Andrew Hathaway

Der Geisterjäger Staffel 3 – Gruselroman


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scharrten sich um den Mittelpunkt der Halle. Rick sah zwischen ihnen hindurch die Beine einer am Boden liegenden Frau.

      Er drängte sich zwischen dem Hauspersonal und den Angehörigen durch und beugte sich über die ungefähr sechzigjährige Frau. Sie hielt die Augen geschlossen und atmete nur flach, war aber wenigstens noch am Leben.

      Rick kniete hastig neben ihr nieder. »Haben Sie schon einen Arzt verständigt?« rief er Mr. Lauderdale zu, der bleich neben ihm stand.

      Der Stahlbaron schüttelte den Kopf. Er schien aus einen tiefen Schlaf zu erwachen, so heftig war der Schock gewesen. Als er ein paar Befehle brüllte, lief endlich ein jüngerer Mann ans Telefon.

      Rick konnte sich die Kopflosigkeit dieser Leute nicht erklären. Sie hatten nicht einmal das Nächstliegende gedacht.

      Deutlich sah er die Würgemale am Hals der Ohnmächtigen. Sofort erinnerte er sich daran, wie er den Kunsthändler Kennloch gefunden hatte. Bei ihm waren die gleichen Würgemale zu sehen gewesen, schmale, fast zarte Abdrücke, die von zierlichen Fingern stammen mußten.

      Von den Fingern einer Frau, ergänzte Rick für sich und dachte an das magische Gemälde, dessen Verkauf er nicht hatte verhindern können.

      Er leistete der Ohnmächtigen ärztliche Hilfe, so gut er konnte, und Minuten später war endlich ein Krankenwagen mit einem Arzt zur Stelle. Rick überließ die Frau dem Arzt und trat zu Mr. Lauderdale.

      »Das ist meine Frau«, sagte der Millionär, der sich langsam zu erholen schien und seine Fassung zurückgewann. »Wird sie durchkommen?«

      Rick nickte. »Soweit ich das beurteilen kann, ja. Was ist geschehen?«

      Lauderdale sah ihn verständnislos an. »Ich weiß es nicht«, flüsterte er. »Es war wieder diese Frau, diese…«

      Rick gab auf. Mit dem Mann war nichts anzufangen. Er übernahm selbst die Befragung der Leute und erfuhr, daß die Unheimliche ganz normal geklingelt hatte. Kaum hatte sie das Haus betreten, als Mrs. Lauderdale sie erkannte. Schließlich war sie schon von der rätselhaften Fremden angefallen worden.

      Das sofort herbeistürmende Personal hatte das Schlimmste verhindert und die Fremde in die Flucht geschlagen.

      »Womit?« fragte Rick. Für ihn stand bereits fest, daß es sich um keinen Menschen sondern um ein Geisterwesen handelte. Und diese dämonischen Geschöpfe ließen sich nicht mit gewöhnlichen Mitteln vertreiben.

      Zuerst gab es große Ratlosigkeit, weil niemand wußte, was der Geisterdetektiv meinte. Endlich beschrieben die einzelnen Angestellten, was sie genau getan hatten. Manche waren mit bloßen Händen auf die Attentäterin losgegangen. Andere hatten gerade irgendeinen Gegenstand in der Hand gehalten.

      Zuletzt meldete sich Richard Lauderdale zu Wort. »Ich habe das antike Metallkreuz von der Wand gerissen und damit nach dieser Wahnsinnigen geschlagen«, gab er an.

      Rick Masters nickte. »Dann haben Sie Ihrer Mutter das Leben gerettet«, behauptete er. »Und merken Sie sich alle ein für allemal! Sie haben es nicht mit einer Wahnsinnigen zu tun. Ganz gleich, was Sie von mir oder der Sache halten, diese Frau ist kein normaler lebender Mensch. Wenn Sie sich wehren oder sie verjagen wollen, brauchen Sie einen geweihten Gegenstand.«

      Er sah den Unglauben auf den Gesichtern der Leute. Ein paar begannen zu grinsen.

      Mr. Harold F. Lauderdale bereitete dem ein Ende, indem er ein Machtwort sprach. »Was Mr. Masters sagt, hat in diesem Haus absolute Gültigkeit!« erklärte er laut. »Es ist, als hätte ich es angeordnet!«

      Rick merkte, daß es in dem Manor in Wimbledon noch ziemlich altmodisch zuging. Der Hausherr hatte das absolute Sagen. Ganz gleich, wie vielleicht die einzelnen Familienmitglieder oder die Angestellten darüber dachten, für Rick brachte es einen unschätzbaren Vorteil. Er brauchte sich nicht immer erst durchzusetzen, sondern war von Anfang an sicher, daß alle taten, was er verlangte.

      Der Arzt kam zu Harold F. Lauderdale. »Ihre Frau kann zu Hause bleiben, Mr. Lauderdale«, erklärte er. »Die Verletzungen sind nicht so schlimm. Ein paar Tage Bettruhe, dann ist sie wieder auf den Beinen. Von meiner Seite aus ist alles getan. Aber wo ist die Polizei? Die will doch sicher von mir ein Gutachten.«

      Rick sah sich erstaunt um. Er war so mit der Verfolgung der unheimlichen Attentäterin beschäftigt gewesen, daß es ihm noch gar nicht aufgefallen war, daß keine Streifenwagen eintrafen. Nun sah auch er fragend den Millionär an.

      Harold F. Lauderdale wand sich sichtlich. »Ich bitte Sie, die Sache ist erledigt, wir sollten…«

      »Das kommt nicht in Frage«, erklärte der Arzt entschieden. »Hier liegt ein Verbrechen vor. Ihre Frau wurde gewürgt und um ein Haar umgebracht. Wenn Sie es nicht tun, dann werde ich die Polizei einschalten.«

      Rick Masters winkte ab. »Nicht nötig, ich erledige das.«

      Als Rick auf das Telefon in der Halle zusteuerte, kam Lauderdale an seine Seite. »Ich hatte doch ausdrücklich verlangt, daß die Polizei aus allem herausgehalten wird«, zischte er.

      Rick zuckte lakonisch die Schultern. »Und ich muß die Polizei verständigen, wenn es die Gesetze verlangen, Mr. Lauderdale. Im übrigen kann ich Sie beruhigen Der Fall wird bei Chefinspektor Hempshaw in den besten Händen sein. Ich arbeite schon lange mit ihm zusammen. Er kennt mich und meine Methoden.«

      Ein Anruf im Yard genügte, um Hempshaw und seine Leute in Bewegung zu setzen. Der Chefinspektor beeilte sich besonders, als Rick andeutete, der Vorfall im Haus der Lauderdales hätte etwas mit dem Mord an George Kennloch zu tun.

      Zehn Minuten später war Hemp­shaw zur Stelle. Rick empfing ihn vor dem Herrenhaus.

      »Sind Sie geflogen?« erkundigte er sich bei seinem Freund.

      Hempshaw schüttelte den Kopf. »Das nicht, aber ich habe mich sehr beeilt. Am Telefon klang es so, als würden Sie den Mörder kennen.«

      »Ich habe die Mörderin des Kunsthändlers gesehen, Kenneth.« Rick holte tief Luft. »Sie werden nie erraten, wer sie ist. Die Frau aus dem Gemälde.«

      Chefinspektor Hempshaw riß die Augen auf. Sekundenlang blickte er seinen Freund an, als habe Rick Masters den Verstand verloren.

      »Rick!« stieß er endlich hervor. »Ich habe schon eine ganze Menge von Ihnen gehört, aber das hier ist einsame Spitze.«

      Damit lief er an dem Geisterdetektiv vorbei und betrat das Manor. Rick zuckte die Achseln.

      »Sieht so aus, als würde er mir nicht glauben«, murmelte Rick Masters. »Sieht ganz so aus.«

      *

      Rick Masters besprach seine Fälle immer mit Hazel Kent. So wußte sie auch sehr gut darüber Bescheid, daß in dem Mordfall George Kennloch bisher nichts geschehen war.

      Sie staunte nicht schlecht, als er ihr an diesem Abend, dem einundzwanzigsten Mai, die Vorfälle im Haus der Familie Lauderdale schilderte.

      »Wußtest du, daß ich die Lauderdales sehr gut kenne?« fragte Hazel, nachdem er geendet hatte.

      »Ich hatte keine Ahnung, daß du mit ihnen befreundet bist«, erwiderte Rick verblüfft.

      »Ich habe nicht gesagt, daß wir befreundet sind.« Hazel lächelte verhalten. »Ich kenne die Familie gut. Das ist alles. Wir haben uns vor Jahren einmal ganz ordentlich gekracht, Mr. Lauderdale und ich. Er dachte, ich wäre eine unerfahrene und schwache Frau, die ein wenig Managerin spielen will. Bei einem großen Geschäft wollte er mich kräftig hereinlegen. Er hatte Pech, ich durchschaute seinen Trick.«

      Rick begann zu grinsen. »Dann wird er sich ganz bestimmt freuen, wenn er von unserer Beziehung erfährt. Aber im Ernst, Lauderdale scheint zumindest einen gefährlichen Feind zu haben, jemanden, der die Lady aus dem Bild einsetzt.«

      »Glaubst du denn, daß es die Frau aus dem Bild ist?« fragte Hazel zweifelnd. »Das klingt reichlich phantastisch.«

      »Es könnte natürlich auch jemand sein, der genauso wie diese Frau aussieht«,