Andrew Hathaway

Der Geisterjäger Staffel 2 – Gruselroman


Скачать книгу

ächzend zurücktaumelte.

      Dem riesigen Mann hatte der Angriff überhaupt nicht zugesetzt. Er schien ihn nicht einmal bemerkt zu haben. Mit drohend erhobenen Armen beugte er sich über die Wissenschaftlerin, die schreiend vor ihm zurückwich.

      Rick Masters war doppelt bewaffnet. Auf jedem Einsatz trug er eine geladene Pistole bei sich. An sie kam er jedoch nicht heran, weil er den rechten Arm nicht bewegen konnte. Und mit dem linken Arm konnte er nicht an sein Schulterhalfter unter der linken Achsel greifen.

      Also versuchte er es noch einmal so. Er rammte die linke Faust von hinten gegen die Kapuze des Mannes. Der Schlag hätte jeden normalen Menschen zumindest taumeln lassen.

      Dieser Kerl hier zeigte noch immer keine Wirkung, aber jetzt ließ er von der Frau ab und drehte sich mit einem drohenden, grollenden Knurren zu Rick Masters um.

      Dem Geisterdetektiv gefror das Blut in den Adern. Die Fellkapuze ließ sein Gesicht frei – aber da war kein Gesicht. Der Geisterdetektiv konnte das Innere der Kapuze sehen.

      Er war allein mit dem Ungeheuer. Die anderen waren auf seinen ausdrücklichen Wunsch bei der zweiten Tür zurückgeblieben. Trotzdem wich Rick nicht. Er mußte der Frau helfen.

      Er schob sich an die Wand, um wenigstens den Rücken frei zu haben, und starrte abschätzend auf dieses Wesen.

      Vielleicht versteckte sich in dem Overall ein Mensch. Wenn er nicht allzu groß war, reichte sein Kopf nicht bis zu der Kapuze.

      Rick glaubte es jedoch nicht. Er tippte auf einen Geist, der in die Station eingedrungen war.

      Er ließ den Unheimlichen keine Sekunde aus den Augen. Das Wesen hob die Arme.

      Rick starrte auf die Enden der Ärmel. Dort waren keine Hände zu sehen. Er konnte tief in den Overall hineinblicken.

      Ein Geist! Das war die letzte Bestätigung.

      Rick beging nicht den Fehler, sich zu einer Panikhandlung hinreißen zu lassen. Gab er sich auch nur die kleinste Blöße, würde sein Gegner sie sofort ausnutzen.

      Er rührte sich nicht von der Stelle, als sich der Geist näher an ihn heranschob. Aus der scheinbar leeren Kapuze erscholl wieder dieses drohende Knurren, das Rick schon einmal einen kalter Schauer über den Rücken gejagt hatte.

      Seine linke Hand glitt unauffällig in die Jackentasche. Er hatte noch keine Zeit gehabt, seinen dicken Pelz auszuziehen. Deshalb bereitete es ihm einige Schwierigkeiten, nach der Silberkugel zu tasten.

      Gerade noch rechtzeitig bekam er sie zu fassen. Das Monster wuchtete bereits vor ihm auf und überragte ihn um Kopflänge. Obwohl außer dem Fellumhang nichts zu sehen war, fühlte Rick Masters die tödliche Bedrohung, die von dieser Erscheinung ausging. Er verkrampfte sich.

      Es kostete ihn Nerven, nicht schreiend zu fliehen, aber nur so konnte er gegen das Ungeheuer kämpfen. Erst aus nächster Nähe war seine Waffe wirksam.

      Und dann schlug der Geist zu.

      *

      Rick Masters duckte sich blitzschnell, aber er hatte nicht mit den Schmerzen in seiner rechten Schulter gerechnet. Er war um eine Spur zu langsam.

      Die unsichtbaren Pranken des Geistes verfehlten seinen Hals, packten ihn jedoch an der verletzten Schulter. Der Geisterdetektiv schrie auf und brach zusammen. Stöhnend lag er auf dem Boden.

      Ohne Hast beugte sich der leere Overall zu Rick herunter. Die tödliche Ausstrahlung wurde stärker. Es war nicht Todesangst, die der Detektiv fühlte, sondern eine Welle böser Gedanken, die von dem unsichtbaren Geist auf ihn überströmte. Wenn er sich nicht schnellstens verteidigte, war er ein toter Mann.

      Rick biß die Zähne zusammen. Er ignorierte den stechenden Schmerz in der Schulter und schlug mit der linken Hand zu. Die Silberkugel traf den Fellanzug.

      Ein schriller, markerschütternder Schrei erscholl aus dem leeren Kleidungsstück. Im nächsten Moment sank der Overall in sich zusammen und bildete nur mehr einen harmlosen Knäuel auf dem Boden des Korridors. Die Ausstrahlung des Bösen war verschwunden.

      Seufzend richtete sich Rick Masters in sitzende Haltung auf und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Langsam drehte er den Kopf zu der Frau, die der Geist zuerst angegriffen hatte. Sie stand bereits wieder auf den Beinen. In ihrem Gesicht zeichnete sich der Schock ab, aber ansonsten schien sie unverletzt zu sein.

      Als Rick in die andere Richtung blickte, sah er die Leute, die er bei der zweiten Tür der Zentrale zurückgelassen hatte. Offenbar waren sie durch den Kampflärm angelockt worden.

      Sie bildeten eine schweigende Mauer. Keiner der Wissenschaftler konnte sich dem Schrecken entziehen, den sie alle soeben miterlebt hatten.

      Ricks Augen suchten und fanden Lilian Harper. Auch sie war weiß wie eine frisch gekalkte Wand. Der Geisterdetektiv verzog den Mund zu einem schmerzlichen Lächeln.

      »Wie war das doch, Miss Harper?« fragte er heiser. »Alles nur Einbildung? Da haben Sie Ihre Einbildung.«

      Sie faßte sich als erste und kam auf Rick zu, half ihm auf die Beine und stützte ihn.

      »Was ist mit Ihrer Schulter?« fragte sie besorgt. »Etwas gebrochen?«

      Er versuchte, den Arm zu bewegen. Es ging, wenn auch nur unter Schmerzen.

      »Unkraut vergeht nicht«, sagte Rick mit zusammengebissenen Zähnen. »Kümmern Sie sich lieber um Ihre Kollegin.«

      Lilian Harper betrachtete erst den nunmehr wirklich leeren Overall, dann den Geisterdetektiv. In ihren Augen stand ein rätselhaftes Glitzern.

      »Tut mir leid, Mr. Masters«, sagte sie schließlich so laut, daß es alle hörten. »Aber das hätte ich nicht für möglich gehalten. Sie hatten in allen Punkten recht. Das hier geht nicht mit rechten Dingen vor sich.«

      Rick nickte lächelnd. »Sie sind fair«, gab er zu. »Gemeinsam werden wir es schon schaffen.«

      »Mr. Sanders! Mervin!« Einer der Wissenschaftler kam den Gang entlanggelaufen und blieb vor dem Leiter der Station stehen. »Der Spezialist der Regierung ist eingetroffen. Er wartet an der Schleuse auf Sie.«

      Mervin Sanders konnte sich nur schwer losreißen. Am liebsten hätte er auf der Stelle mit Rick Masters den ganzen Fall durchgesprochen. Seine Pflicht jedoch war es, den Spezialisten zu begrüßen und von den Vorfällen zu unterrichten.

      »Gehen wir«, sagte er knapp.

      Rick Masters schloß sich unaufgefordert an, während sich Lilian Harper und zwei andere Wissenschaftler um die Überfallene kümmerten.

      »Lassen Sie den Overall in die Zentrale bringen!« rief Rick noch der stellvertretenden Leiterin zu.

      Dann beeilte er sich, damit er den Anschluß zu Mervin nicht verlor.

      Fünf Minuten später trafen sie bei der Schleuse ein. Als Rick den untersetzten rothaarigen Mann mit dem Durchschnittsgesicht und den kalten Augen erblickte, holte er tief Luft.

      »Das darf doch nicht wahr sein!« rief Rick, ehe der Leiter der Station zu Wort kam. »Red! Was machen Sie denn hier?«

      Das Erstaunen war gegenseitig, aber nicht nur das Erstaunen sondern auch die unangenehme Überraschung. Denn die beiden schätzten einander nicht besonders.

      Genauer gesagt, sie konnten einander nicht ausstehen.

      *

      »Rick Masters!« Red, dessen wirklichen Namen niemand kannte, lächelte gekünstelt. »Das kann ja ein heiterer Aufenthalt in der Antarktis werden.«

      Rick maß den Agenten des Secret Service mit einem reservierten Blick. »Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund, Red.«

      Mervin Sanders rettete die Situation. »Die Gentlemen kennen sich offenbar schon, also brauche ich Sie nicht vorzustellen.« Er sah den Spezialisten erwartungsvoll an. »Aber ich kenne Sie noch nicht.«

      Red wies sich aus. Sanders war sichtlich beeindruckt, einen Agenten des Secret