Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 5 – Familienroman


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war eine unerwartete Reaktion«, sagte der Arzt. »Ich habe ihr Gespräch mitgehört. Es sollte mir Aufschluss geben für die weitere Therapie, aber wie es scheint, habe ich mich geirrt. Es ist wohl besser, wenn Sie Ihre Frau vorerst nicht mehr besuchen.«

      *

      »Gestern Abend hat Papi nicht angerufen«, meinte Tini vorwurfsvoll. »Versprochen hat er’s aber, aber gehalten hat er es nicht.«

      Veronica warf Steffi einen raschen Blick zu. Aber Steffi hatte noch immer den träumerischen Ausdruck wie im Schlaf.

      »Papi wird keine Zeit gehabt haben«, sagte sie. »Ich schaue jetzt mal, ob noch Veilchen aufgeblüht sind.«

      Hoffentlich denkt sie jetzt nicht zu viel an dieses Märchen, überlegte Veronica besorgt. Erst ist es nur ein Wunschtraum, und dann wird es zur Manie. Sie erschrak. War es nicht auch bei Gillian so gewesen?

      Steffi kam wieder mit zwei Veilchen zurück. Sie strahlte.

      »Es kommen noch mehr, Roni«, bemerkte sie mit einem seltsamen Ausdruck.

      »Warum stellst du sie nicht in die Vase?«, fragte Tini.

      »Ich presse sie, wie die anderen, dann bleiben sie mir länger erhalten«, erklärte Veronica.

      »Immer?«, fragte Steffi.

      »Ja, immer. Ich werde sie unter Glas legen.«

      »Hast du das früher auch schon gemacht?«, fragte Tini interessiert.

      »Da habe ich manchmal vierblättrige Kleeblätter gepresst.«

      »Dann such ich dir mal welche«, meinte Tini, die ihrer Schwester nicht nachstehen wollte.

      Steffi überlegte eine ganze Zeit, »Kleeblätter gibt es viele auf der Wiese, und die stehen immer ganz dicht zusammen!«, und sah sie irritiert an.

      »Warum denn nicht? Veilchen wachsen doch auch nicht einzeln.«

      »Manchmal doch«, erwiderte Steffi, und daraus entnahm Veronica, dass sie über das selbsterfundene Märchen noch nicht gesprochen hatte. Sie sagte auch nichts. Sie schlug vor, dass sie Bambi eigentlich mal besuchen könnten.

      Damit waren die Kinder einverstanden. Aber als sie losfahren wollten, hielt ein Wagen vor dem Tor und ihm entstieg Robert Harrer.

      Veronica war so verblüfft, dass sie kein Wort hervorbrachte. Dafür redete er umso mehr.

      »Es wird Zeit, dass ich dich mal besuche und sehe, wie es dir geht, Veronica. Sei nicht böse, aber ich bin einfach nicht dazu gekommen. Ist alles gut ausgegangen? Warum hört man gar nichts mehr von dir?«

      Von den Kindern hatte er bisher keine Notiz genommen. Aber nun konnte er sie nicht mehr übersehen, denn alle drei drängten sich an Veronica, als wollten sie ihren Besitzanspruch geltend machen.

      »Ist unsere Roni«, erklärte Jill eigensinnig.

      »Wer ist der Herr?«, fragte Tini aggressiv.

      »Ein Studienkollege«, entfuhr es Veronica.

      »Was ist das?«, wollte Steffi wissen.

      »Wer sind die Kinder?«, fragte Robert Harrer.

      »Geht ihr mal zu Otti?«, bat Veronica.

      »Wir wollten doch zu Bambi fahren«, meinte Tini gekränkt.

      »Wir fahren etwas später. Herr Harrer wird sich nicht lange aufhalten«, sagte Veronica.

      Die Kinder entfernten sich zögernd. Sie drehten sich immer wieder um.

      »Was soll das denn heißen?«, fragte Robert Harrer. »Warum tust du, als wäre ich ein Fremder, Veronica?«

      »Bist du das nicht geworden?«, entgegnete sie.

      »Was kann ich denn dafür, dass du dich versteckst und ich dich erst ewig lange suchen musste! Alle hacken auf mir herum, als wäre ich schuld an dem gebrochenen Arm. Es ist mir schon restlos verleidet worden, dass ich den Wettbewerb gewonnen habe.«

      »Ich gönne es dir«, versicherte Veronica. »Ich bin darüber hinweg, dass es nichts ist mit der Karriere. Ich habe andere Aufgaben, wie du siehst.«

      »Hast du etwa einen Kindergarten aufgemacht? Veronica, sei doch nicht so entsagungsvoll! Ein gebrochener Arm verheilt. Ich glaube, ich komme gerade zur rechten Zeit, um dich aufzumöbeln.«

      So war er immer gewesen. Er konnte sich über alles hinwegsetzen, und Veronica hatte das ungute Gefühl, dass er nur kam, weil er etwas von ihr wollte.

      »Ich musste das Haus vermieten, da ich kein Geld verdienen konnte«, sagte sie kühl. »Und nun betätige ich mich als Kindermädchen, wie du siehst.«

      »Das ist doch albern! Du kannst unterrichten! Dem steht doch gar nichts im Wege. Aber wenn du dich verkriechst, verbaust du dir selbst alles. Herrgott, wir haben doch die gleichen Chancen gehabt! Kannst du das nicht auch mal erklären, damit ich nicht mehr so schief angeschaut werde? Ich konnte nicht ahnen, dass der Scherz so ausgehen würde.«

      »Es war Schicksal«, entgegnete Veronica. »Aber für mich besteht kein Anlass, mich wieder in Erinnerung zu bringen. Ich werde nie mehr öffentlich spielen können, und ich will es auch gar nicht.«

      »Du gibst mir auch die Schuld«, murrte er.

      »Ich gebe dir keine Schuld. Was vorbei ist, ist vorbei. Es war nicht leicht, aber jetzt gehört es der Vergangenheit an.«

      *

      »Na, seid ihr noch nicht fort?«, fragte Otti.

      »Da ist ein Mann gekommen, der kennt Roni«, erklärte Tini unwillig. »Ich mag ihn nicht.«

      »Liebe Güte, nun seid nicht gleich eifersüchtig! Wer soll das schon sein?«, meinte Otti.

      »Er sagt du zu Roni, und das mag ich auch nicht«, äußerte Steffi. »Kennt sie ihn lange, Otti?«

      »Ich weiß doch gar nicht, wer es ist«, entgegnete Otti.

      »Harrer heißt er«, bemerkte Steffi nachdenklich. »Weißt du es jetzt?«

      »Ach du lieber Himmel!«, entfuhr es Otti. »Der?«

      »Was ist er für ein der?«, fragte Tini.

      Darüber wollte Otti nun lieber doch nicht Auskunft geben.

      »Ich gucke mal«, sagte sie, neugierig geworden.

      Robert Harrer redete noch immer erregt auf Veronica ein. Otti hörte es, aber sie hielt sich im Hintergrund.

      »Nein«, erklärte Veronica, »ich denke nicht daran! Misch dich nicht in meine Privatangelegenheiten! Du hättest dir den Weg sparen können.«

      Otti ging zu den Kinder zurück.

      »Sie sagt ihm Bescheid«, brummte sie.

      »Was für Bescheid?«, fragte Tini.

      »Jedenfalls könnt ihr beruhigt sein. Sie freut sich nicht über den Besuch, und er bleibt auch nicht.«

      »Und heiraten tut sie auch nicht?«, fragte Tini.

      »Gott bewahre, was ihr immer denkt.«

      »Heiraten darf Roni nicht«, meinte Tini. »Wir wollen sie behalten, und wenn sie heiratet, dann bloß Papi.«

      Otti schlug die Hände zusammen.

      »O mei, o mei«, stöhnte sie, »mit euch erlebt man Überraschungen!«

      *

      Es war ein Glück, dass Veronica gleich darauf erschien. Sie machte kurzen Prozess, nahm Jill auf den Arm und erklärte, dass sie jetzt fahren würden. Eine weitere Erklärung gab sie nicht.

      Der Mann war fort, die Kinder waren zufrieden. Sie quälten Veronica nicht mit Fragen. Sie freuten sich, Bambi wiederzusehen, und hatten viel zu erzählen.

      »Ein Mann wollte Roni besuchen«, sagte Tini in ihrer Naivität im Verlauf