdem hast du jetzt Pflichten gegen unsere kleinen Mädchen, die eine jüngere Betreuerin haben müssen als mich. Siehst du das ein?«

      »Nein«, war die gelassene Antwort. »Du mit deiner glänzenden Konstitution wirst bestimmt noch so lange leben, bis unsere Kleinen erwachsen sind. Und eine bessere Betreuerin als dich können sie gar nicht bekommen, da die Bande des Blutes sich mit ihnen verbinden.«

      »Ach, über diesen hartnäckigen Bengel!« mußte sie widerwillig lachen. »Wenn ich nur könnte, dann würde ich dir ein Mittel gegen den Liebestrank geben, den diese Mechthild dir eingeflößt zu haben scheint.«

      »Tu es, Muttchen – und ich werde dir ewig dankbar sein. Vielleicht verliert der erwähnte Trank seine Wirkung, wenn ich öfter mit Mechthild zusammenkomme. Denn was man aus der Ferne anschwärmt, kann die wirkliche Nähe als Alltäglichkeit real werden lassen. Daher lade sie bitte ein und sorge dafür, daß sie uns recht oft besucht. Willst du?«

      »Nicht gern, mein Junge. Denn ich bin ihr noch immer gram, daß sie dir so bitteres Herzeleid zugefügt hat. Aber was tut man nicht alles, seinen Kindern zuliebe. Daher will ich deinen Wunsch erfüllen. Mag sie heute nachmittag zum Kaffee kommen und Ebba mitbringen, damit ich sie in Augenschein nehmen kann.«

      »Was habe ich doch für ein gutes Muttchen«, beugte er sich gerührt über ihre Hand. »Darf ich also Mechthild deine Einladung übermitteln?«

      »In Gottes Namen«, war die resignierte Antwort.

      *

      Um die Kaffeezeit trafen dann Mechthild nebst Tochter im Hadebrandthause ein. Als erstere die Dame des Hauses begrüßte, war sie sehr befangen. Ihre Stimme bebte, als sie leise sagte: »Ihre Güte beschämt mich, Tante Anne. Ich habe sie wahrlich nicht verdient.«

      Dieses Verhalten machte das Herz der alten Dame weich. Der Groll begann langsam daraus zu schwinden, den sie gegen die Frau hegt, die Holger so bitter weh getan. Lächelnd strich sie über den Kopf dieses feinen,

      liebenwerten Menschenkindes, worauf ein dankbarer Blick sie traf.

      Nun nahm Frau Hadebrandt auch Ebba diskret in Augenschein, die durchaus keine Befangenheit zeigte, sondern sehr selbstsicher auftrat.

      Hübsch ist das Balg – stellte sie bei sich fest. Viel zu hübsch – leider! Das Gegenteil wäre ihrem selbstherrlichen Charakter dienlicher.

      Nun, ungerecht wollte sie nicht sein, erst beobachten, dann urteilen.

      »Na, Ebba, du bist ein großes Mädchen geworden«, zwang sie sich zur Liebenswürdigkeit um Mechthilds willen. »Wie ich hörte, hast du der Schule Lebewohl gesagt. Stimmt das?«

      »Ja – Gott sei Dank! Wie froh bin ich doch, daß ich nun nicht mehr zu lernen brauche!«

      »So, so. Dann gedenkst du also Freifräulein zu spielen?« fühlte Frau Hadebrandt ihr auf den Zahn, was Ebba schmollend den Mund verziehen ließ.

      »Möchte ich schon. Aber leider gehöre ich zu den armen Mädchen, die einen Beruf ergreifen müssen.«

      »Und wozu hast du dich entschlossen?« forschte die Dame weiter und war nicht wenig erstaunt, als die unerwartete Antwort folgte:

      »Ich gehe als Volontärin in Holgers Betrieb. Dagegen hat selbst meine Mutter nichts einzuwenden.«

      Ja, das war Frau Hadebrandt ganz neu, denn der Sohn hatte ihr gegenüber diese Neuigkeit mit keinem Wort erwähnt. Sollte er denn wirklich so töricht sein, dieses flatterhafte Geschöpf in seinem Betrieb aufzunehmen? Er war doch überall dafür bekannt, nur mit tüchtigen, sehr gut geschulten Kräften zu arbeiten.

      Sie kam zu keiner Antwort, weil das Hausmädchen erschien und zur Kaffeetafel bat. Man ging nach dem gemütlichen Frühstücksstübchen hinüber, wo der Kamin eine mollige Wärme ausströmte, die man an dem kühlen Frühlingstag noch gut vertragen konnte.

      »Herrlich ist es hier«, sagte Ebba, während sie gleich den anderen an dem runden Tisch Platz nahm. »Alles noch genauso wie vor drei Jahren.« Sie berührte ohne jede Verlegenheit ein heikles Thema, das den anderen drei Menschen peinlich und überaus schmerzlich war. Sie legte dabei ein Stück Torte nebst viel Sahne auf den Teller und plauderte, als wäre sie die Hauptperson.

      Um so stiller war Mechthild. Nachdem sie die Räume wieder betreten, in denen sie ein Vierteljahr lang so unbeschreiblich glücklich gewesen, spürte sie mit grausamer Deutlichkeit, was sie aufgegeben hatte.

      »Ebba«, mahnte sie verlegen, als diese nach dem zweiten Stück Torte griff, ohne von der Hausherrin dazu aufgefordert zu sein. Bittend sah sie diese an, die ihr dann begütigend zunickte.

      »Mag die Kleine nur essen, es ist ja genug da. Auch für die Leckermäulchen noch.« Dabei zeigte sie auf die Kinder, die Hand in Hand herbeitrippelten und mit sehnsüchtigen Augen nach der Torte sahen.

      »Kommt nur näher«, ermunterte die Großmutter. »Ein Weilchen dürft ihr hier schon bleiben. Sagt unseren Gästen guten Tag.«

      Das wurde artig befolgt. Zierlich knicksten die Dirnlein auch vor Ebba, die sie verblüfft betrachtete.

      »Wo kommen die denn her?« platzte sie heraus. »Nachbarskinder?«

      »O nein – unsere«, entgegnete Frau Hadebrandt mit feinem Lächeln. »Gefallen sie dir etwa nicht?«

      »Doch – sie sind ganz niedlich. Aber seit wann habt ihr denn Kinder? Ist Holger etwa verheiratet?«

      »Leider nicht. Das sind die Kinder meines verstorbenen Sohnes.«

      »Ach so. Wußtest du, daß die hier sind, Mutti?«

      »Ja.«

      »Und warum hast du mir davon nichts erzählt?« fragte Ebba in einem Ton, der der Mutter die Röte ins Gesicht trieb.

      »Weil ich nicht wußte, ob dich das interessieren würde.«

      Die kleinen Mädchen sahen mit großen Augen auf das Fräulein, das ihnen kein bißchen gefiel. Brigit, die schon wußte, daß man nicht immer sagen darf, was man denkt, behielt ihre Meinung für sich. Allein Ann-Magret hatte noch nicht so vielen Schliff. Daher zeigte sie mit ihrem Fingerlein ungeniert auf Ebba und machte ihrem Herzen Luft: »Is die aber frech. Nis Bigit?«

      »Und du wohl nicht, was?« empörte sich die kritisierte, zumal sie sich ärgerte, daß die Erwachsenen herzlich lachten. Sogar ihre Mutter. Das war ja noch schöner! Anstatt sie dem vorlauten Balg eine Rüge erteilte, zog sie es zu sich heran und streichelte es.

      »Wie heißt du denn, mein Kleines?« fragte sie zärtlich.

      »Ann-Maget Haseband«, gab das Kind Auskunft. »Und das ist sßester Bigit.«

      Lustig klatschte es in die Patschen, als die andern, außer Ebba, wieder

      lachten. Tat frohgemut mit und war dabei so allerliebst, daß Mechthild den kleinen Schelm auf den Schoß hob und liebevoll an sich drückte. Mit dem andern Arm umfaßte sie Brigit, die sich an ihre Seite schmiegte. Es war ein wunderholdes Bild, das Holger