Gottfried Hierzenberger

Der Hinduismus


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(grhya) wie die Erhaltung des Herdfeuers oder der Jahreszeiten und die rituelle Feier der jeweiligen Lebenswenden (Empfängnis, Geburt, Jünglingsweihe, Hochzeit, Bestattung) – relativ leicht rekonstruieren.

      Der wichtigste Hausritus war das Upanayama (= Jünglingsweihe), das nicht der Vater, sondern der künftige Lehrer vollzog. Er gilt von da an als der wahre Vater, weil er dem jungen Menschen zur zweiten Geburt verhalf, die als »wahre Geburt zur Unsterblichkeit« verstanden wurde. Da der vedischen Religion Heiligtümer (Tempel oder dergleichen) unbekannt waren, vollzog man die Hausriten entweder im Haus der Familie oder auf einem nahegelegenen Rasenstück, auf dem drei Feuerstellen bereitgestellt wurden. Als Opfergaben dienten Milch, Butter, Korn und Kuchen, aber auch Ziegen, Widder, Kühe, Stiere und Pferde.

      Die feierlichen Riten (shrauta) sind »liturgische Systeme von großer Komplexität, die Tage, manche sogar Jahre dauern können«. (Eliade I, 203f) Der einfachste dieser Riten ist das Agni-hotra (= Feuer-Trankopfer); es findet täglich zur Morgen- und Abenddämmerung statt. Dann gibt es jahreszeitliche Zeremonien (cāturmāsya) und Erstlingsopfer (āgrayana).

      Die entscheidenden vedischen Opfer aber sind die Soma-Opfer. Der Agnissoma (= Lobpreis Agnis) ist das Initiationsopfer zum Neujahr, das am 21. März beginnt und drei Tage dauert. Der Soma wird dabei dreimal täglich gepresst und bei der Mittagspressung werden die »Honorare« (Vieh) an die Brahmanen verteilt. Dazu sind alle Götter eingeladen. Bedeutsam ist auch der Siegestrunk (vajapeya) oder die Königsweihe (rājāsuya). Diesen Soma-Opfern wurden rituelle Systeme mit Tanz, dramatischen Darstellungen, Pferderennen usw. angefügt, die mehrere Tage, ja bis zu einem Jahr und mehr dauern konnten.

      Das bedeutendste vedische Ritual, das auch indoeuropäisch bezeugt ist (Germanen, Iranier, Griechen, Lateiner, Armenier, Massageten und Dalmatier), war das Pferdeopfer (ashvamedha), das nur von einem siegreichen König vollzogen werden durfte, der damit die Würde eines Weltenherrschers erlangte, was sich positiv auf sein ganzes Reich auswirkte. Die einleitenden Feierlichkeiten erstreckten sich über ein ganzes Jahr, das eigentliche Opfer dauerte dagegen nur drei Tage, und der ausgewählte Opfer-Hengst verkörperte dabei den mythischen Ur-Gott Prajāpati (= Herr der Geschöpfe), der dem vedischen Mythos zufolge bereit war, sich selbst zu opfern. Dadurch bekam dieses Opfer kosmische Bedeutung. Nach einer rituellen Vereinigung der Königin mit dem Opfertier wurde der Kadaver des Pferdes und anderer Opfertiere zerstückelt und von den Feiernden gegessen.

      Hier wird der zweite Typus der vier Kosmogonien (= Weltentstehungsmythen) der Veden deutlich:

      1. Schöpfung durch Befruchtung der Urgewässer.

      2. Schöpfung durch Zerstückelung eines Urwesens.

      3. Schöpfung aus einer All-Einheit, die Sein und Nichtsein umfasste.

      4. Schöpfung durch Trennung von Himmel und Erde.

      Als Beispiel für den dritten Typus noch ein Zitat aus dem berühmten Schöpfungshymnus des Rig-Veda:

      »Damals war nicht das Nichtsein noch das Sein. Kein Luftraum war, kein Himmel drüber her.

      Wer hielt in Hut die Welt, wer schloss sie ein? Wo war der tiefe Abgrund, wo das Meer?

      Nicht Tod war damals noch Unsterblichkeit, nicht war die Nacht, der Tag nicht offenbar.

      Es hauchte windlos die Ursprünglichkeit das Eine, außer dem kein andres war.

      Von Dunkel war die ganze Welt bedeckt, ein Ozean ohne Licht, in Nacht verloren;

      Da ward, was in der Schale war, versteckt, das Eine durch der Glutpein Kraft geboren.

      Aus diesem ging hervor, zuerst entstanden, als der Erkenntnis Samenkeim, die Liebe;

      Des Daseins Wurzelung im Nichtsein fanden die Weisen, forschend, in des Herzens Triebe.

      Als quer hindurch sie ihre Messschnur legten, was war da unterhalb? Was war da oben?

      Keimträger waren, Kräfte, die sich regten, Selbstsetzung drunten, Angespanntheit droben.

      Doch wem ist auszuforschen es gelungen?, wer hat, woher die Schöpfung stammt, vernommen?

      Die Götter sind diesseits von ihr entsprungen! Wer sagt es also, wo sie hergekommen?

      Er, der die Schöpfung selbst hervorgebracht, der auf sie schaut im höchsten Himmelslicht,

      der sie gemacht hat oder nicht gemacht, der weiß es! – oder weiß auch er es nicht?«

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