Nikolai Gogol

Gesammelte Werke von Nikolai Gogol


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mit grüner Farbe und roten Blumen bemalt hatte. Das ist aber noch nicht alles. An die Wand neben dem Kircheneingang malte Wakula den Teufel in der Hölle, einen so abscheulichen Teufel, daß alle, die vorbeigingen, ausspuckten; und die Weiber trugen ihre Kinder, wenn sie auf dem Arme zu weinen anfingen, an dieses Bild und sprachen: »Schau, was für ein Scheusal da hingemalt ist!« Und das Kind hielt seine Tränen zurück, schielte nach dem Bilde und schmiegte sich an die Brust seiner Mutter.

      Schreckliche Rache

       Inhaltsverzeichnis

       I

      Es braust, es dröhnt durch Kiews Vorstadt; der Kosakenhauptmann Gorobetz feiert die Hochzeit seines Sohnes. Viele Leute sind zum Hauptmann zu Gast gekommen. In alten Zeiten liebte man, gut zu essen; noch mehr liebte man, gut zu trinken; und vor allem liebte man, lustig zu sein. Auf seinem braunen Pferde kam der Saporoger Kosak Mikitka; vom ausgelassenen Zechgelage auf dem Pereschljai-Felde kam er geritten, wo er sieben Tage und sieben Nächte des polnischen Königs Schlachta mit Rotwein traktiert hatte. Es kam auch der Blutsfreund und Kampfgenosse des Hauptmanns, Danilo Burulbasch, vom anderen Ufer des Dnjepr gefahren, wo zwischen zwei Bergen sein Gut lag; sein junges Weib Katerina und seinen einjährigen Sohn brachte er mit. Die Gäste staunten über das weiße Antlitz der Pani Katerina, über ihre Brauen, so schwarz wie deutscher Samt, über das schmucke Gewand und den Rock aus schwerer blauer Seide und über ihre silberbeschlagenen Stiefel; aber noch mehr staunten sie, daß ihr alter Vater nicht mitgekommen war. Nur ein einziges Jahr hatte der in der Heimat hinter dem Dnjepr gelebt und einundzwanzig Jahre war er verschollen gewesen; erst dann war er zu seiner Tochter zurückgekehrt, als sie schon verheiratet war und einen Sohn geboren hatte. Viel Wunderliches hätte er wohl berichten können. Einer, der so lange in fremden Landen geweilt, kann ja manches erzählen; dort ist ja alles anders als bei uns: die Menschen sind anders, und es gibt auch keine Christenkirchen dort … Doch er war nicht mitgekommen.

      Den Gästen wurde süßer Schnaps mit Rosinen und Pflaumen kredenzt und auf einer großen Schüssel das Hochzeitsbrot aufgetragen. Die Spielleute legten für eine Weile ihre Zimbeln, Geigen und Pauken weg und griffen nach der unteren Kruste des Brotes, in die Geld eingebacken war. Die jungen Mädchen und Frauen wischten sich indes mit gestickten Tüchern die Gesichter ab und traten wieder aus ihren Reihen hervor, während die Burschen, die Hände in die Hüften gestemmt und stolze Blicke um sich werfend, gerade im Begriff waren, ihnen entgegenzutanzen – als der alte Hauptmann zwei Heiligenbilder brachte, um das junge Ehepaar mit ihnen zu segnen. Diese Bilder hatte ihm der ehrwürdige Einsiedler, der greise Warfolomej, gegeben. Sie waren weder reich geziert, noch funkelten sie von Silber oder Gold; aber keine höllische Macht hatte über den Gewalt, der sie in seinem Hause bewahrte. Der Hauptmann erhob die Bilder und wollte gerade ein kurzes Gebet sprechen, als plötzlich die Kinder, die auf dem Hofe spielten, aufschrien und dann auch die übrigen Leute, die sich im Hofe drängten, erschrocken zurückwichen, voller Angst auf einen Kosaken in ihrer Mitte weisend. Niemand wußte, wer er war. Er hatte schon gar feurig den Kosakentanz getanzt und die Leute, die sich um ihn drängten, durch einige Worte zum Lachen gebracht. Als aber der Hauptmann die Heiligenbilder emporhob, veränderte sich plötzlich das Gesicht des Kosaken: die Nase wurde lang und neigte sich auf die Seite, die vorher braunen Augen wurden grün, die Lippen blau, das Kinn erzitterte und wurde spitz wie ein Speer, aus dem Munde zeigte sich ein Hauer, hinter dem Kopf wuchs ein Buckel, und der Kosak verwandelte sich in einen Greis.

      »Er ist es! Er ist es!« schrien die Leute, sich eng aneinander drängend.

      »Der Zauberer zeigt sich wieder!« riefen die Mütter, rasch ihre Kinder bei den Händen packend.

      Würdevoll trat der Hauptmann vor und sagte mit lauter Stimme, die Heiligenbilder dem Fremden entgegenhaltend: »Verschwinde, Abbild des Satans! Für dich ist kein Platz hier!«

      Der seltsame Greis zischte, knirschte wie ein Wolf mit den Zähnen und verschwand.

      Wie das Meer im Sturme, erbrauste es in der Menge; man lärmte, man schrie, man sprach durcheinander.

      »Was ist das für ein Zauberer?« fragten die Jungen und Unerfahrenen.

      »Unheil droht!« sprachen die Alten und schüttelten die Köpfe. Und überall auf dem weiten Gehöfte des Hauptmanns sammelten sich die Leute zu Haufen und lauschten den Geschichten von dem wunderlichen Zauberer. Aber fast jeder erzählte anderes, und niemand wußte etwas Sicheres zu sagen.

      Ein Faß Met wurde auf den Hof gerollt und mancher Eimer griechischen Weines daneben gestellt. Und wieder wurden alle lustig. Die Spielleute schmetterten, die jungen Mädchen und Frauen und die wackeren Kosaken in bunten Röcken flogen im Tanze dahin. Selbst die neunzigjährigen und hundertjährigen Greise, die auch schon etwas bezecht waren, rührten die Beine im Tanze und ließen ihre alten Jahre, die sie nicht umsonst verlebt hatten, wieder aufleben. Man zechte bis spät in die Nacht hinein, und man zechte so, wie man es heute nicht mehr tut. Endlich brachen die Gäste auf; aber nur wenige von ihnen gingen nach Hause: viele blieben beim Hauptmann über Nacht; und noch viel mehr Kosaken schliefen ungebeten unter den Bänken, auf dem Fußboden, neben den Pferden und vor den Ställen ein: wo ein berauschter Kosakenkopf gerade hinfiel, da blieb er schon liegen und schnarchte über ganz Kiew.

       II

      Still leuchtet es über die ganze Welt: der Mond zeigt sich hinter dem Berge. Wie mit einem Tuch aus Damast, wie mit einem schneeweißen Schleier verhüllt er das gebirgige Ufer des Dnjepr, und die Schatten ziehen sich in das Dickicht der Fichten zurück.

      Inmitten des Dnjepr schwimmt ein eichener Einbaum. Zwei Burschen sitzen vorn, die schwarzen Kosakenmützen schief auf die Seite gerückt, und unter ihren Rudern sprüht der Wasserstaub empor, wie unter dem Feuerstahl die Funken.

      Warum singen die Kosaken nicht? Warum sprechen sie nicht davon, daß die römischen Pfaffen die Ukraine durchziehen und das Kosakenvolk in Katholiken umtaufen? Davon, wie sie am Salzsee zwei Tage lang gegen die Tatarenhorde kämpften? Wie sollen sie auch singen und von den kühnen Taten sprechen! Ihr Pan Danilo ist ja in Gedanken versunken, und der Ärmel seines karmesinroten Kaftans hängt aus dem Boote hinaus und badet im Flusse; ihre Herrin Pani Katerina wiegt leise ihr Kind und wendet keinen Blick von ihrem Manne, während ihr von keiner Leinwand geschütztes Festgewand vom Wasserstaub wie von grauer Asche überschüttet wird.

      Schön ist der Blick von der Mitte des Dnjepr auf die hohen Berge, auf die weiten Wiesen, auf die grünen Wälder! Diese Berge sind gar keine Berge; sie haben keine Sohlen, oben wie unten ragen spitze Gipfel, und über ihnen und unter ihnen wölbt sich der hohe Himmel. Auch die Wälder auf den Anhöhen sind gar keine Wälder: es sind Haare, die auf dem struppigen Kopfe des Waldgreises gewachsen sind. Seinen Bart umspült das Wasser, und unter dem Barte und über den Haaren wölbt sich der hohe Himmel. Auch die Wiesen sind keine Wiesen: ein grüner Gürtel ist es, der den runden Himmel in der Mitte umgürtet; und in der oberen und in der unteren Hälfte wandelt der Mond.

      Aber Pan Danilo blickt nicht auf die Ufer, er blickt nur auf sein junges Weib. »Mein junges Weib, meine goldene Katerina, warum bist du in Gram versunken?«

      »Ich bin nicht in Gram versunken, mein Pan Danilo! Mich haben die seltsamen Mären vom Zauberer erschreckt. Man erzählt sich, er sei schon so auf die Welt gekommen: schon als Kind wäre er so schrecklich gewesen, daß keines von den anderen Kindern mit ihm spielen wollte. Höre nur, mein Pan Danilo, wie schrecklich das ist, was man von ihm sagt: es scheint ihm immer, daß alle Leute ihn verhöhnen. Wenn er am finstern Abend einen Menschen trifft, so dünkt es ihn gleich, daß jener den Mund auf tut und grinst. Und diesen Menschen findet man am nächsten Tage als Leiche. Mir war so sonderbar, so grauenvoll zumute, als ich diese Mären hörte!« So sprach Katerina. Und sie holte ihr Tuch hervor und wischte damit dem Kinde, das in ihren Armen schlief, das Gesicht ab. Auf dem Tuche waren mit roter Seide Blätter und Beeren gestickt: ihre eigene Arbeit war’s.

      Pan Danilo versetzte kein Wort. Er blickte ab und zu ins Dunkel hinüber, wo in der Ferne, hinter dem Walde, ein schwarzer Erdwall zu sehen war, und hinter dem Walde ein altes Schloß ragte. Über