Andrew Hathaway

Der Geisterjäger Staffel 3 – Gruselroman


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unserer Mörderin?« fragte Rick so leise, daß ihn nur Hempshaw und Hazel verstanden. »Mensch oder Geist?«

      Der Chefinspektor war trotz aller gemeinsamen Erlebnisse Skeptiker geblieben. Er verlangte immer unumstößliche Beweise. Die hatte er diesmal erhalten.

      »Ich hätte doch mit einer ganzen Einsatztruppe anrücken sollen«, meinte Hempshaw und gab damit indirekt zu, daß Ricks Theorie stimmte. »Dann hätten wir den schwarzen Lieferwagen gespürt.«

      Doch der Geisterdetektiv schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Wer immer die Lady aus dem Gemälde steuert, hat sich gut abgesichert. Er verfügt über magische Fähigkeiten. Den bekommen wir nicht so leicht. Es sei denn, wir würden uns an die Mörderin halten und sie verfolgen. Dafür ist sie aber zu schnell.«

      »Wie soll es dann weitergehen?« fragte Hazel zweifeln. »Du machst uns nicht gerade Mut.«

      »Ich fürchte auch, daß unser Gegner noch nicht seine höchste Karte ausgespielt hat.« Rick Masters ging zu einem der Fenster und starrte düster in den dunklen Park hinaus. »Ich fürchte…«

      »Hören Sie bloß auf!« rief Chefinspektor Hempshaw. »Ich kenne Ihre bösen Vorahnungen. Sie haben meistens recht.«

      »Leider.« Rick nickte düster und spielte mit seiner Silberkugel. »Wenn ich nur wüßte, was unser Gegner vorhat.«

      Er brauchte nicht lange zu überlegen. Die Antwort kam schneller als erwartet und fiel deutlicher und schrecklicher aus, als er sich in seiner Phantasie ausgemalt hatte.

      Das Herrenhaus war schlagartig von einer Feuerwand umschlossen. Die Flammen schlugen hoch in den Himmel und rückten rasend schnell gegen das Gebäude vor.

      Die Menschen in dem Manor schienen rettungslos verloren.

      *

      »Hinlegen!« brüllte Rick Masters.

      Er warf sich gegen Hazel Kent und Chefinspektor Hempshaw und riß sie zu Boden.

      Im nächsten Augenblick fegte die Feuerwalze über das Haus hinweg. Flammenzungen schossen durch die Fenster und stachen wie riesige Lanzen in die Halle herein. Den Naturgesetzen folgend, bogen sie sich nach oben und strebten der Decke zu.

      Die Menschen in der Halle hatten Ricks Befehl befolgt und sich zu Boden geworfen. Es passierte nicht viel, nur einige Kleidungsstücke wurden angesengt. Niemand wurde von der vollen Wucht des Feuers getroffen.

      »Lange halten wir nicht durch!« rief Chefinspektor Hempshaw keuchend. »Wir werden hier drinnen geröstet und ausgeräuchert.«

      Rick Masters merkte ebenfalls, daß sich die Atemluft rapide verschlechterte. Das magische Feuer zehrte sämtlichen Sauerstoff auf. Außerdem erhitzte sich die Luft, so daß das Atmen zusätzlich erschwert wurde.

      Wenn sie nicht schnellstens etwas unternahmen, erreichte der Unbekannte tatsächlich sein Ziel. Dann rottete er mit diesem höllischen Feuer die gesamte Familie Lauderdale auf einen Schlag aus.

      Rick Masters schauderte über die Kaltblütigkeit und Skrupellosigkeit dieser unbekannten Person im Hintergrund. Der Mann oder die Frau nahm sogar in Kauf, daß etwa zehn Unbeteiligte, nämlich das Hauspersonal, starben, damit er oder sie das Ziel erreichte.

      »Rick!« Hazels Gesicht war verzerrt. Auf ihrer Stirn standen dicke Schweißperlen. Sie riß den Mund weit auf, um noch genügend Sauerstoff einzuatmen.

      Der Geisterdetektiv raffte sich hoch. Er taumelte auf die zerstörte Eingangstür zu. Dort drangen die meisten Flammen in die Halle herein. Diesen Zustrom mußte er stoppen.

      Er versuchte es zuerst ganz vorsichtig, indem er sich den Flammen näherte und seine Silberkugel vor sich hielt. Tatsächlich zog sich das Feuer ein Stück zurück. Rick wagte sich einen Schritt weiter vor.

      Zoll um Zoll trieb er die Flammen zurück, doch das ging viel zu langsam. Wenn er den Eingeschlossenen nicht schnellstens Erleichterung verschaffte, gab es die ersten Todesopfer.

      Sie waren zwar alle durch geweihte Gegenstände geschützt, doch diese Hilfsmittel waren gegenüber den Flammen wirkungslos. Diese wurden zwar auf magische Weise erzeugt, waren jedoch durchaus real und unterschieden sich in nichts von einer gewöhnlichen Feuersbrunst.

      Rick holte noch einmal tief Luft, dann tat er den entscheidenden Schritt. Er stellte sich genau in die Mitte des Haupteingangs. Nur die Silberkugel konnte ihn vor der heranrollenden Flammenwand retten.

      Und sie half!

      Wieder einmal bewies die unscheinbare Kugel ihre unglaublichen Kräfte. Schon einmal hatte sie den Geisterdetektiv vor Feuer gerettet. Sie tat es auch diesmal.

      Die Flammen schossen auf Rick Masters zu, wichen jedoch dicht vor ihm nach allen Seiten aus und schlugen über die Außenmauer des Herrenhauses zu den Fenstern im ersten Stock empor.

      Durch die Flammen hindurch erkannte Rick Masters die bleiche Gestalt der Mörderin aus dem Gemälde. Sie stand mit ausgebreiteten Armen vor dem Manor. Die Flammen strömten aus ihrem Körper hervor und umflossen das Haus wie ein mächtiger Strom.

      Rick Masters wartete fast eine volle Minute. Als er sich dann umdrehte, hatten sich die Menschen in der Halle ein wenig erholt. Durch die Tür war genügend frische Luft in das Haus geströmt.

      Erst jetzt verließ Rick seinen gefährlichen Posten. Er schritt auf die Mörderin zu.

      Es war ein gespenstisches Schauspiel. Die Flammen, die von der Unheimlichen ausgingen, umflossen Rick, ohne ihn zu berühren, vereinigten sich hinter ihm wieder und strömten erneut in das Gebäude. Doch nun setzte der Geisterdetektiv zum Angriff auf die Ursache des Brandes an.

      Auf die Mörderin aus dem Gemälde, jene Geistergestalt, die von einem Anhänger der Schwarzen Magie zum Leben erweckt worden war.

      Einen Schritt vor der Unheimlichen blieb Rick stehen. Er hielt ihr die Silberkugel entgegen und murmelte eine Beschwörung. Es war ein kraftvoller Spruch der Weißen Magie, den er aus einem alten Buch kannte.

      Die Wirkung trat nicht sofort ein. Zuerst zuckte es nur in dem unnatürlich bleichen Gesicht der Unbekannten. Dann begann sie zu wanken und zu weichen.

      Noch immer verströmte sie die vernichtenden Flammen. Rick mußte das unbedingt stoppen, sonst wurde das Herrenhaus mitsamt den Eingeschlossenen zerstört und vernichtet.

      Er folgte der Mörderin, schnitt ihr den Weg ab und trieb sie die Auffahrt hinunter. Je schneller sie weichen mußte, desto schwächer wurde der Flammenstrom.

      Rick wagte es und wandte den Kopf für einen Moment. Er atmete erleichtert auf. Das Feuer erreichte nicht mehr das Herrenhaus, sondern verlor sich schon vorher. Und das Haus hatte nicht Feuer gefangen.

      Nur mehr wenige Schritte fehlten bis zum Bürgersteig vor dem Grundstück, als die Unbekannte herumwirbelte und floh. Und wieder konnte Rick Masters ihr kaum folgen.

      Er rannte auf die Straße hinaus und erwartete, irgendwo den schwarzen Lieferwagen zu sehen. Er wurde enttäuscht. Die Straße lag völlig leer und verlassen vor ihm. Keine Wagen, keine Menschen waren unterwegs.

      Einerseits war der Geisterdetektiv darüber erleichtert, weil niemand in Gefahr geriet, von der Mörderin angegriffen zu werden. Andererseits zerbrach er sich den Kopf darüber, wohin der Geist floh. Er fürchtete sogar, daß ihm noch eine böse Überraschung bevorstand.

      Rick Masters war keineswegs hellseherisch begabt, aber der Umgang mit Geistern und Dämonen hatte seine Instinkte geschärft. Sie waren bei weitem nicht so gut ausgeprägt wie bei seinem vierbeinigen Begleiter und Helfer, aber er fühlte Unglück im voraus. Er merkte, wann eine Situation auf eine Katastrophe zutrieb.

      Genau dieses unangenehme Gefühl hatte er in diesem Moment. Wäre die Geistergestalt in den schwarzen Lieferwagen geflohen und mit ihm verschwunden, hätte er aufgeatmet. Dann wäre er sicher gewesen, daß der Angriff für dieses Mal zurückgeschlagen war. Doch so fürchtete er das Schlimmste.

      Die Lady aus dem Gemälde bog um die Ecke und verschwand in der Dunkelheit. Rick