Patricia Vandenberg

Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman


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dass ihr ein anderes Ende lieber gewesen wäre. »Deshalb wollte seine Frau ihrer Nebenbuhlerin einen Denkzettel verpassen.« Mit diesen Worten faltete sie die Zeitung zusammen und legte sie auf den Stapel zu den Magazinen und Zeitschriften.

      »Ein Glück«, seufzte Wendy. »Mir ist es bedeutend lieber, wenn keine Untoten in unserer Umgebung ihr Unwesen treiben. Sonst müsste ich mir doch noch einen Mann als Beschützer suchen.«

      »Es gibt Schlimmeres, finden Sie nicht?«, grinste Danny und erntete einen zweifelnden Blick.

      »Bei meinem Glück erwische ich wahrscheinlich den Untoten höchstpersönlich«, erwiderte sie, und alle lachten.

      Dann wurde es Zeit, sich an die Arbeit zu machen, und Danny beugte sich über den Tresen, um einen Blick in den Terminkalender zu erhaschen.

      Es gelang ihm nicht.

      »Die erste Patientin heute Morgen ist Marla Brandt«, ließ sich Wendy nicht in die Karten schauen.

      Danny wunderte sich.

      »Was denn? Marla? Aber sie war doch erst vor ein paar Tagen zur Vorsorge hier.«

      »Sie kommt ja auch nicht zu dir, sondern zu deinem Vater«, verkündete Wendy, und ein Lächeln zuckte um ihre Lippen.

      »Was denn, spannst du mir etwa heimlich meine Patienten aus?«, fragte der junge Arzt.

      »Was kann ich dafür, wenn sich die jungen Damen bei mir besser aufgehoben fühlen?«, scherzte Dr. Norden senior und zwinkerte seinem Sohn belustigt zu.

      Beide wussten, dass Marlas Besuch in der Praxis keinen medizinischen Grund haben konnte. Das hätte Danny längst erfahren, wohnte er doch im selben Haus wie die junge Bäckerin.

      »Keine Angst, ich gönne dir dein spätes Erfolgserlebnis«, gab er sich großzügig. »So viele wirst du ja nicht mehr davon haben.« Ehe sein Vater auf diese Frechheit etwas sagen konnte, drehte er sich um und verschwand in seinem Sprechzimmer.

      »Da zieht man die Brut mit Geduld und Liebe auf. Lässt ihr alle erdenklichen Annehmlichkeiten zukommen. Und was erntet man? Nur Undank«, seufzte er, als die Flurtür aufging.

      Es war Marla, und sie hatte die letzten Worte aufgeschnappt.

      »Herrje, wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich mir das mit dem Nachwuchs nochmal überlegt.«

      »Dazu ist es jetzt zu spät«, erklärte Daniel. Mit ausgestreckten Händen ging er auf sie zu und begrüßte sie mit einem Kuss links und rechts auf die Wange. »Die Frage, wie es dir geht, erübrigt sich eigentlich«, machte er ihr ein Kompliment und begleitete sie in sein Sprechzimmer. Dort bot er ihr nicht etwa einen Platz vor dem Schreibtisch an, sondern auf dem Sessel der Sitzgruppe. Er selbst nahm ihr gegenüber Platz und sah sie gespannt an. Obwohl er bereits Informationen vom Leiter des Sanatoriums auf der Insel der Hoffnung hatte, wollte er seinen Eindruck durch Marlas Einschätzung komplettieren.

      »Und? Ist deine Mutter mit unserem Vorschlag zufrieden, sich auf der Insel der Hoffnung einer Behandlung zu unterziehen?«, fragte er.

      »Zufrieden?« Marla lachte. »Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Mama ist schlichtweg begeistert. Sie meinte, wenn sie gewusst hätte, wie schön es dort ist, hätte sie sich schon viel früher einer stationären Therapie unterzogen. Außerdem hat sie festgestellt, dass es viele gutaussehende Ärzte dort gibt.«

      Daniel legte den Kopf in den Nacken und lachte.

      »Solange sie meiner Schwiegermutter nicht meinen Schwiegervater ausspannt, ist mir alles recht.«

      »Mir auch«, erwiderte Marla aus tiefstem Herzen. Unvermittelt wurde sie ernst. »Allerdings muss uns allen auch klar sein, dass wir noch lange keinen Grund zum Feiern haben. Es ist er erst ein winzig kleiner, erster Schritt, den Mama damit tut.«

      »Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.« Auch wenn Daniel wusste, wie recht Marla mit ihrer Bemerkung hatte, wollte er optimistisch in die Zukunft sehen. »Hast du dir schon überlegt, ob du deine Mutter zu eurer Hochzeit einladen willst?«

      Marla nickte.

      »Sie soll mit Pascals Eltern an unserem Tisch sitzen. Ich glaube, wenn sie sich daran erinnert, was es heißt, eine richtige Familie zu haben, dann wird sie daraus die Kraft schöpfen, die sie zum Durchhalten braucht.«

      »Diese Kraft wird ihr auch der kleine Fynn geben«, versicherte Daniel und stand auf. »Danke, dass du trotz Arbeit vorbeigekommen bist. Ich war sehr gespannt auf deinen Bericht.«

      »Kein Problem«, winkte Marla ab und verabschiedete sich mit einer Umarmung von Dr. Norden. »Pascal wartet im Wagen auf mich und bringt mich gleich im Anschluss an die Bäckerei.«

      »Aber überanstreng dich nicht!«, hörte Daniel sich sagen und musste über sich selbst lachen. Er führte sich auf wie der Großvater höchstpersönlich. Doch Marla war dankbar dafür und lächelte, ehe sie die Praxis verließ mit dem Versprechen, gut auf sich und Fynn aufzupassen.

      *

      »Und? Alles klar?«, fragte Pascal, als sie zu ihm in den Wagen stieg. Er wartete, bis sie sich angeschnallt hatte, dann startete er den Motor.

      »Ja, ich denke schon«, erwiderte sie und sah ihren Bräutigam von der Seite an. »Zumindest hoffe ich, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung ist.«

      Ihre Stimme war so voller Sorge, dass Pascal den Motor wieder ausmachte.

      »Wieso? Gibt es vor der Hochzeit noch etwas, was ich wissen sollte? Hast du einen Onkel, der bei uns einziehen will? Eine Schwester, die dringend eine Bankbürgschaft braucht? Ein uneheliches Kind, das ich adoptieren soll?«, zählte er scherzhaft auf, was ihm an Katas­trophen spontan einfiel.

      Marla schüttelte den Kopf.

      »Jetzt weißt du wirklich alles von mir. Trotzdem frage ich mich, ob das nicht ein bisschen zu viel ist.«

      Pascals Gesicht wurde weich vor Liebe zu seiner Braut.

      »Mach dir keine Sorgen, meine Prinzessin«, erklärte er und legte ihr den Arm um die Schultern. Das war nicht so einfach im Wagen, aber es gelang ihm doch. »Ich liebe dich. Lass es mich einfach wissen, wenn ich was für euch tun kann.«

      Seine Liebeserklärung rührte an Marlas strapaziertes Herz.

      »Ich liebe dich auch«, seufzte sie und lehnte den Kopf an seine Schulter. »Aber wir müssen uns wirklich auf einen sehr, sehr langen Weg gefasst machen.«

      »Das will ich hoffen, dass wir einen langen, langen Weg vor uns haben.« Pascal zwinkerte ihr zu. Er beugte sich zu Marla hinüber, um ihr auch noch den letzten Zweifel aus der Seele zu küssen, und startete dann den Wagen, um einen weiteren Schritt auf dem langen gemeinsamen Weg zu machen, den sie vor sich hatten.

Ihm ist nicht zu trauen!

      »Der arme Kerl schafft es kaum noch, die Knöpfe an seiner Hose zu schließen. Haare kämmen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit!« Als Felicitas Norden von den Beschwerden ihres jungen Patienten berichtete, wurde ihr das Herz schwer. »Es fällt Kevin schwer, sich an- und auszuziehen, und seine Hände und Beine fühlen sich taub an.«

      Dr. Daniel Norden saß seiner Frau am Tisch des Cafés ›Schöne Aussichten‹ gegenüber, wo sie sich in ihrer Mittagspause getroffen hatten. Während des Essens – sie hatten sich Flammkuchen und Gemüsequiche schmecken lassen – hatten sie über dies und das geplaudert. Doch jetzt konnte Fee mit ihren Sorgen nicht länger hinter dem Berg halten.

      »Wie lange ist der Junge jetzt schon bei euch in der Klinik?«, erkundigte sich Daniel und nippte an seinem Kaffee.

      »Seit zwei Tagen. Er hat mit seiner Mutter Urlaub in Indien gemacht und sich dort laut Meinung eines Kollegen eine Typhus-Infektion eingefangen. Als sich sein Zustand nicht gebessert hat, hat er Kevin in die Klinik eingeliefert.«

      »Der