dem Kopf.
»Keine schlechte Idee«, spielte Daniel Norden das Spiel vergnügt mit. »Sobald sein ältester Sohn die Doktorarbeit in der Tasche hat, können wir darüber reden. Aber es kommt natürlich auch auf die Bezahlung an.«
Bei diesem Wort öffnete Fee die Augen wieder und schickte ihrem Mann einen funkelnden Blick aus ihren ungewöhnlich violetten Augen.
»Das ist ja mal wieder typisch! Ihr Männer denkt nur ans Geld.«
Diesen Kommentar quittierte Daniel mit einem verschmitzten Grinsen.
»Oh, ich könnte mir auch eine Bezahlung in Naturalien vorstellen«, erklärte er mit vielsagendem Blick auf Fees lange, schlanke Beine, die selbst nach all den Jahren ihren Reiz nicht verloren hatten.
»Naturalien also«, wiederholte seine Frau schelmisch und dachte ganz offensichtlich nach. »Ich glaube, ich hab im Kühlschrank eine Käseplatte entdeckt. Und wie ich Lenni kenne, hat sie dazu einen Teller Trauben und Birnen hergerichtet. Hmmm, mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.«
Lachend hob Daniel die Hände. Mit dieser Interpretation des Wortes ›Naturarlien‹ hatte sie ihn ausgetrickst.
»Schon gut, schon gut, ich habe verstanden«, gab sich Daniel geschlagen, stand auf und verließ das Wohnzimmer, um gleich darauf mit einem Tablett voller Köstlichkeiten zurückzukehren. »Ich wollte nur erwähnen, dass ich den Käse eigenhändig gekauft habe«, erklärte er, während er eine Flasche Wein entkorkte und zwei Gläser voll einschenkte. »Hab ich dir eigentlich erzählt, dass ich Jakob Rieger an der Supermarktkasse getroffen habe?«
Fee dachte kurz nach. Seit sie ihren Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie machte und dafür ein Praktikum an der Behnisch-Klinik absolvierte, hörte sie jeden Tag von allen Seiten so viele Geschichten, dass sie manchmal nicht mehr wusste,wer ihr was erzählt hatte.
»Nein, ich glaube nicht. In diesem Fall könnte ich mich nämlich wenigstens daran erinnern, wer dieser Jakob Rieger überhaupt ist.«
»Einer meiner ehemaligen Lehrer vom Gymnasium«, klärte Daniel seine Frau bereitwillig auf. Er reichte ihr das Glas Wein, ehe er sich wieder setzte. Auch Fee hatte sich aufrecht hingesetzt und begutachtete hungrig die appetitliche Käseplatte. »Bei ihm haben wir damals unseren Abistreich gespielt …«
»Ach, das ist der arme Mann, bei dem ihr den Feueralarm ausgelöst habt!«, erinnerte sich Fee an die lustige Erzählung, die ihr Mann hin und wieder zum Besten gab.
Daniels Augen begannen zu glänzen.
»Stimmt genau! Darüber haben wir im Supermarkt auch geredet«, schmunzelte er vergnügt. »Als alle Lehrer und Schüler auf dem Pausenhof waren, gab es eine riesige Wasserschlacht. Herrn Rieger hat es besonders schlimm erwischt. Er hat sich böse erkältet und ist mit einer Lungenentzündung in der Klinik gelandet. Aber das haben wir glücklicherweise erst hinterher erfahren.«
»Ist er dir noch böse?«, fragte Fee und steckte ein Stück Weißbrot, garniert mit einem Stück Bergkäse und einer Scheibe Birne, in den Mund.
»Ganz im Gegenteil«, konnte Daniel Entwarnung geben. »Bei dieser Gelegenheit hat Herr Rieger nämlich seine Frau, eine Krankenschwester, kennengelernt und laut seinen Worten viele harmonische Jahre mit ihr verbracht. Leider hat sie sich vor ein paar Monaten von ihm getrennt und er muss die geplante Afrikareise mit einem Freund machen. Die beiden kommen nächste Woche für einen gründlichen Check in die Praxis.« Auch Daniel hatte sich ein Stück Käse abgeschnitten und biss herzhaft hinein, ehe er sein Glas hob und einen Schluck von dem tiefroten Wein trank.
»Wie schön!«, freute sich Fee über dieses unvermutete Wiedersehen. »Bestimmt habt ihr euch noch viel zu erzählen.«
»Das glaube ich auch«, stimmte Daniel seiner Frau zu und maß sie mit liebevollem Blick. Ihre Art, sich für ihn zu freuen, nahm ihn jedes Mal wieder gefangen. »Aber bevor es so weit ist, erzählst du mir hoffentlich, wie dein Tag war«, bat er und streichelte ihr zärtlich über die Wange.
Genau das hatte Fee vor, und ehe es sich das Ehepaar versah, war es in ein angeregtes Gespräch vertieft. Dabei ging es nicht nur um Fees Arbeit, sondern auch um Tatjana, ihre Krankheit und um das schwierige Verhältnis zwischen Danny und ihr. Auch Marios Verabredung mit Lernschwester Carina kam zur Sprache und wurde fröhlich diskutiert. Selbst wenn die Familienmitglieder nicht anwesend waren, drehte sich doch alles um die Menschen, die Fee und Daniel so sehr liebten. Sie waren es, die ihr Leben reich und bunt machten, und die gemeinsam durchgestandenen Krisen hatten ein festes Band zwischen ihnen gewoben. Dass das auch für Tatjana und Danny galt, das konnten Fee und Daniel nur hoffen.
*
Fee und Daniel Norden ahnten nicht, dass ihr ältester Sohn im Augenblick mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen hatte.
»Bitsi, was machst du denn hier?« Danny war ebenso überrascht wie erfreut, als er zu seiner Jugendfreundin in den Hauseingang trat.
Die Malerin sah ihn einen Augenblick lang an, dann warf sie den Kopf in den Nacken und lachte ihr ansteckendes Lachen.
»Herrlich! Es gelingt mir immer wieder, dich zu überraschen.« Ein Windstoß fuhr durch ihr braunes Haar, und einzelne, rotbraune Strähnen reflektierten das Licht der Straßenlaterne, das schon eingeschaltet war.
In diesem Augenblick erschien sie Danny wie eine Prinzessin aus einer fernen Galaxie, und er kostete diesen Augenblick weidlich aus.
»Na ja, immerhin bist du seit über zehn Jahren nicht mehr einfach so vor meiner Haustür aufgekreuzt«, erwiderte er schließlich und sah sie fragend an. »Woher weißt du eigentlich, wo ich wohne?«
»Das war nicht weiter schwierig«, wich Bitsi einer ehrlichen Antwort aus und einen Moment lang hatte Danny den unangenehmen Gedanken, dass sie ihm möglicherweise am Abend zuvor gefolgt war. »Darf ich reinkommen oder lässt du deine Gäste immer vor der Tür stehen?«, fragte sie in seine Gedanken hinein herausfordernd.
Offensichtlich war Brigitte es gewohnt, den Ton anzugeben, und steuerte ohne Umwege auf ihr Ziel zu. Danny haderte einen Augenblick mit sich. Plötzlich fühlte er sich gar nicht mehr so wohl in seiner Haut, hatte aber keine Idee, wie er sich unauffällig aus der Affäre ziehen konnte.
»Also gut, komm rein«, beschloss er, sich der Situation zu stellen.
Hintereinander betraten sie den Hausflur und standen nur ein paar Minuten später in seiner geschmackvoll eingerichtete Wohnung im oberen Stockwerk des altehrwürdigen Hauses.
»Eine freudige Begrüßung stelle ich mir irgendwie anders vor«, reklamierte Bitsi und das Lächeln, das um ihre Lippen spielte, war eindeutig spöttisch.
»Tut mir leid, aber ich hatte einen langen, anstrengenden Tag«, redete sich Danny heraus und hängte seine Jacke an die Garderobe. »Kann ich dir die Jacke abnehmen?«, erinnerte er sich gerade noch rechtzeitig an seine Pflichten als Gastgeber.
»Nein, danke, die behalt ich lieber an.« Demonstrativ versenkte Bitsi die Hände in den Taschen und wandte sich ab. Ohne auf Danny zu warten, begann sie ihren Rundgang durch die Wohnung. »Hier willst du also auch neue Farbe an die Wände?«, fragte sie ihn, als er zu ihr trat und ihr ein Glas Weißwein in die Hand drückte.
Er selbst hatte sich auch eines eingeschenkt und prostete seiner Jugendfreundin zu, ehe er antwortete:
»Ich finde dieGelegenheit günstig. Wie gesagt: Tatjana soll in der kommenden Woche hier ein …« Mitten im Satz hielt Danny inne und mit einem Schlag waren die quälenden Gedanken wieder da.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, trank Bitsi einen Schluck vom angenehm kühlen Wein.
»Wie geht es ihr denn?«, erkundigte sie sich pflichtschuldig.
»Wenn alles gut geht, wird sie bald entlassen.«
»Und du bist sicher, dass sie dann gleich in der Lage ist, hier zu streichen?«
Danny zögerte. Allmählich wurde ihm dieses Verhör unangenehm. Zum ersten Mal, seit er Bitsi Beer wiedergesehen hatte, empfand