Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman


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während seine Lippen die Worte formten:

      »Dann hat sie mich mißverstanden. Sie sprach wohl zu mir davon, daß sie in meinem Betrieb gern arbeiten möchte, allein, ich habe sie nicht ernst genommen. Denn ich glaube nicht, daß sie sich für den kaufmännischen Beruf eignet.«

      Das war ein Schlag auf das empfindsame Mutterherz. Wenn sie selbst auch nicht mit ihrem Kind ganz zufrieden war, so konnte sie es jedoch nicht vertragen, wenn andere an ihm etwas auszusetzen fanden.

      »Wie können Sie das so ohne weiteres behaupten!« erregte sie sich. »Sie kennen Ebba doch viel zu wenig, um ihr die Eignung für diesen Beruf rundweg abzusprechen. Was andere Mädchen schaffen, wird Ebba mit ihrer Intelligenz bestimmt auch. Aber wenn Sie nicht wollen…«

      »Mechthild«, mahnte er vorwurfsvoll. »Warum gleich so heftig? Ich habe über Ebba gewiß nichts Nachteiliges sagen wollen, dazu kenne ich sie wirklich zu wenig. Aber ich denke mir, daß ein Mädchen, das Schauspielerin oder Mannequin werden will, keine tüchtige Buchhalterin oder Stenotypistin werden kann.«

      »Doch«, kam die Antwort herb. »Meiner Ansicht nach müßten Sie es mit Ebba als Lehrling erst versuchen, bevor Sie sich ein Urteil über ihre Fähigkeiten erlauben dürfen. Nicht wahr, Tante Anne?«

      »Da ist schwer etwas zu sagen«, versuchte diese sich jeder Einmischung zu entziehen. »Ich pflege Holger in geschäftlicher Beziehung niemals dreinzureden, weil ich nichts davon verstehe.«

      Ihr Sohn tat ihr leid, der, wie sie ihm deutlich anmerkte, einen harten Kampf mit Verstand und Herz kämpfte. Was würde siegen?

      Also doch das Herz – stellte sie, einen Seufzer unterdrückend, bei sich fest, als sie ihn sagen hörte – allerdings sachlich und kühl: »Wenn Sie das so auffassen, dann will ich nicht weiter einwenden, sondern die spätere Erfahrung sprechen lassen. Ich werde eine Probezeit von einem Vierteljahr festsetzen, in dem ich Ebba auf ihre Fähigkeiten als kaufmännische Angestellte prüfen will. Hat sie diese, dann wollen wir sie in eine Handelsschule schicken, wo sie sich alles theoretische Wissen gründlich aneignen kann. Nach Absolvierung derselben macht sie dann noch ein praktisches Jahr in meinem Betrieb durch und kann dann beruhigt einen Posten annehmen. Einverstanden, Mechthild?«

      »Nicht ganz. Läßt sich die Handelsschule denn wirklich nicht umgehen, Holger? Bei Ihnen würde sie doch alles viel rascher und besser lernen.«

      »Mechthild, nun nehmen Sie doch Vernunft an! Auf meinen Schultern ruht ein Bündel von Arbeit, das oftmals kaum tragbar ist. Meine Zeit ist genau eingeteilt, daß mir beim besten Willen keine mehr bleibt, um meine Lehrmädchen persönlich auszubilden. Und dann wissen Sie ja, daß ich viel auf Reisen bin.«

      »Dann könnte der Prokurist Ebba doch unterweisen.« Sie blieb hartnäckig, was einen Unwillen in ihm aufsteigen ließ, den er kaum meistern konnte. Daher klang seine Antwort schroffer als er gewollt:

      »Unmöglich. Wenn ich fort bin, hat der Prokurist außer der Mehrarbeit noch die ganze Verantwortung. Da kann er sich doch nicht noch mit einem so ganz unwissenden Lehrling abgeben. Das wäre wahrlich zu viel verlangt.«

      »Ja, wer lernt diese denn nun eigentlich an?« fragte Mechthild ärgerlich.

      »So richtig anlernen tut sie niemand. Wenn sie aus der Handelsschule zu uns kommen, verstehen sie schon so viel, um fast allein arbeiten zu können. Natürlich gibt der Abteilungsleiter zuerst Arbeiten, bei denen sie nicht viel verpatzen dürften. Unterweist sie bei Unzulänglichkeiten und schiebt sie sofort ab, wenn sie begriffstutzig sind. Nur so ist es möglich gewesen, den tüchtigen Angestelltenstab zu schaffen, über den ich verfüge. Bei uns wird nämlich nicht gespielt, Mechthild, sondern gearbeitet. Und um das zu begreifen, dazu ist Ebba noch zu unreif«, schloß er hart, worauf sie empört auffuhr:

      »Vor einigen Tagen erklärten Sie mir, daß Sie Ebba für frühreif halten – und heute erscheint Sie Ihnen wieder nicht reif genug. Aber ich sehe schon, daß Sie ganz einfach mein Kind nicht haben wollen…«

      »Und ich sehe, daß Sie bei allem, was Ebba anbetrifft, überempfindlich sind«, unterbrach er sie kurz. »Reden wir also nicht mehr lange herum, sondern kommen wir zum Schluß…«

      »Danke – dahin bin ich schon längst gekommen«, schnitt sie ihm schroff das Wort ab. Und ehe er noch etwas darauf erwidern konnte, war sie schon hinausgeeilt. Er eilte ihr nach, doch die Portaltür schloß sich kurz vor seiner Nase. Ärgerlich ging er zu seiner Mutter zurück, die ihm bekümmert entgegensah.

      »So ein verlogenes Geschöpf!« knirschte er zwischen den Zähnen hervor. »Tischt der Mutter faustdicke Lügen auf, die diese in ihrer Affenliebe Wort für Wort glaubt. Nicht mit einer Silbe habe ich gestern betont, daß sie in meinem Betrieb eintreten soll. Und da rietst du mir, Mutter, daß ich Mechthild über ihre Tochter auflklären möchte? Da hätte ich ja eine gute Abfuhr gekriegt! Ich glaube gar, sie hätte mir in ihrer Entrüstung die Tür gewiesen.«

      »Das glaube ich nun auch«, gab diese zu. »Sei froh, Junge, daß du nicht Ebbas Stiefvater geworden bist. Der Tunichtgut hätte dafür gesorgt, daß deine Ehe dir zur Pein hätte werden müssen.«

      Mit sorgenvollem Blick sah sie ihm nach, als er das Zimmer verließ.

      Armer Junge! Da hatte er geduldig gewartet und gehofft, daß Mechthild doch noch seine Frau werden würde. Aber seit heute hatte er sie wohl endgültig verloren.

      *

      Holger schrak aus seinem schmerzlichen Grübeln auf, als die Tür aufgerissen wurde und Ebba lachend ins Zimmer stürmte.

      »Tag! Da bin ich.«

      »Das sehe ich«, bemerkte er ironisch. »Darf ich fragen, was du willst? Brauchst du etwa wieder Geld?«

      »Das immer. Aber hauptsächlich bin ich hier, um meinen Dienst anzutreten.«

      Er legte sich in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme über der Brust und besah sie sich wie etwas, das man nur kopfschüttelnd betrachten kann.

      »Weißt du, mein Kind, mir ist schon viel Unverfrorenheit in meinem Leben begegnet –, aber bei dir lerne ich noch erheblich hinzu. Hat deine Mutter dir denn nicht gesagt, wie ich über eine Einstellung hier denke?«

      »Ach die« – tat sie so verächtlich ab, daß ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg und er sich nur mit Mühe beherrschen konnte –, »die läßt sich immer gleich abschrecken. Es heißt doch, wenn man sich im Leben behaupten will, dann muß man die Ellenbogen gebrauchen.«

      »So also faßt du die sogenannte Ellenbogenfreiheit auf.« Er kniff die Augen zu einem schmalen Spalt zusammen. »Wenn du sie dir nur nicht dabei an allen Ecken und Kanten wundstößt.«

      »Ach so«, tat sie unbekümmert ab, ließ sich in den Klubsessel fallen und wollte dem Etui eine Zigarette entnehmen, kam aber nicht dazu, weil er es gelassen in die Rocktasche steckte.

      »Was soll das«, fuhr sie böse auf. »Ich bin doch kein Kind mehr.«

      »Das will mir auch so scheinen. Benimm dich also wie ein erwachsener Mensch – vor allem wie ein Lehrmädchen, das vor seinem Chef sitzt. Also

      hübsch sittsam und bescheiden.«

      »Mach dich doch nicht lächerlich, Holger!« Sie stapfte mit dem Fuße auf. »Ich bin doch nicht mit anderen Lehrmädchen zu vergleichen.«

      »Sondern… !«

      »…mit deiner Beinahe-Stief-tochter«, blitzte sie ihn kokett an.

      Er ballte die Hand zusammen, damit er sich nicht an diesem frechen Geschöpf vergriff. Aber dem war ja wohl nur mit eiskalter Gelassenheit zu begegnen.

      »Sieh mal an.« Er kniff wieder die Augen zusammen. »Ein Jammer, daß ich der nicht wirklich wurde. Dann hättest du dich nicht zu der unverschämten Kreatur entwickeln können, die du jetzt bist. Und nun merke dir gut, was ich dir sagen werde.« Seine Stimme klirrte plötzlich. »Wenn du hier durchaus als Lehrmädchen eintreten willst, dann nehme ich dich an. Doch nicht etwa deinetwegen, sondern deiner Mutter zuliebe, die sich schwere Sorgen um dich macht,