Andrew Hathaway

Der Geisterjäger Staffel 3 – Gruselroman


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Sie hatte ihre eigene Familie ausgerottet, ohne daß es ein erkennbares Motiv dafür gab.

      »Ich glaube, Sie haben recht«, stimmte Rick dem Auktionator bei. »Sie war krank. Man hätte sie nicht hinrichten dürfen.«

      Ellmont warf ihm einen forschenden Blick zu. »Warum interessieren Sie sich so für diese Frau, Mr. Masters? Sie sind doch Detektiv. Ist es nur Wißbegierde? Reizt Sie die Kriminalstory?«

      »Mich reizt der Käufer des Bildes«, erwiderte Rick trocken. »Das ist alles. Er hat gestern nacht versucht, mich vor Ihrem Wohnhaus umzubringen. Sie haben nicht zufällig etwas davon bemerkt?«

      Frank Ellmont riß entsetzt die Augen auf. »Umbringen? Der Käufer des Bildes? Um Himmels willen, Mr. Masters, was ist denn geschehen?«

      Rick winkte ab. »Es würde zu weit führen, Ihnen alles zu erklären«, meinte er. »Sollten Sie doch noch einen Hinweis erhalten, wer das Porträt der Mörderin jetzt besitzt, so rufen Sie mich sofort an. Ich bin Tag und Nacht zu erreichen.«

      Frank Ellmont versprach es, und Rick ging in dem Bewußtsein, daß er zwei volle Stunden vertan hatte. Er war seinem Ziel nicht nähergekommen.

      Er brauchte nicht lange zu überlegen. Wenn er den Mörder im Hintergrund schon nicht auf direktem Weg fand, mußte er einen Umweg einschlagen. Dieser Umweg führte über die Familie Lauderdale.

      Das Motiv für die Anschläge schien klar. Geldgier. Das Vermögen aller Familienmitglieder sollte durch Morde in einer Hand konzentriert werden. Entweder war der Übrigbleibende der Mörder, oder ein Außenstehender versuchte später, den Alleinerben seinerseits zu beerben.

      Wie auch immer, Rick mußte die Familie Lauderdale durchleuchten. Ging auch das schief, blieb ihm nichts anderes, als auf den nächsten Schlag des Magiers zu warten. Und das wollte er nach Möglichkeit vermeiden, weil dieser Schlag wahrscheinlich wieder ein Menschenleben kostete.

      *

      Unterwegs aß Rick in einer Imbißstube Fish and Chips, in siedendem Öl ausgebackenen Fisch mit Pommes frites. Er würgte das Essen im Stehen hinunter und beeilte sich, nach Wim­bledon zu kommen. Er hatte sogar ein schlechtes Gewissen, daß er Zeit mit Essen verschwendete, und er tat es nur, um bei Kräften zu bleiben. Er fürchtete, daß jeden Moment wieder ein Mord passieren könnte. Diesmal mußte er unbedingt schneller sein.

      Anders als bei seinem ersten Besuch konnte Rick nicht direkt auf das riesige Grundstück der Lauderdales fahren. Zwei schwer bewaffnete Posten hielten das Tor verschlossen. Sie ließen sich erst seinen Ausweis zeigen, sprachen über Walkie Talkie und öffneten danach das Gittertor.

      Rick hatte für diese Vorsichtsmaßnahmen nur ein abfälliges Lächeln übrig, und er sagte Harold F. Lauderdale seine Meinung. Der Stahlbaron erwartete ihn vor dem Herrenhaus.

      »Sie können sich das Geld für die Bodyguards sparen, Mr. Lauderdale«, meinte Rick Masters. »Wenn diese unheimliche Frau wiederkommt, werden sie genauso wenig ausrichten können wie alle anderen.«

      »Das lassen Sie meine Sorge sein«, erwiderte Lauderdale schroff. »Tatsache ist, daß Sie den Mord an meinem Chauffeur nicht verhinderten.«

      »Hätte er sich an meine Anweisungen gehalten, wäre ihm nichts passiert«, konterte Rick und sah den Millionär scharf an. »Im übrigen merken Sie sich bitte eines, Mr. Lauderdale. Ich habe nicht die geringste Lust, meine Kräfte in einem ständigen Kleinkrieg mit Ihnen aufzureiben. Sie wollen etwas von mir, nämlich Schutz vor dem unbekannten Mörder, der Ihre Familie ausrotten möchte. Also arbeiten Sie gefälligst mit mir zusammen und nicht gegen mich.«

      Dem Stahlbaron verschlug es den Atem. So sprach bestimmt niemand mit ihm. Nach einigen Sekunden rang er sich jedoch zu einem säuerlichen Lächeln durch.

      »Sie und Mrs. Kent passen gut zusammen«, meinte er spitz.

      Rick grinste offen. »Das haben wir auch gefunden, Mr. Lauderdale. Und nun zur Arbeit. Sagt Ihnen der Name Lady Jocelyne etwas? Denken Sie scharf nach.«

      Der Millionär bemühte sich ehrlich, schüttelte jedoch nach einer Weile den Kopf. Rick seufzte enttäuscht. Er hatte gehofft, zwischen der längst toten Mörderin und der Familie Lauderdale würde vielleicht eine Verbindung bestehen. Das hätte seine Arbeit erleichtert.

      »Halten sich jetzt wenigstens alle an meine Anweisungen?« forschte der Geisterdetektiv weiter. »Tragen sie geweihte Gegenstände oder andere Waffen gegen das Böse bei sich?«

      »Der Tod meines Chauffeurs war ihnen eine Warnung«, gab Lauderdale zu.

      »Dann rufen Sie bitte alle Ihre Angehörigen in der Halle zusammen«, ersuchte Rick Masters. »Ich möchte ihnen einige Tips geben, falls die Mörderin wieder auftaucht.«

      Harold F. Lauderdale wirkte für einen Moment unsicher. »Tut mir leid, aber nach den Vorfällen der letzten Nacht hat sich die Familie wieder in alle Winde zerstreut. Nur mehr meine engsten Angehörigen wohnen unter diesem Dach.«

      Rick stöhnte. »Warum haben Sie die Leute nicht zurückgehalten?« rief er erregt. »Ich habe es Ihnen doch ausdrücklich eingeschärft.«

      Lauderdale zuckte die Schultern. »Ich bin zwar der Clanführer, aber es handelt sich durchweg um erwachsene Menschen. Ich kann ihnen keine Vorschriften machen.«

      »Auch das noch!« Rick starrte wütend auf die Büsche, aus denen in der letzten Nacht der Geist gekommen war. »Es ist, als wollten die Leute sterben. Werden sie denn gar nicht vernünftig?«

      »Die Lauderdales sind eine Familie von Einzelgängern«, bemerkte der Stahlbaron. »Ich habe das mein ganzes Leben lang erfahren müssen.«

      »Ich hätte Ihren Angehörigen nur etwas mehr Verstand zugetraut«, konterte der Geisterdetektiv. »Inzwischen müßten sie doch erkannt haben, mit was für einem Gegner wir es zu tun haben.«

      Harold F. Lauderdale rieb sich das kantige Kinn und sah Rick Masters abschätzend an. »Ehrlich gesagt, Mr. Masters, ich weiß auch gar nicht mehr, ob Sie der richtige Mann für diese Sache sind«, meinte er. »Ich hatte mir einen Erfolg erhofft, aber nicht diese Ratlosigkeit.«

      Wenn er vermutet hatte, Rick ­würde wütend auffahren, so hatte er sich getäuscht. Rick Masters behielt die Ruhe bei, die er bisher gezeigt hatte.

      »Sie können mir den Fall wieder wegnehmen, wenn Sie wollen«, erwiderte er. »Allerdings bleibe ich unter allen Umständen am Ball. So halte ich es immer, wenn magische Kräfte beteiligt sind. Sie würden sich nur das Honorar ersparen.«

      Damit hatte er Lauderdale an einer empfindlichen Stelle getroffen. Der Stahlbaron wollte nicht als jemand dastehen, der mit einem schmutzigen Trick ein paar Pfund herausholte.

      »Kommen Sie ins Haus!« forderte Lauderdale den Geisterdetektiv auf. »Und berichten Sie, was Sie bisher erfahren haben.«

      Zehn Minuten später erzählte Rick dem Ehepaar Lauderdale sowie dem dreißigjährigen Sohn und der gleichaltrigen Tochter von seiner Vision.

      Er hatte sehr aufmerksame, doch ziemlich ungläubige Zuhörer. Keiner von ihnen konnte glauben, daß Rick in einem Wachtraum längst vergangene Ereignisse miterlebt hatte.

      Das änderte sich schlagartig, als das Licht im Raum schwand und sie sich unter einem Galgen wiederfanden.

      *

      Es war mehr als unheimlich. Draußen strahlte helles Tageslicht. In dem Salon, in dem sich die Familie Lauderdale und der Geisterdetektiv aufhielten, herrschte jedoch schlagartig Dämmerung.

      Morgendämmerung! Die Stunde der Hinrichtung!

      Noch konnte Rick seine nächste Umgebung erkennen, wenn auch nur mehr wie durch Schleier hindurch. Dracula war draußen im Park geblieben. Rick hatte das für besser gehalten, weil ihn der Hund auf diese Weise vor jedem Angriff von außen warnen konnte. Doch nun kam dieser Angriff aus dem Nichts heraus. Nicht die geisterhafte Mörderin näherte sich ihnen, sondern sie wurden in Form einer Vision in die Vergangenheit gezogen.

      Rick hatte diesen Galgen bereits letzte