und repräsentiert die Heiligkeit des Feuers, das als Blitz im Himmel geboren wird und in die Erde fährt und den Menschen Wärme bringt. Er ist im Holz, in den Pflanzen, im Wasser gegenwärtig und wird oft auch mit der Sonne gleichgesetzt. Er ist ewig jung, denn er wird in jedem Feuer neu geboren. Als Mittler zwischen Himmel und Erde ist er das Urbild der Priester, der große Opferer und Vorsteher (purohita) der Riten, durch den die Opfergaben vor die Götter gelangen. Er ist der Herr des Hauses, der den Dämonen, der Finsternis, den Krankheiten und der Zauberei überlegen ist. Deshalb sind auch die Beziehungen zu ihm besonders eng, wie das folgende Gebet erkennen lässt: »Führe uns, Agni, auf dem guten Weg zu Reichtum. Halte fern von uns die Verfehlung, die uns irreleitet, verschone uns vor Krankheiten. Beschütze uns immer, Agni, mit deinen unermüdlichen Wächtern. Überlasse uns nicht dem Bösen, dem Zerstörer, dem Lügner oder dem Unglück.« (Rig-Veda I,187).
Soma ist noch stärker als Agni mit dem Feuer verbunden. Insgesamt 120 Hymnen sind ihm gewidmet und zur Gänze das IX. Buch. Er ist eins mit der Pflanze, aus welcher der Opfertrank gemacht wird – man weiß aber nicht mehr, um welche es sich gehandelt hat –, und ist die Kraft in diesem beliebtesten Opfer: »Wir haben den Soma getrunken und sind unsterblich geworden; zum Lichte gelangt, haben wir die Götter gefunden«, heißt es im VIII. Buch des Rig-Veda. Als Trank der Götter und Priester verbindet dieser berauschende Trank Himmel und Erde, befreit und weitet das Bewusstsein und ermöglicht ekstatische Erfahrungen. Da Priester und Götter ihn gemeinsam trinken, bringt er Erde und Himmel einander näher.
Vishnu wird eine den Menschen gutgesinnte Gottheit genannt, die den Opfernden in den Himmel erhebt. Er gilt als Freund und Verbündeter Indras, dem er in seinem Kampf gegen Vrtra beisteht. Er hat den Weltenraum mit drei Schritten durchmessen und mit dem dritten die Götterwohnung erreicht. In manchen Riten spielen diese drei Schritte eine große Rolle, weil Vishnu mit dem Opfer identifiziert wird und auch der Opfernde mit drei Schritten den Himmel erreicht. Trotzdem ist er im Rig-Veda noch blass und hat erst in den sogenannten Upanishaden (ab 4. Jh.) seine große Zeit.
Rudra-Shiva ist eine Epiphanie dämonischer oder doch ambivalenter Mächte, deshalb wird er »der Herr der wilden Tiere« genannt. Er hat dämonische Kraft und symbolisiert das Chaotische, Unvorhersehbare des Lebens. Aber seine Kräfte können auch guten Zwecken dienen. So gilt er als Arzt der Ärzte. Seine Farbe ist dunkelbraun, sein Bauch schwarz, sein Rücken rot, er trägt sein Haar zu Zöpfen geflochten. Seine Waffen sind Pfeil und Bogen, er ist mit Tierfellen bekleidet und lebt in den Bergen. Er ist der wandelnde Gegensatz und beschützt jene, die außerhalb der arischen Gesellschaft leben. Er ist vom Somaopfer ausgeschlossen. Im klassischen Hinduismus erlebt er eine enorme Aufwertung und ist in der Shvetāshvatara-Upanishad der höchste Gott. Wie sich dieser Umschwung vollzogen hat, ist nicht belegt, doch ist anzunehmen, dass die Vorstellungen viele nichtarische Elemente enthalten.
Die kurz charakterisierten und etwa zwei Dutzend weitere im Rig-Veda genannte Hauptgottheiten wurden in einem um 500 v. Chr. von Yaska verfassten Hindu-Kommentar zum Rig-Veda drei Gruppen zugeordnet: Götter der Erde: Agni, Soma, Yama und Brihaspati; Götter der Luft: Indra, Vayu, die Maruts und Rudra; Götter des hellen Himmels: Savitar, Sūrya, Ashas, Pushan, Vishnu, Additi und ihre Söhne Varuna und Mitra. Dies lässt erkennen, welche Veränderungen der Bedeutung der Gottheiten sich im Lauf der Jahrhunderte im Bewusstsein der gläubigen Hindus vollzogen haben.
Vedische Götter sind nicht in Tempeln oder Bildern sesshaft. Sie kommen zum Menschen, wenn er kultisch rein ist und sie zum Opfer ruft, und sind sein Gast. Die Gottheiten im vedischen Paradies waren also durchaus nicht so erhaben und unzugänglich wie »Er« – der Unergründbare –, nach dem der oben abgedruckte Hymnus fragt, sondern sie glichen eher mächtigen Menschen auf der Erde, deren Gunst man sich durch Geschenke sichern kann – in einer Art religiösem Handel zwischen dem einzelnen Gott und seinen Anbetern.
Das vedische Pantheon wird deutlich von männlichen Gottheiten beherrscht. Die wenigen mit Namen genannten Göttinnen agieren eher im Hintergrund wie die Göttermutter Aditi oder spielen eine eher untergeordnete Rolle wie die Göttin der Morgenröte Usas oder Ratri, die Göttin der Nacht.
Die Religion des Rig-Veda ist jedenfalls alles in allem viel einfacher als die der später entstandenen anderen drei Veden und weiterer von Brahman mitgeteilter und von rishis (= inspirierten Weisen) gehörter Schriften (sruti), von denen im nächsten Kapitel die Rede sein wird. Es findet sich hier noch kein Monotheismus (= Eingottglaube), aber da und dort neben Polytheismus (= Vielgottglauben) bereits Henotheismus (= bald dieser, bald jener Gott hat die Prädikate eines allmächtigen, höchsten Weltenherrn) – eine Vorstufe des Monotheismus. Später wird dann der Glaube an ein unpersönliches Weltgesetz über allen Göttern und die Vorstellung, dass ein Hochgott dieses Gesetz handhabt, den Glauben der Hindu bestimmen.
2. Der Sama-Veda (= Wissen der Gesänge) ergänzt den Rig-Veda insofern, als er viele der Verse – verbunden mit einer musikalischen Notenschrift und in vier Gruppen eingeteilt – wiederholt und damit für den praktischen Gebrauch beim Vollzug der Riten verwendbar macht. Dieses Buch diente dem Udgātar (= Sänger) und wurde auch für die Ausbildung der Vorsänger beim Opfer verwendet.
3. Der Yajur-Veda (= Wissen der Opfersprüche) ist eine Sammlung vielfältiger Spruchtexte, die der Adhvaryu braucht, wenn er den Opferaltar baut, die Opferfeuer und -geräte überwacht, vorbereitet und die Tieropfer durchführt. Die Texte wenden sich nicht nur an die Götter, sondern behandeln z. B. auch kultische Gegenstände, die beim Opfer Verwendung finden. Andere geben an, was durch bestimmte Riten erreicht werden soll. Wieder andere sind in der Art von Litaneien formuliert, so dass bestimmte Anrufungen mit einer gleich bleibenden Bitte unterstützt werden.
4. Der Atharva-Veda (= Wissen des Feuerpriesters) schließlich ist die jüngste Sammlung und wendet sich an den Agnidh (= Feuerschürer), der den Verlauf des Opfers überwacht und auftretende Fehler oder ein böses Omen durch seine Kunst unschädlich machen kann. Dieser jüngste Teil, der erst nach 500 v. Chr. kanonisiert wurde, enthält magisch-okkulte Texte und Rituale, mit deren Hilfe z. B. Teufel beschwichtigt oder Übel abgewendet werden sollen. Dies geht bis in den Alltag hinein (Schutz vor Räubern, Liebeszauber, Kindersegen, Geschäftserfolg usw.) und enthält sogar schwarzmagische Anleitungen, z. B. wie eine Frau ihre Rivalin (in der Gunst ihres Mannes) töten oder wie ein Priester sich gegen einen Adeligen zur Wehr setzen kann, der ihn zu wenig achtet.
In diesen ältesten indischen Schriften ist hie und da auch von Kämpfen gegen die dasya, die »schwarzhäutigen, nasenlosen Barbaren«, die Rede, die viele Herden besitzen, in befestigten Siedlungen wohnen und sich zum Phalluskult (shishna deva) bekennen. Darin sind die Überlebenden der Induskultur zu erkennen. Und Indra wird vielfach als Führer der Angriffe auf Hunderte dieser Festungen genannt und als purandara (= Zerstörer der Festungen) gepriesen. Die einzelnen Stämme der Arier standen den Veden zufolge unter der Führung eines militärischen Anführers, eines Raja (sprich: Rādschā = König), denen Samiti (= Volksräte) zur Seite standen. Bhārata war der Name des bedeutendsten Stammes.
Solche scheinbar historisch relevanten Angaben in den Veden müssen mit großer Vorsicht behandelt werden und sind eigentlich historisch völlig unergiebig, da es sich eben um Hymnen, Dichtungen und Gebetsformeln handelt und nicht um Berichte. Erst im sogenannten Mahābhārata, dem indischen Nationalepos, das erst um die Zeitenwende Gestalt annahm, ist ausführlich von Stammeskämpfen zwischen den Kuru und ihren Verwandten, den Pāndava, die Rede, die in das 14. Jh. und nach Zentralindien weisen, so dass man daraus schließen kann, dass die Arier damals längst aus dem Industal in das Gangestal und weiter nach Mittelindien vorgedrungen waren. Das stimmt auch mit Angaben aus dem Sathapatha Brāhmana (ca. 1000 v. Chr.) und aus dem Rāmayāna überein, die zeigen, dass damals auch schon weite Gebiete in Ost- und Südindien arisiert waren.
Diese arische Landnahme ging so vor sich, dass die Arier einen gārhapatya (= Altar) errichteten, dem Gott Agni weihten und damit das Land rundum