an, und sie nickte errötend.
»Nun, dann wird man Ihnen wohl keine Schwierigkeiten machen.«
Marius sagte dann noch, daß Nicolas ihn bestimmt würdig vertreten würde. »Er hat sich als sehr tüchtig erwiesen während des Auslandsaufenthaltes. Er ist ein echter Campen.«
*
Als Daniel Norden gegangen war, wurde Pamela zu Jenny Behnisch gerufen.
»Was will sie denn, sie könnte doch herkommen«, sagte Marius unwillig. Er wollte Pamela mit niemandem teilen, da machte sich doch der Eigensinn des Kranken bemerkbar, so rücksichtsvoll er mit Pamela auch umging.
Es war auch nicht Jenny, die auf Pamela wartete, sondern Daniel Norden.
»Ich wollte noch einmal kurz mit Ihnen sprechen, Pamela. Sie kommen ja anscheinend sehr gut mit Herrn Campen aus.« Pamela nickte nur zustimmend.
»Sie kennen auch die Diagnose?« fragte Daniel vorsichtig.
»Ich will daran nicht denken«, sagte sie mit einer Betonung, die ihm verriet, was sie für Marius fühlte. »Er fühlt sich gut, und ich glaube fest an seine Genesung. Sie werden doch nicht denken, daß ich materiell denke?«
»Nein, das denke ich nicht. Ich mache mir nur Gedanken um Ihre Psyche, denn in ein paar Monaten kann es ganz anders aussehen.«
»Dann muß ich auch damit leben. Er ist ein wunderbarer Mensch, ich werde ihn nicht im Stich lassen.«
»Glauben Sie mir, Pamela, ich wünschte auch, wir könnten Wunder vollbringen, aber uns sind leider Grenzen gesetzt. Unser aller Leben liegt in Gottes Hand. Niemand weiß, wann seine Stunde schlägt.«
»Aber man darf die Hoffnung nicht aufgeben.«
Er ergriff ihre Hand. »Hoffnung erleichtert uns das Miteinander.«
Sie blickte ihn aus tränenfeuchten Augen an. »Manche werden denken, ich suche nur meinen Vorteil, aber es ist nicht so. Es ist allein Marius, der Mensch, für den ich alles tun würde. Und nun sagen Sie bitte nicht, ich sei zu jung und könne es seelisch gar nicht durchhalten.«
*
Nicolas hatte an diesem Nachmittag eine lautstarke Auseinandersetzung mit Claire, die sich wieder an ihn heranmachte und sich dann über Clemens beschwerte. Mit der ihr eigenen Aufdringlichkeit ließ sie sich auch nicht von abwehrenden Handbewegungen bremsen, sondern redete sich ordentlich in Rage. Daß es dabei ziemlich ordinär zuging, paßte zu ihrem Charakter.
»Erzähl das lieber deinem Anwalt«, sagte Nicolas kalt, »du kannst doch nur froh sein, wenn es eine schnelle Scheidung gibt.«
»Du verstehst mich nicht, niemand will mich verstehen!« fauchte sie.
»Ich lasse mich nicht abservieren. Ihr Campens seid doch alle gleich. Wenn es ums Geld geht, seid ihr taub.« Er hörte gar nicht mehr hin und ließ sie stehen. Sie schrie weiter.
Mary Campen hörte es natürlich, und als Nicolas kam, fragte sie auch gleich, was es denn wieder gegeben hätte.
»Claire erwartet anscheinend, daß ich auch Partei gegen Clemens ergreife, aber da hat sie sich getäuscht. Solche Frauen können einem wirklich den Gedanken vermiesen, auch mal zu heiraten.«
»Hast du das beabsichtigt?« fragte Mary gespannt.
»Vorerst noch nicht. Wenn mir eine Frau gefällt, ist immer ein Haken dabei.«
»Inwiefern?«
»Es sind schon andere Interessenten da, oder sie sind bereits gebunden.«
»Wie gefällt dir Pamela?«
Er sah seine Mutter erstaunt an. »Marius scheint sie sehr zu gefallen, und es beruht auf Gegenseitigkeit.«
»Bei ihr ist es doch nur Mitgefühl, denke ich.«
»Das bezweifle ich, sie ist nicht so besitzgierig wie Claire. Sie ist eine ungewöhnliche junge Frau.«
»Es war immer so beruhigend, daß Marius so ganz anders war als euer Vater. Es ist sehr schlimm für mich, daß er so krank ist. Ich möchte ihn gern glücklich sehen.«
»Er ist jetzt glücklich, ich bin sehr froh, wenn du nichts gegen eine Verbindung mit Pamela einzuwenden hast.«
»Wird es denn dazu kommen?«
»Ich bin überzeugt, daß Marius es vorhat. Wie hast du eigentlich Vaters Eskapaden ertragen?«
Der schnelle Themawechsel machte ihr zu schaffen. »Ich bemühte mich, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen«, erwiderte sie.
»Mir war das gute Verhältnis zu euch wichtiger. Er ist tot, und der Tod bezahlt alle Schulden.«
»Er hat dir nie etwas gebeichtet?«
»Nein, das war unter seiner Würde«, sagte sie mit einem ironischen Lächeln.
»Worauf willst du hinaus? Ich kenne dich, du hast etwas auf dem Herzen. Ist dir in Spanien etwas zu Ohren gekommen?«
»Wie kommst du ausgerechnet auf Spanien?«
»Er war oft, zu oft in Spanien. Es scheint ihn etwas hingezogen zu haben.«
»Und wenn es so wäre?«
»Glaubst du, es würde mich tangieren? Es ist alles Vergangenheit.«
»Vielleicht nicht alles, Mama.«
»Dann erzähle, was du weißt. Du brauchst keine Rücksicht zu nehmen, es kann mich nicht mehr treffen. Hat er etwa Kinder hinterlassen? Zutrauen würde ich es ihm.«
»Es gibt ein Kind, allerdings ein erwachsenes Kind, zweiundzwanzig Jahre, Fiona heißt sie, Fiona Campen.«
»Er hat sie adoptiert?« staunte Mary.
»Nein, er hat ihre Mutter geheiratet.«
»Guter Gott, er war auch ein Bigamist? Das hat gerade noch gefehlt.«
»Er hat sie unter dem Namen Marius Campen geheiratet. Sie war eine anständige Frau, halb so alt wie er. Und sie dachte, er wäre Witwer und wollte seine erwachsenen Kinder nicht mit dieser Heirat schockieren.«
»Er hat mich totgesagt! Das sollte mich wirklich empören, aber da Totgesagte lange leben sollen, nehme ich es gelassen. Er war tatsächlich gut für zwei Leben und einen Harem. Es tut mir leid für euch.«
»Du bist eine wundervolle Mutter, die beste, die man sich wünschen kann. Und er wußte, daß wir eine geschlossene Front gegen ihn bilden würden. Davor hat er wohl doch Angst gehabt.«
»Aber es hat ihn nicht geniert, daß er mich so schamlos hintergangen hat. Das Mädchen kann aber nichts dafür. Wir sind verpflichtet, etwas für sie zu tun.«
Nicolas war sehr überrascht. »Das meinst du wirklich?«
»Natürlich, sie ist eure Schwester.«
»Vater hat sie materiell abgesichert. Er scheint sie sehr gemocht zu haben.«
»Er wünschte sich eine Tochter und war enttäuscht, daß du wieder ein Junge warst. Wirst du dich um das Mädchen kümmern?«
»Das habe ich schon getan. Fiona studiert jetzt in Paris. Sie will Ärztin werden. Sie ist reizend, Mama. Wäre sie nicht meine Halbschwester, würde ich sie heiraten.«
»Eigentlich ist es eine schlimme Geschichte, aber mir ist es, als würde es sich um einen fremden Mann handeln. Ihr habt andere Moralbegriffe als euer Vater. Er besaß nicht mal so viel Anstand, sie in seinem Testament zu bedenken.«
»Du bist wirklich einmalig, Mama«, sagte Nicolas bewundernd.
»Ich bin nur schon ein bißchen weise geworden durch all das, was ich erlebt habe. Wirst du es Marius erzählen?«
»Das habe ich schon getan, und er hat genauso reagiert wie du.«
»Er denkt doch jetzt am meisten an Pamela«, sagte sie leise.