in der Welt der materiellen Erscheinungen für uns zur sichtbaren Form werden kann.
Unsere Gedanken sind demnach die geheimnisvollen Zauberer, die uns Erdenmenschen dauernd verursachen, erbauen, leiten, lenken, zu Taten und Dingen drängen und so ein haargenaues Abbild unseres eigenen Denkens erschaffen.
Wir können demnach immer nur so sein, wie wir bewusst oder unbewusst denken, dass wir es sind. Im Leben kann uns immer nur das zukommen, wovon wir bewusst oder unbewusst gedanklich annehmen, dass es uns zukommen wird.
Alles, was uns im Leben zukommt: eine jede Tat, eine jede Handlung, die zeitweilige Beschaffenheit unseres Körpers, mit einem Worte, unser ganzes sogenannte materielle Leben stellt stets das naturgemäße Resultat unseres gewöhnlichen, alltäglichen Denkens, unserer eigenen jeweiligen Anschauung über das Leben dar.
Somit ist das Denken für uns zweifellos das wichtigste Erfordernis auf der Welt, denn davon hängt das Wohl oder Wehe des einzelnen Menschen ab.
Doch wie alles auf der Welt, unterliegt auch das Denken ehernen Gesetzen.
Wir können unser Denken nicht beliebig ändern, da unsere zeitweilige Denkweise genau von unserem jeweiligen Entwicklungsgrad abhängt.
Um zu einer neuen und besseren Denkweise gelangen zu können, bedarf es neuer Erkenntnisse. Neue Erkenntnisse kann man aber erst dann annehmen, wenn man die hierzu nötige Reife erlangt hat.
Zu der nötigen Reife kann man aber immer nur durch Erfahrungen gelangen, denen Irrtümer und darauffolgende Misserfolge, Unglücksfälle und Leiden vorausgehen mussten.
Gewiss haben sich schon viele gewundert, dass manchen Menschen im Leben sozusagen alles gelingt. Alles, was sie anfassen, wird sprichwörtlich zu Gold. Sie haben überall die denkbar größten Erfolge zu verzeichnen, obwohl sie sich absolut nicht zu sehr anstrengen und sehr oft mit einem Nichts angefangen haben.
Anderseits gibt es wieder Leute, die es trotz größter Mühe und Arbeit zu nichts bringen und all zu oft gezwungen sind, an das Mitleid anderer appellieren zu müssen.
Weiteres gibt es Menschen, die frühzeitig sterben und solche, die ein hohes Alter erreichen.
Dann gibt es wieder solche, die vielen Krankheiten unterworfen sind und andere, die sich der besten Gesundheit erfreuen.
Man sieht Leute von schöner und gefälliger Erscheinung, wogegen andere hässlich und verkrüppelt sind.
Viele sind arm am Geist, andere wieder weise und klug.
Des einen Wiege umgab der Luxus, des anderen wieder trostloseste Armut.
Warum diese Ungleichheiten im Leben?
Warum diese offensichtliche Ungerechtigkeit?
Gibt es irgendwo ein grausames Schicksal, das die einen zwingt, ein trost- und erfolgloses Dasein zu fristen, während es anderen nur Reichtum und Fülle spendet?
Die Frage des Schicksals muss allerdings bejaht werden, doch, wie wir später sehen werden, nicht zu unserem Unglück, sondern zu unserem Glück.
Da alles auf der Welt bestimmten Gesetzen und somit einem wohlweisen Schöpfungsplan unterliegt, steht auch unser Leben unter der Vorherbestimmung alles Geschehens, worüber wir nicht hinaus können.
Alles, was uns Menschen, sei es heute, morgen oder in der unendlichen Reihe unserer Leben zukommen wird, ist schon seit Ewigkeit festgelegt.
Der Vorteil dieser Vorherbestimmung liegt aber darin, dass unser Leben einem dauernden Aufstieg, einer ununterbrochenen Aufwärtsentwicklung unterworfen ist.
Eine Aufwärtsentwicklung wäre aber undenkbar ohne Irrtümer und Fehler bzw. ohne eine Schuld und ohne eine darauffolgende Sühne.
Es wäre unmöglich, etwas Neues und Besseres aufnehmen zu können, wenn man nichts verschuldet und deshalb nichts zu sühnen hätte.
Deshalb tragen alle Handlungen unausbleiblich die Früchte, die ihnen entsprechen.
Das Gesetz der alles ausgleichenden Gerechtigkeit, das die Inder Karma nennen, wird deshalb zum Zweck der Aufwärtsentwicklung zur unbedingten Notwendigkeit.
So ist es unmöglich, dass das Gute (die Wahrheit) ohne Lohn und das Böse (die Unwissenheit, der Irrtum) ohne Strafe bliebe.
Was wir Menschen durch unsere Unwissenheit manchmal schon in früheren Leben zwangsmäßig durch das Gesetz der Vorherbestimmung zum Zweck unserer Höherentwicklung verschuldet bzw. falsch gemacht haben, müssen wir sehr oft noch in diesem Leben sühnen.
So kommt es, dass manche ein hohes Alter erreichen und andere frühzeitig sterben, dass die einen Erfolge haben und andere zu Misserfolgen verdammt sind, dass manche viele Krankheiten zu erdulden haben, während sich andere der besten Gesundheit erfreuen, dass viele in unschöner Gestalt geboren werden, während die anderen schön an Wuchs und Angesicht wieder das Licht dieser Welt erblicken usw.
Jetzt wissen wir, dass viele, die zur Zeit das größte Unrecht ungestraft vollbringen, dasselbe vielleicht noch in diesem, jedenfalls aber in ihren ferneren Leben büßen müssen werden.
Es existiert ein Gesetz der alles ausgleichenden Gerechtigkeit, das einem jeden genau das zukommen lässt, was er anderen zufügte.
Dies fühlen die Menschen ganz genau, und es ruht in allen Menschen eine mehr oder weniger starke Furcht vor Vergeltung für das, was sie anderen Böses tun oder bereits getan haben.
B. Traven sagt: „Eine nackte Profitgier kann auf die Dauer selbst den hartgesottensten Geldmacher nicht vor Selbstanklagen und unruhigen Gedanken schützen. Die Menschen fürchten, dass eine schäbige Tat, die sie begangen haben, sich an ihnen oder an denen rächen könnte, die sie lieben. Manche Leute fürchten, dass alles Gut, was sie auf unrechte und niederträchtige Art gewinnen, wieder verloren geht. Andere fürchten, dass sie nach einer bösen Tat vom Unglück in ihrem ferneren Leben verfolgt werden, dass sie krank werden oder siech, und dass, wenn sie selbst nicht getroffen werden, ihre Kinder oder Frauen oder besten Freunde dafür leiden müssen. Viele gehen so weit in diesem Glauben, dass sie denken, dass ganz genau dasselbe, was sie jemand antaten, ihnen selbst eines Tages angetan werden wird.
Das ist einer der psychologischen Gründe, der alle Menschen eine Grenze ziehen lässt, über die sie nicht hinauszugehen wagen.
Jeder Mensch weiß, dass er nicht der Allmächtige, nicht der Allstarke ist. Jeder weiß, dass er irgendwie in die Hände eines Stärkeren fallen kann, der ihn genau so behandelt, wie er andere behandelt hat.
Dieser Instinkt ist es, der das soziale Zusammenleben und Zusammenwirken der Menschen allein ermöglicht. Dieser Instinkt ist es, der manchen bösartigen Menschen daran hindert, nachts Eisenbahngleise zu zerstören. Einmal kann in dem Zug jemand sitzen, den der Mann auf keinen Fall vernichten möchte. Zum anderen kann eines Tages auch ein anderer das nachmachen und die Schienen zerstören, wenn er selbst im Zuge sitzt und umkommen kann.
Aus diesem Grunde foltert und quält auch kein normaler Mensch einen anderen Menschen, der in seiner Macht ist, und auch selten ein Tier, aus reiner Freude am Foltern.
Jeder Mensch sucht nach einer Rechtfertigung, um das Niederträchtige und Unsoziale, das er tut, vor sich selbst zu begründen, um es dadurch weniger niederträchtig und weniger unsozial erscheinen zu lassen.“
Doch auch die begründetste Rechtfertigung vor sich selbst oder anderen kann das Böse einer Tat nicht auslöschen, und der Mensch muss es früher oder später sühnen.
So stellt der Fluch einer jeden bösen Tat den erlösenden Engel dar, der den Menschen durch das zwangsmäßig selbstverursachte Leid zum Erkennen des Guten führt.
Langsam erkennen wir, dass wir niemand etwas Böses zufügen können, ohne selbst darunter zu leiden und dass uns auch niemand schaden kann, den wir wirklich lieben.
Durch