war er 2 Tage krank, einmal musste er vor Gericht, ein andermal hatte er dringende Geschäfte in Familienangelegenheiten. Nachdem ich in kurzer Zeit einige Malayen und mehrere Klings gehabt, bekam ich einen berühmten, kleinen Chinesen. Leider verstand er nicht malayisch und ich nicht chinesisch. Er verstand überhaupt nichts, da er noch nicht gedient hatte, besass aber grossen Eifer. Meine Schuhe putzte er nicht nur von aussen, sondern auch von innen, und als ich ihm auftrug, meinen schwarzen Frack zu reinigen, um darin bei einem amtlichen Diner des Guvernörs zu erscheinen, wusch er ihn mit Seife und Wasser. Dadurch wurde der kleine Bursche so berühmt. Seine angenehmste Eigenschaft aber war, dass er immer lief, wenn ich „lakas” rief. Dies hatte für mich einen solchen Reiz, nachdem ich mich so lange mit den faulen, mürrischen Klings beholfen hatte, dass ich den armen Jungen fast nur in diesem schnellen Tempo benutzte. Aber nach 6 Wochen war er's müde. Als auch er mich verlassen hatte, blieb ich längere Zeit ohne alle Bedienung. Mein Haus war eigentlich nur dem Scheine nach verschlossen, obgleich ich oft den ganzen Tag und einen Theil der Nacht abwesend war. Auf meinem Balkon hingen mehrere Thermometer ganz frei, mir ist aber nie etwas gestohlen worden. Und doch stand das Haus auf einem Grundstück, das nur zum Theil durch eine Hecke eingefasst war und an einer wenig frequenten, Abends nicht beleuchteten Strasse lag. Den Grund weiss ich mir nicht zu erklären.
Wenn aber auch ein hiesiger Diener den Anforderungen, die man in Europa an einen solchen stellt, nicht entspricht, so kann man sich doch sehr gute Bedienung verschaffen, wenn man für verschiedene Dienstleistungen im Hause verschiedene Diener annimmt, was bei ihren bescheidenen Ansprüchen nicht sehr theuer ist. Auch verlangt die Gerechtigkeit, zu erwähnen, dass ich schliesslich einen vorzüglichen Diener bekam, treu, anstellig, fleissig, bescheiden; zu meinem grossen Bedauern zog er sich später in den Wäldern von Malacca ein Junglefieber zu, wodurch ich gezwungen wurde, ihn in Singapore unter der Pflege eines Arztes zurückzulassen.
Viertes Kapitel.
Ueberblick der Stadt. — Strassenleben. — Reis. — Chinesen. — Malayen. — Malayische Sprache.
Die Stadt bildet ein Kreis-Segment, dessen Sehne, der Strand, von NO. nach SW. streicht, während der nach NW. gerichtete Bogen im N. von einem Kanal, in seinem weiteren Verlauf durch eine Reihe von Anhöhen begrenzt wird. Gegen 20 dieser, im Durchschnitt 100 Fuss hohen Hügel treten unmittelbar an den Rand der Stadt und schon beginnen die Häuser, sich an den Abhängen in die Höhe zu ziehen. Jeder Gipfel gewährt einige hübsche Bilder, die alle aus denselben, aber immer anders gruppirten Elementen bestehen. Die schönste Rundsicht hat man vom Government-hill, jetzt Fort Canning, das mitten in der Stadt liegt. Hart an seinem Fuss fliesst der kleine Fluss, der die Stadt in zwei Theile sondert. Die nördliche, räumlich grössere Abtheilung enthält die meisten öffentlichen Gebäude, viele Wohnhäuser reicher Kaufleute und Beamten, die noch unvollendete Kirche und die Esplanade, einen schönen grossen Rasenplatz dicht am Meere, auf welchem jeden Abend ein kleiner Korso und Cricket, das nationale Ballspiel der Engländer, mehrere Male in der Woche auch Militärmusik stattfindet. Auf der Südseite ist das Geschäftsleben konzentrirt. Diese vertritt die „City”, jene das „Westend”; letzteres liegt aber östlich. Dicht an seiner Mündung hat der Fluss nach Süden zu ein quadratisches Stück Land von etwa 1000 Fuss Länge und Breite angeschwemmt; Raffles, der Gründer der Stadt, hat die Trümmer eines Hügels, der früher an der Mündung stand, darauf geschüttet. Es hängt nur auf einer Seite mit dem Lande zusammen, zwei andre Seiten werden vom Meere, die vierte vom Fluss gebildet. In diesem Viereck befinden sich alle grösseren Geschäftshäuser und Speicher der Europäer sowohl, als der Asiaten. Auf den dem Meere zugekehrten Seiten ragen Landungsdämme ins Wasser, an welchen die Güter für die verschiedenen Firmen unmittelbar in die daran stossenden Speicher gebracht werden. In der Mitte des Vierecks liegt der Commercial square, der Centralpunkt des Verkehrs für die Europäer, und vertritt fast die Stelle einer Börse. Noch lebhafter aber ist das Gewimmel auf und an dem kleinen Flusse: an seinen beiden Ufern liegt eine fast ununterbrochene Reihe von Leichtern und andern kleinen Booten, welche Waaren aus- und einladen, die von stämmigen chinesischen Kulis oder durch Ochsenkarren weiter geschafft werden. In der Mitte bewegen sich vom frühesten Morgen bis spät Abends dichte Züge ein- und ausfahrender Lastboote aller Grössen.
Die Rhede ist umschlossen von dichtbewaldeten Inseln, über die sich die Kronen zahlreicher Palmen erheben. Gewöhnlich ist das Meer so ruhig, wie ein Binnensee und bedeckt mit Schiffen aller Länder, zwischen denen unzählige kleine Boote hin- und herfahren. Eine ganze Kette solcher kleinen Eilande und Felsen liegt im Süden der Hauptinsel und setzt in SO-Richtung den Umriss der Küste wie in einer punktirten Linie fort. Die südlichste derselben, St. John, musste früher von allen grösseren Fahrzeugen umschifft werden, bis man unmittelbar an der Südküste von Singapore selbst eine Durchfahrt entdeckte, tief genug für die grössten Schiffe. Sie wird im Süden von der Insel Blakang-mati begrenzt, welche fleissige Bugis in ein Ananasfeld verwandelt haben, und bildet den sogenannten neuen Hafen, New harbour, in dem jetzt die grössten Dampfschiffe anlegen und ihre Kohlendepots haben. Es sind daselbst Docks und Landungsbrücken errichtet, so dass die Schiffe unmittelbar am Lande anlegen und löschen können, während in Singapore Alles durch Leichter gelandet werden muss. New harbour hat aber so wenig Raum, dass er kaum für die Bedürfnisse der Dampfschifffahrt ausreicht.[12]
MALAYIN (SINGAPORE) | CHINESIN (FU-TSCHAU) | CHINESE (OPIUMRAUCHER) |
BATTA (SUMATRA) | MALAYE (JOHORE) | BATTA (FRAU) |
Das bunte Treiben in den Strassen entspricht dem, was die Schiffe auf der Rhede vermuthen liessen. Die Stadt ist der Sammelplatz aller Völker des fernen Ostens. Weitaus überwiegend an Zahl und Bedeutung sind die Chinesen. Dann folgen der Menge nach die Völker malayischer Rasse, Bewohner des Archipels: Bugis, Javanen, Sundanesen, echte Malayen und endlich die Klings, wie hier allgemein sämmtliche Bewohner Vorder-Indiens ohne Unterschied genannt werden, obgleich das Wort, eine Korruption von Telinga, ursprünglich nur die Eingebornen der Ostküste der vorderindischen Halbinsel bezeichnet. Diese drei Völkerschaften bilden die Hauptmasse; mehr vereinzelt erscheinen zwischen ihnen Araber, Perser, Parsis, Armenier, Siamesen, Birmanen, Anamiten, Tagalen und Juden in alttestamentarischer Tracht.
In allen Hauptstrassen der Stadt sind die Häuser im Erdgeschoss mit fortlaufenden Bogengängen versehen, unter welchen man zwar Schutz gegen die Sonne findet, aber nicht gegen die Zudringlichkeit der kleinen Handelsleute, die hier als Geldwechsler, öffentliche Schreiber und Krämer ihr Wesen treiben. Bei letzteren findet man oft das sonderbarste Gemisch von Waaren, namentlich bei den Klings: neben europäischen Eisen- und Kurzwaaren sieht man die verschiedensten Produkte des Archipels, indische Medikamente, Hülsenfrüchte und mitten unter den Nahrungsmitteln grosse Stücke Arsenik in offenen Schalen, das namentlich nach Madras zum Einbalsamiren der Leichen, auch nach anderen Häfen zum Präpariren der Häute geht. Eine andere in die Augen fallende Waare, die man aber nur an den Thüren der Grosshändler trifft, sind Kanonen von jedem Kaliber, für die immer ein guter Markt ist, da sich hier sowohl die Seeräuber zum Angriff, als die friedlichen Kauffahrer zur Vertheidigung ausrüsten.
Besonders auffallend im hiesigen Strassenleben ist die fast gänzliche Abwesenheit der Frauen. Chinesen und Klings, die mit der Absicht kommen, nachdem sie ein kleines Vermögen erworben, in ihr Vaterland zurückzukehren, bringen keine Frauen mit, und ein grosser Theil der Bevölkerung ist fluktuirend, kommt mit dem einen Monsun und kehrt mit dem andern in die Heimath zurück, die Familie bleibt daheim. Von den wenigen Frauen, die hier ansässig sind, werden die meisten, der Sitte des Orients gemäss, im Hause gehalten. Nach den statistischen Berichten ist das Verhältniss der Frauen zu den Männern ohnehin nur wie 1: 8, aber auf der Strasse fehlen erstere fast ganz. Nie geht eine Frau neben ihrem Mann, oder gar von ihm geführt, es könnte die