Sahra Wagenknecht

Kapitalismus, was tun?


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Auf der Nachtseite des teuren US-Systems stehen mehr als 40 Millionen Amerikaner, die gänzlich ohne Krankenversicherung leben müssen, weil sie sich die teuren Prämien nicht leisten können. Und sofern die durchschnittliche Lebenserwartung als Indiz für den Nutzwert eines Gesundheitssystems gelten kann, ist das US-amerikanische unter denen der 14 größten Industriestaaten das schlechteste. Die Privatisierung hat also in erster Linie zu einer extremen Kluft zwischen medizinischen Spitzenleistungen, die für eine kleine wohlhabende Klientel erbracht werden, und einer katastrophalen Unterversorgung gerade ärmerer Bevölkerungsschichten geführt. Wer wissen will, wohin Schmidts Reise geht, wenn Widerstand weiterhin so schwach bleibt, dem sei daher hier wie in anderen Fragen der Blick nach Übersee empfohlen.

      Die Alternative? Ein erster Schritt wäre die gesetzliche Kontrolle der Preise für Pharmaprodukte, die diese um etwa ein Drittel verbilligen könnte (denn die durchschnittlichen Gewinnmarge allein der Hersteller im Pharmabereich liegt bei dreißig Prozent). Als nächstes stünde die Beitragspflicht aller Einkommensarten für die gesetzliche Krankenversicherung an, also auch der Einkommen aus Gewinn und Vermögen, die in den letzten Jahren massiv gewachsen sind. Ein dritter Schritt wäre die Abschaffung der Versicherungspflichtgrenze, so dass auch gesunde Gutverdiener gesetzlich versichert bleiben. Der vierte Schritt ergibt sich als Konsequenz aus dem dritten und bestünde in der Abschaffung privater Krankenversicherungen; damit hätte jene zynische Konkurrenz um die lukrative Kundschaft der jungen Gesunden mit hohem Salär ein Ende. Dies alles zusammen würde die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen so hinreichend entlasten, dass Defizite ebenso der Vergangenheit angehören könnten wie private Zuzahlungen jeder Art.

      21. Juni 2003

      Beschenkte Millionäre

      Der Weg der Erkenntnis ist lang. Inzwischen hat es sich also bis ins Kanzleramt herumgesprochen, dass konjunkturelle Flauten und unausgelastete Kapazitäten nicht, wie obligatorisch betont, Folge von »Reformstau« und »hohen Lohnkosten« sein müssen, sondern womöglich aus mangelnder Nachfrage herrühren könnten. Konsumtive Nachfrage wiederum, das haben die Hofökonomen Schröder beigebracht, resultiert aus dem Einkommen, das die Leute netto nach Hause tragen. Um also die Konjunktur wieder auf Trab zu bringen, hat der Kanzler flugs gefolgert, muss man die Einkommen steuerlich entlasten, je höher sie sind, desto mehr, und je eher, je besser.

      Dieser Schluss gefiel der Wirtschaftslobby, die sofort die Trommel zu rühren begann, und siehe da: in Neuhardenberger Idylle ward der vielbeschworene »Sparzwang« plötzlich vergessen, und die letzte Stufe der Steuerreform, die eigentlich erst 2005 fällig gewesen wäre, kommt nun schon nächstes Jahr. Der Eingangssteuersatz wird am 1. Januar 2004 von 19,5 auf 15 Prozent sinken und der Spitzensteuersatz von 48,5 auf 42 Prozent. Das steuerfreie Existenzminimum steigt auf 7664 Euro. Schätzungsweise 21 Milliarden Euro kostet das generöse Steuergeschenk die öffentliche Hand, 15,6 Milliarden mehr als ursprünglich geplant.

      Beschäftigte und mittelständische Firmen hätten damit, rechnete Schröder den angereisten Journalisten vor, »zehn Prozent weniger Einkommenssteuer zu zahlen als 2003«, ein Resultat, zu dem man für den individuellen Fall zwar auf den ausgetretenen Pfaden der üblichen Mathematik nicht gelangt, aber wenn Schröder einmal am Reformieren ist, warum dann nicht gleich auch die schnöden Rechengesetze … »Zehn Prozent weniger Einkommenssteuer«, erläuterte der Kanzler ferner seine neue Einsicht in den volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhang, »bedeuten zehn Prozent mehr für den Konsum«, weshalb er »positive Wachstumsimpulse« erwarte.

      Auf die wartet die SPD bekanntlich schon eine Weile, und es wird vorerst auch beim Warten bleiben. Denn so richtig es ist, dass mangelnde – genauer: durch Sozialkürzungen und niedrige Lohnabschlüsse abgeschnürte und abgewürgte – Kaufkraft eine wesentliche Ursache der volkswirtschaftlichen Malaise darstellt, so absurd ist die Annahme, dass die Steigerung des verfügbaren Einkommens als solche daran etwas ändern kann. Die statistische Gesamtgröße »verfügbares Einkommen« steht nämlich in keinerlei ursächlichem Zusammenhang zur Höhe der Konsumnachfrage. Der entscheidende volkswirtschaftliche Parameter ist die Verteilung dieses Einkommens.

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