Людвиг Тик

Die wichtigsten Dramen


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veranstalten. — Ach! das gewinnt für meine Herrschaften ein schlimmes Ansehn! So gehts, wenn man sich nicht von einem Narren will rathen lassen. Sobald der Verstand bei der Thorheit bettelt, erfolgt gewöhnlich ein gutes Almosen, denn die Thorheit giebt, ohne die Münzsorten zu besehn; wer aber bei gescheuten Leuten Hülfe sucht, bekömmt immer nur Scheidemünze. — Ach! wie sind hier die Sentenzen am rechten Ort! So lange der Mensch nur noch eine Pfeffernuß zu beißen hat, wird er keine Sentenzen sprechen, wenn man aber so, wie ich jetzt, an Leib und Seele bankrott ist, so sind sie das einzige Labsal. — Ich will mich hinter diesen Strauch verbergen. Aber meine Narrheit scheint ganz gewiß durch, wie ein Edelstein: wenn nicht das lahme Bein wäre, würde ich fort laufen. — O Himmel! sie kommen schon zurück. — (ab.)

      Hugo mit Knechten und Trompeten, Heymon, Conrad, Martin als Gefangene.

      HUGO. Seht, wie schnell wir mit Euch fertig geworden sind; aber jetzt ist mein Arm lahm, nun dürfte kein dritter kommen. — Ihr habt Euch nicht besonders gehalten, das muß ich Euch sagen.

      HEYMON. Jeder thut, was er kann.

      CONRAD. Und das haben wir, hoff’ ich, auch gethan.

      MARTIN. Was unmöglich ist, bleibt unmöglich.

      HUGO. Jetzt will ich überlegen, was ich mit euch anzufangen habe. (geht im Hintergrunde auf und ab.)

      MARTIN. Ich hab’ ihm doch nun endlich ins Gesicht gesehn, ich hab’ Euch immer nicht glauben wollen, — aber ihr habt ganz Recht, er hat einen blauen, wahrhaft blauen Bart.

      CONRAD. Nun, seht Ihr wohl, ich habs Euch ja vorher gesagt. Was sollte mir das Lügen nützen?

      MARTIN. Es giebt ihm ein recht grausames, widerliches Ansehn, und dabei sieht er doch etwas lächerlich aus.

      CONRAD. Hat sich was zu lachen, wir sind jetzt in seiner Gewalt, und es kostet ihn nichts, uns das Leben zu nehmen.

      HEYMON. Das wird er gewiß nicht.

      MARTIN. Ich traue seinem verwünschten blaubärtigen Gesichte auch nicht.

      CONRAD. Nun hatte der weise Mann, unser Rathgeber, ja doch Recht, wenn er uns rieth, den ganzen Feldzug zu unterlassen; aber wer nicht hören will, muß fühlen, und das thun wir jetzt. Wir thun weit mehr, wir haben nicht nur den Krieg verloren, wir sind noch dazu gefangen. Wenn wir nur unsern Rathgeber hier hätten!

      HEYMON. Das wünsch’ ich auch, denn ohne ihn wissen wir doch nicht recht, was wir anfangen sollen.

      HUGO. Nun, was meint Ihr, meine Herren, daß ich mit Euch thun werde?

      HEYMON. Wahrscheinlich uns gegen Ranzion frei lassen.

      MARTIN. Uns auf unser Versprechen nach Hause ziehn, dabei aber tüchtig bluten lassen.

      CONRAD. Wartet einmal! — Ihr werdet uns vielleicht noch vorher irgend einen Schimpf anthun, um Euch zu rächen.

      HUGO. Zum Beispiel, Euch hängen lassen.

      CONRAD. Ich muß gestehn, das wäre mir sehr unerwünscht, denn es ist in unsrer Familie bis jetzt noch keinem geschehn.

      HUGO. Desto besser. — Aber Ihr möchtet lieber begnadigt seyn? — Wagt nur eine recht tüchtige Bitte daran, und ich lasse mich vielleicht erweichen denn ich bin nicht so ganz unbarmherzig. Ist kein rechter Redner unter Euch?

      CONRAD. Ich bin immer noch der, der so am meisten spricht.

      HUGO. Nach welchem Muster habt Ihr Euch gebildet? Denn darauf kommt viel an.

      CONRAD. Je nun, ich spreche so, was mir ohngefähr in den Kopf kommt.

      HUGO. Das ist nicht recht, ich hätte mich lieber nach Regeln rühren lassen.

      CONRAD. Also, laßt Euch erbitten: seht, wir sind zwar in Eurer Gewalt, aber es ist gegen unsern Willen geschehn, man kann nicht wissen, wie sich das Blatt einmal wendet, und Ihr kennt ja wohl das Sprichwort: eine Hand wäscht die andere.

      HUGO. Ist das Eure ganze Redekunst?

      CONRAD. Ihr könnt auch einmal übel weg kommen, denn es steht keinem an der Stirn geschrieben, wes Todes er sterben soll; es ist noch nicht aller Tage Abend, und Niemand, sagte der weise Crösus zum Könige Salomon, der ihn wollte verbrennen lassen, kann sich vor seinem Tode glücklich preisen.

      HUGO. Ihr rührt mich immer noch nicht. — Kniet nieder. (sie knien.)

      HEYMON. Habt Mitleid mit uns.

      HUGO. Steht auf! ich lache leichter als ich weine; bringt mich zum Lachen, und ich schenke Euch unter dieser Bedingung das Leben.

      CONRAD. Ich wollte, wir hätten unsern Narren hier, es schickt sich wenig für uns. —

      HUGO. Bin ich für Euren Witz zu schlecht?

      CONRAD. Nein, das nicht, aber ich habe mich nie auf dergleichen Künste gelegt.

      HUGO. Vielleicht hilft Euch das Naturell durch.

      CONRAD. Herr Ritter, mein Naturell ist ein gutes Naturell, und es wäre manchen Leuten zu wünschen, daß sie nur solch Naturell aufzuweisen hätten.

      HUGO. Wie meint Ihr das?

      CONRAD. Je nun, ich meine, daß ich sonst wohl schon von Rothbärten, aber wahrhaftig noch von keinem Blaubart gehört habe.

      HUGO. Haha! wollt Ihr da hinaus? — Fort mit Euch! der Tod ist Euch gewiß, ob ich gleich über Eure dumme Ungeschliffenheit von Herzen lachen möchte.

      HEYMON. Aber hört doch nur. —

      HUGO. Sprecht kein Wort weiter, oder ich spalte Euch mit meiner eignen Hand den Kopf. Nichtswürdiges Gesindel! — Führt sie fort, sag’ ich, bindet sie, und nachher, wenn ichs Euch befehle, schlagt ihnen die Köpfe herunter. — Ihr seid ein schöner Redner, das muß ich gestehn. —

      (Heymon, Conrad und Martin werden von den Knechten abgeführt.)

      Ein Knecht, der den Claus herbei bringt.

      KNECHT. Gnädiger Herr, hier ist noch einer von den Feinden, der sich hinter jenen Busch versteckt hatte.

      HUGO. Komm her, ich bin grade in der rechten Stimmung, dir dein Todesurtheil zu sprechen.

      CLAUS. Und ich sage Euch, ich bin grade in der rechten Stimmung, daß ich nichts darnach frage.

      HUGO. Wer bist du?

      CLAUS. Ein Narr.

      HUGO. So mußt du den andern Gesellschaft leisten.

      CLAUS. Mir recht.

      HUGO. Wie? Du hast das Leben nicht lieb?

      CLAUS. So wenig als einen sauern Apfel.

      HUGO. Das wäre fast zu vernünftig für einen Narren.

      CLAUS. Ei, wenn es Thorheit ist, das Leben lieb zu haben, so wäre am Ende der Zweck eines jeden Philosophen, sich aufzuhängen.

      HUGO. O ich habe nicht Lust, mich mit dir in einen Streit einzulassen. Aber wenn du Gründe hast, so sage sie mir doch, warum du dein Leben nicht achtest.

      CLAUS. Herr! Gründe, so groß und gewichtig wie die Felsen, und doch sind die Felsen selbst nur kleine Kiesel, wenn man dabei an die ganze Erde denkt. Doch das nur im Vorbeigehn gesagt. Aber seht mich doch einmal an, und sagt mir dann selbst eine vernünftige Ursach, aus welcher ich das Leben wohl lieb haben könnte. Bin ich nicht so gezeichnet, daß jeder Mensch von mir sagen wird: wenn der Kerl nicht zum Narren, oder zum Taugenichts zu gebrauchen ist, so ist er völlig in der Welt überflüßig? Bedenkt nur selbst, gnädiger Herr, unter einem solchen Titel durch das Leben zu hinken, zeitlebens auf keine höhere Ehre Ansprüche machen zu dürfen! Nicht wahr, es ist gar zu erbärmlich? Denn Reichthümer besitze ich nicht, und wenn ich sie auch besäße, was sollte ich mit ihnen wohl anfangen? Kein Mädchen wird so wahnwitzig seyn, sich in mich zu verlieben; Wohlwollen, Freundschaft, Ehre, Ruhm, alles ist für diese arme verkrüppelte