Andrew Hathaway

Der Geisterjäger Staffel 2 – Gruselroman


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lächelte kühl zurück. »Das hätten Sie nicht sagen müssen, Madam. Ich habe es bereits an Ihrem Gesicht gesehen. Aber ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie begleiten mich. Dann werden wir ja sehen, wer oder was in dem Overall steckt. Einverstanden?«

      Jetzt konnte Lilian Harper keinen Rückzieher mehr machen. Sie nickte und schloß sich dem Geisterdetektiv und Mervin Sanders an, die sich sofort auf einen Rundgang machten.

      *

      Solange Rick Masters nicht mit eigenen Augen festgestellt hatte, daß magische Kräfte am Werk waren, blieb er mißtrauisch. Schon mehrmals hatte man versucht, ihm einen Streich zu spielen. Angeblich magische Einflüsse hatten sich später als harmlos erwiesen.

      Deshalb blieb Rick auch jetzt skeptisch, obwohl vieles dafür sprach, daß es sich um Übersinnliches handelte. Er konnte sich nicht vorstellen, daß der Regierungsapparat so viel Geld für ihn ausgegeben hatte, wenn es nicht wirklich ernst wäre. In London lag bereits ein Scheck in seinem Wohnbüro, den er nach seiner Rückkehr und dem erfolgreichen Abschluß des Falles einlösen konnte. Und dieser Scheck war auch ganz beachtlich.

      Übersinnlich oder nicht, auf alle Fälle war eine Frau gewürgt worden. Selbst wenn es sich um eine rein kriminalistische Angelegenheit handelte, war sie ernst genug. Und wenn Rick schon da war, wollte er sich auch darum kümmern.

      »Ist jemand bewaffnet?« erkundigte er sich.

      Von den begleitenden Personen nickte niemand. Es waren allerdings nicht sämtliche Mitglieder der Station anwesend. Deshalb warf Rick seinem Freund Mervin Sanders einen fragenden Blick zu.

      Der Meteorologe und Leiter der Station schüttelte den Kopf. »Soviel ich weiß, sind keine Waffen in der Station, außer du zählst die Küchenmesser dazu.« Er versuchte einen Scherz, der jedoch mißlang.

      Das Heulen der Alarmsirene war zwar inzwischen verstummt, doch die Stimmung blieb angespannt.

      Während sie nach dem Attentäter suchten, erklärte Sanders die Anlage der Station. Sie war sehr einfach.

      »Charly ist rund, Rick. Eine Scheibe. Genau in der Mitte liegt die Zentrale. Dort finden auch die Besprechungen statt. Vom Mittelpunkt laufen sternförmige Gänge nach außen. Und dann haben wir noch auf halbem Weg zwischen Mitte und Außenwand einen kreisrunden Korridor. Das wäre alles.«

      »Es gibt zwei Ausgänge«, fuhr Lilian Harper an seiner Stelle fort. »Den normalen Ausgang, durch den Sie hereingekommen sind, Mr. Masters. Er ist gleichzeitig die Kälteschleuse. Und dann haben wir noch einen Notausgang, der jedoch von innen verriegelt ist. Wird er geöffnet, wird automatisch Alarm ausgelöst.«

      »Der Haupteingang ist ständig bewacht?« erkundigte sich der Geisterdetektiv.

      Sanders nickte. »Rund um die Uhr, außer er wird ebenfalls elektronisch gesichert. Das ist der Fall, wenn keiner von uns draußen ist und alle schlafen.«

      Der Geisterdetektiv blieb stehen und wandte sich an Mervin und seine Stellvertreterin. »Ich möchte gerne wissen, wieso hier ein solcher Aufwand getrieben wird«, verlangte er. »Sogar das Militär hat mir geholfen, so schnell wie möglich zu ›Charly‹ zu kommen. Ist es eine militärische Basis?«

      Mervin Sanders schüttelte den Kopf. »Ich kann es dir sagen, ohne ein Geheimnis zu lüften. Die Antarktis ist das Land der Zukunft. Unter der Eisschicht liegen unermeßliche Rohstoffschätze. Jeder möchte sich ein Stück vom Kuchen abschneiden. Das ist aber nicht möglich, wenn nicht vorher umfangreiche Forschungen betrieben werden. Wir sind hier, um diese Forschungen durchzuführen. Weil unser Wissen so wertvoll ist, legt die Regierung so großes Gewicht auf unsere Arbeit. So einfach ist das.«

      Rick atmete erleichtert auf. »Das ist etwas anderes«, sagte er und stutzte. »Aber wenn ›Charly‹ so wichtig ist, wird sich eure vorgesetzte Dienststelle kaum mit mir begnügen.«

      »Da haben Sie recht, Mr. Masters.« Lilian Harper konnte ihre Genugtuung nicht verbergen, wollte es wahrscheinlich auch gar nicht. »Es würde uns noch en richtiger Spezialist angekündigt, der diesem sogenannten Spuk sehr schnell ein Ende bereiten wird.«

      Rick war nicht beleidigt. Amüsiert stellte er fest, daß Mervin Sanders seiner Stellvertreterin einen wütenden und strafenden Blick zuschickte und daß diese sich nicht darum kümmerte. Zwischen den beiden schien ein ständiger Krieg zu herrschen. Rick konnte sich aber auch kaum zwei Menschen vorstellen, die weniger zueinander paßten als Sanders und Miss Harper.

      »Ich bin daran gewöhnt, daß die Leute meine Arbeit mit Mißtrauen betrachten«, sagte er. »Es stört mich nicht, so lange ich nicht behindert werde. Sollte ich jedoch…«

      Weiter kam er nicht. Ein schriller Schrei unterbrach ihn.

      *

      »Das war im Seitengang!« rief Mervin Sanders und lief los.

      Rick überholte ihn mühelos. Er prallte gegen die Wand des Querganges und wirbelte herum. Am Ende des gekrümmten Korridors sah er für einen Moment eine schaurige Szene.

      Eine Frau rannte schreiend vor einem wahren Ungetüm davon. Rick sah die Gestalt nur von hinten.

      Es mußte der Fellanzug sein, dieser Overall, in den sich die Wissenschaftler hüllten, um sich vor der eisigen Kälte zu schützen. In diesem Anzug mußte ein Riese stecken, auf jeden Fall zwei Meter groß oder sogar mehr.

      Der Mann bewegte sich mit ungelenken Bewegungen, als wäre er nicht an schnelles Laufen gewöhnt oder so erschöpft, daß er sich kaum auf den Beinen halten konnte.

      Nur dadurch wurde es der Frau möglich, vor diesem Ungetüm zu fliehen.

      Rick hetzte hinter den beiden her. In seinem Rücken hörte er aufgeregte Rufe. Auch die anderen hatten den Unheimlichen entdeckt.

      Sie waren hier in dem runden Mittelgang, der keinen Anfang und kein Ende besaß. Er hatte den Nachteil, daß er in sich gekrümmt war. Daher konnte Rick nicht bis zu einem Ende sehen. Sein Blickfeld war begrenzt. Die beiden waren verschwunden.

      Als er ein Stück gelaufen war, merkte er, daß etwas nicht stimmte. Er hätte die fliehende Frau und ihren Verfolger längst einholen müssen.

      »Rick, der Seitengang!« schrie Mervin.

      Der Geisterdetektiv wirbelte herum. Aufgeregt deutete Mervin Sanders zum Mittelpunkt der Station. In der Schnelligkeit hatte der Geisterdetektiv die Abzweigung eines der strahlenförmig verlaufenden Gänge übersehen.

      Er rannte zurück, preschte um die Ecke und sah eben noch, wie sich die Tür zur Zentrale schloß.

      Der Verfolger mußte mit der Frau im Mittelpunkt der Station verschwunden sein. Rick hatte mit eigenen Augen gesehen, daß die Zentrale zwei Zugänge hatte.

      Diesmal wollte er kein Risiko mehr eingehen. Die Frau schwebte in großer Gefahr.

      »Besetzt die Tür!« schrie er den anderen zu, während er sich gegen die Metalltür warf.

      Mit einem Schmerzensschrei taumelte er zurück. Er hatte sich die Schulter gestoßen. Die Tür ließ sich nicht öffnen. Sie war von innen verschlossen.

      »Bleibt hier!« schrie Rick und lief den innersten ringförmigen Korridor entlang.

      Hier konnte er noch weniger überblicke, was gleich vor ihm auftauchen würde, weil die Krümmung der Wände stärker als im Mittelgang war.

      Daher war er völlig unvorbereitet, als er sich plötzlich dem Riesen gegenübersah.

      Das Ungetüm wandte ihm den Rücken zu. Drohend stand es vor der Wissenschaftlerin. Sie war zusammengebrochen und kauerte auf dem Boden, drückte sich gegen die Wand und starrte mit flackernden Blicken dem Angreifer entgegen.

      Rick Masters überlegte nicht lange. Aus vollem Lauf heraus sprang er den Mann an und prallte gegen seinen Rücken.

      Der Geisterdetektiv schrie auf. Er hatte zum zweiten Mal das Gefühl, gegen eine Betonmauer gerannt zu sein. Vorhin an der verschlossenen Metalltür hatte er sich die Schulter gestoßen. Jetzt knallte er zum zweiten Male mit derselben