Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker)


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Antwort aber hatte mich ein ganz eigentümlicher, so verschmitzter Blick aus den schwarzen Zigeuneraugen getroffen, der ungefähr ausgedrückt hatte: »Na, mich brauchst du, nicht erst daran zu erinnern!«

      Salto kam auf einen Pfiff seines Herrn herangewedelt. Schon beim Anblick des reizenden, schneeweißen Zwergpudels bemächtigte sich des schwarzen Häuptlings eine große Erregung, ich sah, mit welcher Mühe er sie niederzukämpfen suchte. Er schien die Erhabenheit über Neugier und dergleichen mit einem Indianerhäuptling teilen zu wollen.

      Karlemann hielt als erstes einen Stock hin – »Hopp!« – und Salto setzte darüber, zuerst in einfachem Sprunge.

      »Hehehehe!!!«

      Ich habe selten einen Menschen sich so plötzlich umwandeln sehen. Der ernste, finstere Negerfürst geriet ganz außer dem Häuschen, der Hund brauchte gar nichts anderes zu machen, schon das über den Stock springen genügte, so etwas schien der Häuptling eben noch nie gesehen zu haben, mochte es für etwas Uebernatürliches halten; denn trotz seines Jubels fürchtete er sich etwas vor dem Hündchen, besonders, als es dann Salto mortales zu schlagen und auf Vorder- und Hinterpfoten zu tanzen begann.

      Dann redete er hastig auf den Präsidenten ein.

      »Ob der Hund auch bei ihm über den Stock springt,« übersetzte dieser.

      »Gewiß.«

      Karlemann gab dem Häuptling den Rohrstock. Salto sprang, der Stock brauchte ihm nur vorgehalten zu werden. Dann nur ein Wort seines Herrn, der Pudel blickte den Häuptling an, dieser wurde aufgefordert, langsam in die Hände zu klatschen, er tat es, und jedesmal schlug der vierbeinige Artist ein Salto mortale.

      Plötzlich ergriff Kididimo sein Zepter, hielt es Karlemann hin, in der anderen Hand den Rohrstock.

       »Snob?«

      Der Präsident sagte uns, was er wollte – er meinte swop, tauschen, es war so ziemlich sein einziges englisches Wort, das er kannte, und daraus machte er auch noch snob. Die Aschantis können überhaupt schwer das w aussprechen.

      Und was mich betrifft, so war ich für einen Augenblick starr. Eine Ahnung ging in mir auf. Dieser Negerfürst bot für den Pudel seinen diamantstrotzenden Elfenbeinstab, dessen Wert ich gar nicht zu taxieren wagte. Und ich blickte weiter in die Zukunft, ich blickte auf den zwölfjährigen Sohn des deutschen Schmiedemeisters …

      Dieser hatte das Zepter genommen, betrachtete es bedächtig.

      »Ob das wirklich alles echt ist?«

      »Jawohl, ich kann es Ihnen versichern, ich verstehe mich auf Edelsteine,« sagte der mitanwesende Doktor Selo.

      Aber Karlemann schien immer noch nicht recht zu trauen …

      »Ich will doch einmal sehen … «

      Er trat an die Wand, und … macht der Lausejunge über meinen größten Wandspiegel mit einem der Diamanten einen meterlangen Riß!

      »Jawohl, Glas schneiden tut er!« sagte er freudestrahlend.

      Blodwen war schon lange unruhig gewesen.

      »Verkaufen Sie Ihren Hund doch nicht,« bat sie, flehte sie mehr, »Sie wissen doch, auch ich hätte Ihnen jede Summe …«

      Allein dieses Gesicht des Jungen war es, was sie unterbrach.

      »Verkaufen? Meinen Hund? Den Salto?«

      »Na ja, er will Ihnen doch den Elfenbeinstab dafür geben, und Sie scheinen auch mit dem Tausche einverstanden zu sein.«

      »Ich? Meinen Salto verkaufen? I wo! Ich denke, er will mir sein Ding für meinen Stock geben, er hat ihn mir doch hingehalten – snob

      Himmelsapperlot! Diesmal konnte ich nicht an mich halten, ich brach in ein schallendes Lachen aus, und zum ersten Male merkte ich, daß auch Doktor Selo eines Lächelns fähig war, wenigstens drehte er so an seinem Schnurrbart herum.

      Nein, gegen diesen zwölfjährigen Jungen war ja der alte Salomo der reine Waisenknabe! Wollte der das Geschäft auf diese Weise schieben! Und dabei gehörte der Rohrstock nicht einmal ihm!

      Der Präsident setzte ihm auseinander, daß es sich natürlich um den Hund gehandelt hätte.

      »Nee, meinen Hund verkaufe ich um keinen Preis,« meinte Karlemann kopfschüttelnd.

      Der Häuptling mußte es verstanden haben.

       »Snob?«

      Und schon hatte er die goldene Kuhkette vom Halse genommen, an der noch einige Vermögen baumelten.

      »Snob

      »Nix snob,« wehrte der Junge mit der Bewegung eines alten ausgelernten Juden ab, »wenigstens nix snob for Hind meiniges. Aber wie wäre es denn hiermit?«

      Und Karlemann brachte aus seiner Hosentasche eine Maus zum Vorschein, so eine zum Aufziehen, wie man sie auf dem Jahrmarkt für fünf Groschen bekommt, wenigstens im Anfang, zuletzt kostet sie nur noch einen Groschen – zog sie auf, und die graue Maus rannte frisch und lustig auf dem Tisch herum, geradeaus oder im Kreise herum, je nachdem der als Steuer dienende Schwanz gestellt wurde.

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      »Hehehehe!!!«

      Na, dieser Jubel von dem schwarzen Häuptling! Nur mischte sich etwas Angst bei, als er das unheimliche Vieh angriff. Doch das dauerte nicht lange, und der Jubel ward erst recht groß, als er die Maus selbst aufziehen und laufen lassen konnte.

      »Snob?« war es jetzt Karlemann, welcher fragte, und dabei nahm er die Maus wieder und griff mit der anderen Hand nach der goldenen Kuhkette mit allem, was daran baumelte und bummelte.

      »Snob!« rief der Häuptling sofort, und während er selig vor Freude die Maus betrachtete, pfropfte Karlemann ganz gemütlich die mächtige Halskette mit all den funkelnden Schildchen und Plättchen in seine linke Hosentasche.

      »Na, und wie wäre es denn hiermit?« fuhr er gleich fort, und brachte aus seiner rechten Hosentasche so ein kleines Krokodil aus Blech zum Vorschein, das, wenn man an einem Gummibändchen zog, selbsttätig lief, Stück für Stück einen Groschen, tausend Stück einen Taler, portofrei mit Verpackung.

      »Snob?« fragte dabei der Bengel und griff auch schon nach dem heiligen Zepter.

      Ich war noch von dem ersten Tausch ganz erstarrt. Wirklich, ich war förmlich erschrocken. So etwas ist doch auch keine Kleinigkeit. Da kann man doch nicht ruhig mit zusehen.

      Ich hatte gar keine Zeit, erst den Präsidenten beiseite zu nehmen.

      »Herr Präsident, das geht doch nicht!!«

      Aber Mister Hesekiel Hilarion hob nur die Schultern.

      »Verhindern Sie die Tauscherei!!«

      »Ja, geehrter Herr, was soll ich denn dagegen tun?«

      »Treten Sie dazwischen, klären Sie den Häuptling auf!!«

      »Den aufklären? Wie soll ich denn das anfangen?«

      Und ich konnte es noch immer nicht begreifen. Versteht der Leser, weshalb nicht? Man muß wohl selbst Augenzeuge von solch einem ›Geschäft‹ sein, um meine Aufregung zu begreifen. Wir haben bei uns ja genau dasselbe. Wer ruhig zusieht, wie ein Jude einen harmlosen Bauern übers Ohr haut, das ist kein Ehrenmann.

      »Wir können den Häuptling doch nicht so übervorteilen lassen!!«

      »Wieso übervorteilen? Solche Tauschgeschäfte kommen im Innern Afrikas noch täglich an allen Stellen vor, auch hier an der Küste, es kommt nur darauf an, was angeboten wird, und dem Häuptling ist das Zeug genau so viel wert, wie er dafür bietet. Und gesetzt den Fall, er befände sich wirklich nur in einem augenblicklichen Rausche, glauben Sie denn, ich könnte diesem AschantiFürsten abraten? Das dürfte ich gar nicht wagen, keine Andeutung davon! Ich werde mich hüten! Das ist ein