Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker)


Скачать книгу

dem Meeresgrunde.«

      »Auf welche Weise ist es denn gesunken?«

      Ich teilte ihm unsere Vermutungen mit.

      »Seltsam! Doch es könnte sein. Ich habe schon einmal von einem ganz ähnlichen Falle erzählen hören, allerdings nicht hier passiert, obgleich hier die engere Heimat von zahlreichen Walfischen ist. Ich möchte das gesunkene Schiff einmal besichtigen. Vielleicht ist eine Hebung möglich. Wollen wir beide uns hinbegeben, während Sihdi Mahmud, mein Begleiter hier, Ihre Mannschaft und die Dame nach meiner Jacht bringt?«

      »Selbstverständlich werde ich mitkommen.«

      »Da können wir uns unterwegs auch aussprechen – soweit ich darf.«

      Wir hatten die Grottenformation mit der Quelle erreicht. Das Staunen meiner Leute beim Anblick der beiden fremden Männer läßt sich eher denken als beschreiben.

      Kapitän Simmer sagte der Lady einige Artigkeiten, die aber gar nicht so geschickt ausfielen, wie vorhin seine offenen Worte gegen mich, der Indier erwies ihr Ehrfurcht in seiner morgenländischen Weise, und ich teilte unterdessen meinen Leuten mit, daß wir gerettet seien, an der Küste läge eine Jacht, sie sollten diesem Indier folgen.

      Mehr brauchte ich ihnen nicht zu sagen. Vor Blodwen bangte mir etwas. Da aber hatte schon Kapitän Simmer vorgearbeitet.

      »Ich bin bereit,« sagte sie gerade, als ich mich ihr näherte, sie hatte unser Kindchen im Arm, und sie war reisefertig. Einzupacken war ja nichts.

      Nur unser schon ziemlich fertiges Boot, dessen Konstruktion Kapitän Simmer mit allem Rechte bewunderte, mußten wir zurücklassen – vielleicht für die nächsten Schiffbrüchigen.

      Gleichgültig hatte Blodwen es gesagt, mit finsterem Gesicht.

      Ich wagte gar nicht mehr, zu ihr zu sprechen.

      Seit der Geburt des Kindes war etwas zwischen uns getreten. Vielleicht eben dieses Kind? Ich konnte es nicht ändern und – offen gestanden! – mir ging es nicht einmal besonders zu Herzen.

      Den Indier an der Spitze marschierte der Zug ab, Blodwen und der Klabautermann in der Mitte, der westlichen Küste zu, wo die Jacht liegen sollte.

      OFFENBARUNGEN.

       Inhaltsverzeichnis

      Mit zwei kleinen Wasserschläuchen beladen, waren wir beide nach der anderen Richtung aufgebrochen, um noch einmal das gesunkene Schiff zu besichtigen.

      »Bitte, erzählen Sie mir ganz offen, wie und weshalb Sie nach dieser Insel gekommen sind,« hatte Simmer gesagt, und ich war der Aufforderung nachgekommen.

      So habe ich nichts weiter darüber zu berichten, als was ich mitteilte. Der Leser weiß alles. Es war so ziemlich der Inhalt der bisherigen Erzählung – Kleinigkeiten natürlich ausgenommen. Vor allen Dingen hatte ich über Karlemann und über Doktor Selo berichtet, wie ich also auf doppelte Weise zu der Kenntnis dieser Insel im Sargassomeer gekommen war.

      Höchst selten einmal unterbrach mich Simmer.

      »Woher hatte denn dieser Junge die Kenntnis bekommen?«

      Das war einmal so eine Zwischenfrage.

      Nun, dann erzählte ich eben wieder.

      Wir hielten unter einem Baume Nachtlager, ein Feuerchen mit trockenen Aesten nährend und wir selbst hartgekochte Eier verzehrend, als mein Bericht total erschöpft war. Simmer kannte jetzt so ziemlich meinen ganzen Lebenslauf.

      »Hm. Ich werde hierüber meinem Herrn Bericht erstatten.«

      »Das können Sie tun. Und darf ich nun erfahren, wer dieser Ihr Herr ist?«

      »Ich habe Ihr Ehrenwort.«

      »Das haben Sie.«

      »Sollte das Verhältnis nicht zustande kommen, so werden Sie zu keinem Menschen von dem sprechen, was ich Ihnen jetzt berichte.«

      »Das ist es eben, weswegen ich Ihnen mein Ehrenwort gegeben habe. Aber meine Leute, haben die noch nichts erfahren?«

      »Woher denn? Die würden auch ganz vergeblich fragen. Die gingen doch ganz einfach mit.«

      »Und die Lady?«

      »Von der gilt genau dasselbe.«

      »So habe ich nichts mehr zu sagen.«

      »Dann will ich Sie etwas fragen: haben Sie von Ghasna Dschalip Subuktadscha gehört, dem Maharadscha von Radschputana?«

      Mir war es, als ob ich diesen zungenbrechenden Namen vor einigen Jahren gehört oder gelesen hatte. Doch ich durfte verneinen.

      »Ein indischer Fürst, nicht wahr?«

      »Ein Großfürst, ja.«

      Und Simmer gab mir nähere Aufklärung über diesen Mann.

      Nach Niederwerfung des großen indischen Aufstandes im Jahre 1858 hatte England noch mehrere, bisher selbständige Provinzen oder Fürstentümer annektiert, darunter auch das Großfürstentum Radschputana. Wer sich für dessen Lage interessiert, mag auf der Karte nachsehen.

      Der damalige Maharadscha von Radschputana war Ghasna Dschalip. Den anderen Namen wollen wir weglassen, der ist schon zu schwer zu schreiben.

      In gewissem Sinne ist England immer nobel.

      Besonders wenn es muß. Alle diese abgesetzten Fürsten behielten dem Anscheine nach ihre sämtlichen Rechte, und anstatt der bisherigen Einkünfte, welche nun England selber einsteckte, erhielten sie eine Apanage, die für denjenigen schauderhaft hoch klingt, der nicht weiß, was England hierbei verdient.

      So ein kleiner indischer Fürst erhält von England eine höhere Apanage, als es seinem eigenen Könige gibt.

      Dem Maharadscha von Radschputana um den Bart zu gehen, hatte England den allermeisten Grund.

      Bekanntlich gab es früher auch Könige von Indien, nämlich eingeborene Könige, und diese standen wieder unter einem Großkönig oder Kaiser. Der letzte derselben war Dschalip, ein gewaltiger Kriegsheld. Doch das war schon vor Jahrhunderten.

      Nun aber hat das Geschlecht derselben, Radschputen genannt, immer Anspruch auf den Titel eines indischen Kaisers gemacht, und nachdem ganz Indien von England unterworfen ist, sind die Indier wenigstens darin einig geworden, daß sie hoffen, ein Radschpute, also der Maharadscha von Radschputana, würde noch einmal Kaiser und die Fremdherrschaft wieder abschütteln.

      »Außerdem,« fuhr Simmer fort, »ist dieser Radschpute immer zugleich Mahabrahmane, der Oberste aller Oberbrahmanen, der indische Papst, und Sie können sich also denken, was für eine Rolle der da in Indien spielt, wenn sein Land auch gar nicht so reich ist.«

      »Nun, Maharadscha Ghasna hat ohne Kampf entsagt – der ist viel zu klug, es gegen England aufnehmen zu wollen, wie es die anderen dummen Luder getan haben – hat die ihm gebotene Apanage dankend akzeptiert – wieviel Millionen Rupien er jährlich bekommt, weiß ich gar nicht – aber … in seiner geknechteten Heimat konnte er nicht mehr bleiben. Der Maharadscha von Radschputana ist seit vorigem Jahre verschwunden.«

      »Verschwunden? Wohin?«

      »Dorthin, wohin wir uns dann begeben. Er hat sich eine neue Heimat gegründet.«

      »Und wo ist diese seine neue Heimat?« wurde ich jetzt einmal beharrlich.

      »Ueberall und nirgends.«

      Jetzt wurde es wieder geheimnisvoll – und ich satirisch.

      »Ist er nach dem Monde ausgewandert?«

      »Nein,« lachte Simmer, »auf der Erde ist er noch. Na, ich kann es Ihnen ja sagen. Mich wundert nur, daß Sie nicht selbst draufkommen …«

      »Der lebt wohl auch ganz auf einem Schiffe?«

      »Sie