aufgrund der Aussage eines Mischlingshundes einen mit magischen Kräften ausgestatteten Mörder suche, nicht wahr? Wissen Sie, was meine Vorgesetzten dann mit mir machen?«
»Sie werden Sie hoffentlich zwangspensionieren«, erklärte Dr. Sterling ungerührt.
Rick grinste flüchtig, wurde jedoch sofort wieder ernst. »Ich habe keine Erklärung für den Mord, aber die Tatsachen bleiben bestehen. Ich werde mich um die Sache kümmern.«
»Dann kann ja nichts schiefgehen«, meinte Hempshaw, und das sagte er ernst. Rick Masters hatte nämlich bisher noch in keinem Fall versagt. »Ich behandle den Fall vorerst wie jeden anderen Mord. Wenn Sie etwas erfahren, verständigen Sie mich. Wo ist eigentlich dieses Bild geblieben?«
»Das möchte ich auch gern wissen«, meinte Hazel Kent. »Ich habe mich drinnen umgesehen, aber nichts entdeckt.«
»George Kennloch hat wahrscheinlich nur als Vermittler gearbeitet«, mutmaßte der Geisterdetektiv. »Der Auftraggeber – oder die Auftraggeberin – hat sich das Bild abgeholt und den Kunsthändler ermordet.«
»Weit hergeholt«, sagte der Chefinspektor. Er hielt sich lieber an handfeste Beweise. »Kommen Sie, Rick, sehen wir nach, ob wir irgendwelche Hinweise auf diesen mysteriösen Auftraggeber finden.«
Eine Stunde später wußten sie nicht viel mehr. Sie hatten den Namen der Verkäuferin herausgefunden und Betty Malloy in ihrer Wohnung angerufen.
Sie war sofort gekommen und fast zusammengebrochen, als sie von dem Mord an ihrem Arbeitgeber erfuhr. Von dem Bild wußte sie allerdings auch nichts.
»Es ist und bleibt eine mysteriöse Sache«, sagte Chefinspektor Hempshaw zuletzt. »Ich fürchte, das wird einer jener Fälle, die uns monatelang beschäftigen und die wir letztendlich doch zu den Akten legen müssen.«
Rick Masters runzelte düster die Stirn. »Sie sollten wissen, daß ich nie aufgebe, Kenneth«, sagte er energisch.
»Auch Ihnen sind Grenzen gesetzt.« Der Chefinspektor zuckte die Schultern. »Aber mir soll es nur recht sein, wenn Sie Erfolg haben. Ich mag es nicht, wenn Leute herumlaufen und Kunsthändler ermorden.«
»Ich auch nicht.« Rick schlug seinem Freund und Helfer auf die Schulter. »Keine Sorge, Kenneth, wir schaffen es schon!«
*
Vorläufig sah es nicht so aus, als würde sich die Prophezeiung des Geisterdetektivs bestätigen. Obwohl niemand Rick Masters offiziell einen Auftrag erteilte, blieb Rick an dem Fall. Er trug die Spesen eben aus eigener Tasche und verzichtete auf Honorar. Sein Bankkonto sah zwar nicht sehr gut aus, doch wenn Rick auf einen Fall Schwarzer Magie stieß, ließ er nicht locker. Er schnürte eben den Gürtel enger und machte auf eigene Faust weiter.
Eine Woche verging, eine zweite. Rick war nahe daran zu verzweifeln. Das Bild tauchte nicht mehr auf. Scotland Yard kam in der Mordsache George Kennloch keinen Schritt voran. Der Kunsthändler hatte ganz allein gelebt und sein kleines Vermögen wohltätigen Stiftungen hinterlassen. Auch hier gab es also kein Mordmotiv. Seine Angestellte wurde vom Testamentsvollstrecker entlassen und ausgezahlt, der Laden aufgelöst.
Sowohl der Chefinspektor als auch Rick Masters durchforschten sämtliche schriftlichen Unterlagen des toten Kunsthändlers. Sie befragten unabhängig voneinander Bekannte und Freunde, Nachbarn und Geschäftspartner. Es kam absolut nichts dabei heraus.
»Ich habe sogar den Laden unter Beobachtung gestellt«, berichtete Chefinspektor Hempshaw vierzehn Tage nach dem Mord, als Rick ihn in seinem Büro besuchte. »Ich ging von der vagen Hoffnung aus, daß es den Mörder an den Ort seiner Tat zurückzieht. Aber nein, nichts! Ich habe nur die Verhaftung eines Betrunkenen zu melden, der in den Laden einbrechen wollte. Der Mann hat mit Sicherheit nichts mit dem Mord zu tun. Ich habe ihn wieder freigelassen.«
»Es ist deprimierend«, gab Rick zu. »So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich will zwar nicht aufgeben, aber ich werde die Nachforschungen vorläufig einstellen. Ich wüßte wirklich nicht, wie ich weitermachen sollte.«
»Ich habe es vorausgesehen, Rick«, meinte der Chefinspektor und brachte seine Beine vor Dracula in Sicherheit. »Beschäftigen Sie sich mit erfolgversprechenderen Fällen.«
»Das werde ich wohl müssen.« Der Geisterdetektiv seufzte übertrieben auf. »Wenn ich meine Kontoauszüge ansehe, bleibt mir gar nichts anderes übrig.«
Er verabschiedete sich von Hempshaw und fuhr zurück in sein Wohnbüro in der City, stellte den Wagen in die Garage und betrat das alte Wohnhaus. Es war ein ehrwürdiges Gebäude. Im Erdgeschoß befand sich das älteste Café der City.
Als Rick Masters die ausgetretene Steintreppe hinaufstieg, merkte er, daß er nicht allein war. Dracula stellte die Nackenhaare auf und stieß ein leises Knurren aus. Damit wollte er seinen Herrn warnen.
Rick Masters war nicht allzu beunruhigt, weil Dracula keine Gefahr durch Übersinnliches zeigte. Es befand sich jemand im Treppenhaus, obwohl nichts zu hören war.
Rick nahm den letzten Treppenabsatz und sah, wer hier auf ihn wartete. Er entspannte sich, da er von dem weißhaarigen Gentleman nichts zu befürchten hatte. Der Mann sah nicht so aus, als wolle er jemandem etwas antun. Vielmehr wirkte er wie jemand, der dringend Hilfe brauchte.
»Mr. Masters?« Der ungefähr siebzigjährige Mann zog die weißen, buschigen Augenbrauen hoch. Er hatte bis jetzt auf der Treppe gesessen und stand nun auf, eine große, hagere, imposante Gestalt.
Rick nickte. »Sie wollten mich besuchen?«
Der Weißhaarige stellte sich vor. »Mein Name ist Harold F. Lauderdale. Ich habe eine wichtige Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen.«
Rick schloß seine Tür auf. »Kommen Sie herein, Mr. Lauderdale«, forderte er seinen Besucher auf und überlegte, woher er den Namen kannte. »Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann.«
Harold F. Lauderdale lächelte gequält. »Ich weiß, worauf Sie anspielen, Mr. Masters. Ich habe gehört, daß Sie sich nur um außergewöhnliche Fälle kümmern. Ich glaube, ich kann Ihnen einen solchen außergewöhnlichen Fall bieten. Jemand versucht, meine ganze Familie auszurotten – ungefähr zwanzig Personen. Ist das außergewöhnlich genug?«
*
Rick Masters bot seinem Besucher erst einmal Platz an und schenkte für sie beide Limonade ein. Etwas anderes hatte Harold F. Lauderdale abgelehnt.
»Lohnt es sich denn, Ihren Clan auszurotten?« fragte Rick direkt heraus, sobald sie einander gegenübersaßen.
Ein knappes Lächeln umspielte Lauderdales Mund. »Ihre Art gefällt mir. O ja, es lohnt sich. Wir gehören zu den reichsten Familien des Landes.«
Bei Rick klingelte es. »Stahlwerke, nicht wahr?«
Harold F. Lauderdale nickte. »Allerdings. Die ganze Familie ist beteiligt. Stirbt einer, fällt sein Anteil automatisch den anderen zu. Bleibt zuletzt nur mehr einer übrig, besitzt er die ganze Firma. Vorausgesetzt, er wird nicht als Mörder der übrigen entlarvt.«
»Das sind harte Worte, Mr. Lauderdale«, bemerkte Rick. »Es heißt, daß Sie zumindest eines Ihrer Familienmitglieder verdächtigen, die anderen ermorden zu wollen.«
»Genau das heißt es.« Lauderdale nickte ernst. »In den letzten zwei Wochen sind sieben Anschläge verübt worden. Ich bin kein Mann, der über reichlich Phantasie verfügt. Ich würde mich sogar als einen sehr nüchternen Menschen bezeichnen.«
»Dann sind Sie felsenfest davon überzeugt, daß sich diese Anschläge tatsächlich ereignet haben.« Rick strich gedankenverloren über das weiße, weiche Fell seines Hundes. »Also gut, ich übernehme den Fall. Waren Sie schon bei der Polizei?«
Mr. Lauderdale zückte einen vorbereiteten Scheck. »Ich will keine Polizei, deshalb komme ich zu Ihnen.«
Rick nahm den Scheck und schluckte, als er die Summe sah. Das war tatsächlich ein fürstliches Honorar.
»Sie haben natürlich keine Ahnung, wer hinter diesen Anschlägen