Leni Behrendt

Leni Behrendt Box 1 – Liebesroman


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mich aber ganz gut herausgeredet. Na, auf die Gesichter bin ich gespannt.«

      Und sie waren denn auch zum Malen. Zuerst Verblüffung – dann Freude.

      »Bist du gewachsen, Jörn«, staunte Jo, die den Jungen von den Besuchen bei seiner Schwester her gut kannte, dann jedoch längere Zeit nicht mehr gesehen hatte. »Du bist ja beinahe schon ein junger Herr.«

      »Ach, weißt du, Tante Jo, das möchte ich gar nicht sein«, bekannte er treuherzig. »Dann muß man sich immer so tadellos benehmen – und das fällt mir manchmal schwer.«

      »Na, wenn das kein offenes Bekenntnis ist!« lachte die Baronin gleich den andern. »Aber weißt du, Jörn, ich kenne junge Herren, die sich alles andere als gut benehmen.«

      »Dann sind das Banausen, sagt mein Paps. Er jedenfalls benimmt sich stets gut – und von Onkel Bertram und Edzard ganz zu schweigen. Einer ist ein Grandseigneur, der andere ein Mann von Welt.«

      Jetzt ging das Leben in stürmische Heiterkeit über. Er war aber auch zu nett, der dunkle Krauskopf. Ein frischer Junge, aufgeweckt und gut geartet. So ein richtiger Stolz für die Eltern. An der Kaffeetafel führte die Baronin das große Wort. Sie mußte viel erzählen, was sie in ihrer lebhaften Art auch gern tat. Ein bedauerndes »Oh« kam von allen Seiten, als sie erklärte, nur über die Feiertage bleiben zu können.

      »Ja, meine Herrschaften, mehr Zugeständnisse machte mir mein Ehetyrann nicht«, erklärte sie verschmitzt. »Wenn der mir nicht am Rock hängen kann, ist ihm nämlich nicht wohl.«

      »Kunststück – bei so einer Frau –«, bemerkte der Hausherr galant. »Und warum brachten Sie den Herrn Gemahl nicht mit?«

      »Weil er zur Jagd fuhr.«

      »Die hätte er auch hier haben können.«

      »Das schon. Aber mein lieber Friedbert ist ein Mensch, der erst einen Scheffel Salz mit jemand gegessen haben muß, bevor er zutraulich wird. Mit mir sogar zwei, bis er sich zur Werbung entschloß.«

      Jetzt mußte man wieder lachen über das quecksilbrige, fidele Persönchen, das so eine witzige, charmante Plauderin war. Und dazu gut von Herz und Gemüt, sauber von innen und außen. Eine bessere Lehrmeisterin hätte das Scheusälchen Dörth ja gar nicht finden können als diese patente Frau.

      Man saß dann auch noch lange zusammen. Trank einen vorzüglichen Wein, unterhielt sich so richtig fidel und genoß dabei den wundervollen Maiabend mit allen Sinnen.

      »Ein Duft ist das hier, der direkt trunken macht«, sagte Jo, die von Rautenau restlos entzückt war. Sie hatte es sich wohl großartig vorgestellt, aber so feudal denn doch nicht.

      »Ein Labsal für denjenigen, der von einem Gestüt kommt, wo einem die Pferde fast über die Beine laufen und dabei ihren Eigengeruch verströmen. Für sie wird alles getan, für die Menschen nichts. Die müssen sich auf einen engen Raum beschränken.«

      »So ist der Gatte ein Pferdenarr, Frau Baronin?« fragte Edzard.

      »Ein sehr leidenschaftlicher, Herr Graf.«

      »Und dann war er noch nicht hier, um sich unsere Pferdezucht anzusehen?«

      »Haben Sie denn eine?«

      »Ja. Allerdings nur klein, aber auserlesen.«

      »Das hätte mein Friedbert wissen müssen! Dörth, warum hast du mir nicht davon geschrieben?«

      »Weil ich es für nebensächlich hielt.«

      »Pferde – und nebensächlich – einen Schock würde mein Bertie bei der beleidigenden Äußerung kriegen! Würde seine Liebe zu dir aus dem Herzen reißen mit Stumpf und Stiel.«

      »Liebt er die Dörth?« fragte der Hausherr schmunzelnd, und sie lachte verschmitzt.

      »Und wie! Er nahm mich ja nur, weil er sie nicht kriegen konnte.«

      Diese Bemerkung hatte nun wieder einen Heiterkeitsausbruch zur Folge. Dann sagte Edzard: »Sie haben uns aber noch gar nicht Ihren jetzigen Wohnsitz verraten, Frau Baronin.«

      »Nanu wird’s Tag«, entgegnete sie verblüfft. »Wissen Sie ihn denn nicht von Doro?«

      »Nein. Das hielt sie wohl auch für – nebensächlich.«

      »Na, warte bloß, du Strolch! Wo wir doch so stolz auf unser Gestüt sind, wäre es wohl einer Erwähnung wert. Wir kauften es von der Fürstin Zern, die es nur deshalb abgab, weil sich kein richtiger Verwalter finden ließ. Es war kein leichtes Verhandeln mit dieser hochfahrenden, bissigen Dame.«

      »Uijeh, ist die auch schon wieder im Lande?« fragte Georg Sander direkt entsetzt.

      »Ja. Sie gedenkt jetzt im Schlößchen, dem Buen Retiro der Zern, seßhaft zu werden, weil ihr Mann verstorben ist und sie das Herumzigeunern einfach satt hat.«

      »Na, da macht euch nur gefaßt, ihr Lieben«, sagte Georg jetzt so richtig schadenfroh. »Die wird euch jetzt ständig im Haus liegen, da sie eine so große Vorliebe für euch hat.«

      »Laß mich zufrieden«, brummte Bertram. »Ich habe keine Lust, meinen Geist fortan in Gala zu hüllen. Denn das muß man bei dieser geistreichen, bissigen Dame.«

      »Onkel Bertram, dann benimm dich doch einfach wie ein Banause«, schlug Jörn vor, der, mollig an sein geliebtes Schwesterlein geschmiegt, wachsam die Unterhaltung verfolgte. »Dann kneift diese Galadame bestimmt.«

      »Du hast den Sinn erfaßt, mein Sohn«, schmunzelte Bertram. »Aber nun mal eine Frage, meine verehrte Frau Baronin: Handelt es sich etwa um das Gestüt ›Pferdelust‹, das Sie käuflich erwarben?«

      »Ganz recht, Herr Graf.«

      »Und das erfahren wir erst jetzt, wo doch dieses schmucke Gestüt gewissermaßen nur einen Katzensprung von Rautenau entfernt liegt?«

      »Den Vorwurf müssen Sie Doro machen, die meinen Bertie und mich bei Ihnen – verleugnete.«

      »Also Jo, jetzt tu bloß nicht so scheinheilig«, schnitt die Beschuldigte eine Grimasse. »Sag lieber, daß dein vielgeliebter Bertie dich bisher so aufgezäumt hielt, daß du nicht loskommen konntest, um den nachbarlichen Besuch zu machen. So gehört es sich nämlich für die Zugezogenen den Alteingesessenen gegen­über.«

      »Sie hat sogar recht«, war die schlagfertige Weltdame jetzt so verblüfft, daß die andern sich die Lachtränen aus den Augen wischen mußten. Und als man sich dann zur guten Nacht trennte, mußte man zugeben, schon lange nicht mehr einen so fidelen Abend verlebt zu haben.

      *

      Baronin Salte, deren zierliches Figürchen fast in dem breiten Bett verschwand, zog das Näschen unwillig kraus und brummte:

      »Bertie, so laß mich doch schlafen. Oder ist etwas mit deinen Pferden passiert?«

      Schon saß sie aufrecht, wischte den letzten Schlaf aus den Augen und starrte dann verdutzt auf Doro, die auf dem Bettrand saß und sich vor Lachen schier ausschütten wollte. In der Hand hielt sie eine Federpose, mit der sie erneut nach Jos Nase zielte.

      »Bertie, natürlich Bertie! Du bist mein Traum in dunkler Nacht, mein höchstes Glück, wenn ich erwach’ –«

      »Hör bloß auf, du übermütiger Strolch! Den Unsinn macht Bertie nämlich auch immer, wenn er mich anders nicht wachkriegen kann«, warf sie sich lachend in die Kissen zurück. »Nur daß der greuliche Mensch dazu nicht eine Federpose wie du benutzt, mit dem er meine Nase kitzelt, sondern Pferdehaare. Was ficht dich an, mich so brutal zur nachtschlafenden Zeit zu wecken?«

      »Nachtschlafende Zeit nennst du das?« zeigte Doro zu dem weit geöffneten Fenster hin, durch das die Sonne golden lachte. »Mein liebes Kind, wir haben sieben Uhr. Ich will doch nicht annehmen, daß du ansonsten als Frau eines Gestüters dir um elf Uhr die Morgenschokolade ans Bett bringen läßt?«

      »Kluges Kind. Um acht Uhr wird bei uns gefrühstückt. Und bei euch?«

      »Gleichfalls. Das heißt, für Papa und