Manne.
›Nichts!‹ antwortet der.
Sie glaubt nicht recht gesehen zu haben und setzt ihre Pfanne wieder aufs Feuer … Puff! ein Kopf fällt durch den Kamin.
›Siehst du! Das ist genau des Toten Kopf,‹ sagt die Alte. ›Wie er mich ansieht! Was will er denn von mir?‹
›Daß du ihn rächst!‹ sagt eine Stimme zu ihr.
›Wie dumm du bist!‹ sagt der Hanfbrecher. ›Was du nicht für verrücktes Zeug siehst, das keinen Sinn und keine Vernunft hat!‹ Er nimmt den Kopf, der ihn in den Finger beißt, und wirft ihn in seinen Hof.
›Mach' mir einen Pfannkuchen,‹ sagt er, ›und rege dich nicht darüber auf. Es ist ein Kater!‹
›Ein Kater!‹ sagt sie, ›er war rund wie eine Kugel.‹
Wieder stellt sie die Pfanne aufs Feuer … Puff! fällt ein Bein herunter. Dieselbe Geschichte. Der Mann, der nicht erstaunter ist, den Fuß zu sehen, als er den Kopf gesehen hat, packt das Bein und wirft's vor die Tür. Schließlich kamen nacheinander das andere Bein, die beiden Arme, der Körper, der ganze ermordete Reisende herunter. Kein Pfannkuchen kommt zustande. Der alte Hanfhändler hatte tüchtigen Hunger.
›Beim ewigen Heil meiner Seele,‹ sagt er, ›wenn mein Pfannkuchen fertig wird, wollen wir dem Manne da seinen Willen tun.'
›Jetzt gibst du also zu, daß er ein Mensch ist?‹ sagt die Bucklige. ›Warum hast du denn eben behauptet, es wäre kein Kopf, alter Nörgelfritz?'
Die Frau zerschlägt die Eier, bäckt den Pfannkuchen und trägt ihn, ohne weiter zu brummen, auf, weil sie angesichts dieses Spuks unruhig zu werden begann. Ihr Mann setzt sich hin und fängt an zu essen. Die Bucklige, die Angst hat, erklärt keinen Hunger zu haben.
›Poch, poch,‹ macht ein Fremdling, der an die Tür klopft.
›Wer ist denn da?'
›Der Erschlagene von gestern!'
›Kommt herein,‹ antwortete der Hanfbrecher.
Der Reisende tritt also ein, setzt sich auf den Schemel und sagt:
›Denkt an Gott, der den Leuten, die sich zu seinem Namen bekennen, Frieden für die Ewigkeit verleiht. Weib, du hast mich sterben sehen und bewahrst Stillschweigen! Die Schweine haben mich gefressen! Schweine gehen nicht ins Paradies ein. Also muß ich, der ich ein Christ bin, in die Hölle kommen, weil's ein Weib gibt, das nicht schwatzt. Sowas ist noch nicht dagewesen. Du mußt mich erlösen!'
Und noch anderes redet er.
Die Frau, die immer größere Angst hatte, macht ihre Pfanne sauber, zieht ihren Sonntagsstaat an und erzählt vor Gericht das Verbrechen, das entdeckt wird; die Diebe wurden auf dem Marktplatze hübsch gerädert. Nachdem dies gute Werk geschehen war, kriegen die Frau und der Mann immer den schönsten Hanf, den man je gesehen hat. Dann bekamen sie, was ihnen am angenehmsten war und was sie sich seit langem gewünscht hatten, nämlich einen strammen Buben, der im Laufe der Zeit Baron des Königs wurde. Das ist die wahrhaftige Geschichte von der mutigen Buckligen.«
»Ich höre solche Geschichten nicht gern, denn ich träume davon,« sagte die Fosseuse. »Napoleons Abenteuer sind mir lieber.«
»Das stimmt,« sagte der Flurschütze. »Heda, Monsieur Goguelat, erzählt uns vom Kaiser!«
»Es ist schon zu spät am Abend,« sagte der Landbriefträger, »und die Siege kürze ich nicht gerne ab.«
»Das ist gleich; erzählt uns trotzdem! Wir kennen sie, da wir Euch schon oftmals davon haben erzählen hören; da hört man ja stets mit Vergnügen zu.«
»Erzählt uns vom Kaiser!« riefen mehrere Leute zugleich.
»Ihr wollt es?« antwortete Goguelat. »Schön, ihr werdet sehen, daß es wirklich nichts ist, wenn man es im Sturmschritt abmacht. Ich will euch lieber 'ne ganze Schlacht erzählen. Wollt ihr von Champ-Aubert hören, wo es keine Patronen mehr gab und wo man sich trotzdem mit Bajonetten gekitzelt hat?«
»Nein! … Vom Kaiser! Vom Kaiser!«
Der Infanterist stand von seinem Heubündel auf, ließ über die Gesellschaft jenen dunklen Blick gleiten, wie ihn die alten Soldaten haben, jenen Blick, der von Unglück, Erlebnissen und Leiden geschwängert ist. Er faßte seinen Rock bei den beiden Vorderzipfeln, hob sie auf, wie wenn es sich darum handelte, den Sack, der einst seine Sachen, seine Schuhe, seine ganze Habe enthielt, wieder aufzuladen; dann verlegte er das Gewicht seines Körpers auf das linke Bein, stellte das rechte vor und gab den Wünschen der Versammlung gutmütig nach. Nachdem er seine grauen Haare aus der Stirne gestrichen hatte, richtete er den Kopf gen Himmel, um sich auf die Höhe der riesenhaften Geschichte zu stellen, die er erzählen wollte.
»Wißt, liebe Freunde, Napoleon ist auf Korsika geboren, das ist eine französische Insel, die von der italienischen Sonne durchglüht wird, wo alles wie in einem Ofen kocht und wo man sich untereinander vom Vater auf den Sohn für nichts und wieder nichts totschlägt: das ist so eine Idee, die sie haben. Um mit dem Ungewöhnlichen der Sache zu beginnen: seine Mutter, welche die schönste Frau ihrer Zeit und eine Schlaubergerin war, kam auf den Gedanken, ihn Gott zu weihen, um ihn allen Gefahren seiner Kindheit und seines Lebens zu entziehen, weil sie geträumt hatte, die Welt stände am Tage ihrer Entbindung in Brand. Das war eine Prophezeiung! Sie betet also, Gott möge ihn unter der Bedingung beschützen, daß Napoleon seine heilige Religion, die damals im argen lag, wiederaufrichten werde … Das ist abgemacht worden, und so ist es gekommen!
Jetzt hört mir gut zu und sagt mir, ob das, was ihr hören sollt, natürlich ist!
Es ist sicher und gewiß, daß nur ein Mensch, der den Einfall gehabt hatte, einen geheimen Pakt zu schließen, es wagen konnte, mitten durch die Linien der anderen, die Kugeln und Kartätschenfeuer hindurchzugehen, das uns wie die Fliegen hinwegraffte und vor seinem Haupte Respekt hatte. Den Beweis davon habe ich, ich besonders, bei Eylau erlebt. Ich sehe ihn noch auf eine Anhöhe steigen, er nimmt sein kleines Fernrohr, beobachtet die Schlacht und sagt:
›Es geht gut!‹
Einer von meinen Ränkeschmieden im Federbusch, die ihn schrecklich langweilten und ihm überallhin folgten, selbst während er aß, wie man uns gesagt hat, will den Schlaukopf markieren und nimmt des Kaisers Platz ein, als er weggeht. Oh, futsch ist er! Kein Federbusch mehr da! Ihr könnt euch wohl denken, daß Napoleon sich verpflichtet hatte, sein Geheimnis für sich zu behalten. Darum fielen alle, die ihn begleiteten, selbst seine besonderen Freunde, wie die Nüsse: Duroc, Bessières, Lannes, alles Männer, die stark waren wie Stahlstangen, und die er zu seinem Gebrauche goß. Der Beweis endlich, daß er das Kind Gottes war, dazu geschaffen, der Vater der Soldaten zu sein, ist, daß man ihn niemals als Leutnant oder Hauptmann gesehen hat! Ja gewiß, sondern gleich als Anführer. Er sah aus, als ob er ein Vierundzwanzigjähriger wäre, als er ein alter General war seit der Einnahme von Toulon, wo er damit anfing, den anderen zu zeigen, daß sie mit Kanonen nicht umzugehen wüßten.
Damals wird er als ganz mageres Männchen unser kommandierender General bei der italienischen Armee, der es an Brot, Munition, Stiefeln und Uniformen fehlte, einer armen Armee, die nackt war wie ein Wurm.
›Meine Freunde,‹ sagte er, ›da wären wir beisammen! Nun prägt eurem Kürbis ein, daß ihr heute in vierzehn Tagen Sieger und neugekleidet seid, daß ihr alle Mäntel, gute Gamaschen, tadellose Stiefel habt; doch, liebe Kinder, es heißt marschieren und sie in Mailand holen, wo's welche gibt.'
Und wir marschierten los. Der platt wie eine Wanze gequetschte Franzose richtet sich wieder auf. Wir waren dreißigtausend Habenichtse gegen achtzigtausend österreichische Eisenfresser, alles schöne, wohlausgerüstete Männer, die ich noch vor mir sehe. Napoleon nun, der nur erst Bonaparte war, bläst uns, ich weiß nicht was, in den Bauch: und man marschiert nachts, man marschiert tagsüber, man haut sie bei Montenotte, man läuft und verwamst sie bei Rivoli, Lodi, Arcole, Millesimo und läßt sie nicht los. Der Soldat findet Geschmack daran, Sieger zu sein. Napoleon schließt euch denn diese österreichischen Generäle ein, die nicht wußten, wo sie sich hinverkriechen sollten, um's bequem zu haben, verprügelt sie tüchtig, stibitzt ihnen manchmal zehntausend Mann auf einen Hieb,