Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman


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können. Ich hüte es Ihnen indes hier noch einige Wochen lang.«

      Lachend trennte man sich, und Eike Hadebrecht fühlte sich so frei und leicht, wie schon lange nicht mehr. –

      »Ich habe heute Ilona besucht«, verkündete er den Seinen, als er mit ihnen nach Tisch beim Mokka saß. »Ihr Leiden hat sich so erfreulich gebessert, daß sie nach einigen Wochen als völlig geheilt entlassen werden kann.«

      »Und wie war sie sonst, mein Junge?« fragte die Mutter bang.

      »Schlechter Laune.«

      »Das sagst du in aller Gelassenheit?«

      »Gewiß. Weil ich ihren Launen jetzt anders entgegentreten kann als während ihrer Krankheit. Und ich bitte euch, dasselbe zu tun.«

      »Das habe ich gottlob nicht nötig«, frohlockte Thea. »Reinhold hat bereits das Aufgebot bestellt, wir heiraten in zwei Wochen. Ganz klein natürlich. Reinhold meint…«

      »Ist bloß gut, daß dein Reinhold das meint, was auch wir meinen«, brummte der Vater dazwischen. »Und gut obendrein, daß du beliebst, uns wenigstens vor die vollendete Tatsache zu stellen.«

      »Aber, Papa, wozu sollen wir denn warten!«

      »Ganz meine Meinung. Also, richten wir uns zum Hochzeitsschmaus – und zur Wiederkehr unserer lieben Ilona. Hoffentlich fällt nicht beides auf einen Tag.«

      Allein davor sollte das Schicksal die im Hadebrecht-Haus bewahren. Die Hochzeit, nur klein gehalten – man hatte ja eine gute Ausrede wegen Ilonas Krankheit – verlief ohne Disharmonie. Hochbeglückt siedelte die junge Frau mit ihrem Töchterchen in das Haus des Gatten über.

      *

      Mittlerweile war es Juni geworden, und der Sommer nahte. Das merkte hauptsächlich Silje bei ihren täglichen Morgenritten. Sie sah dabei, wie sie lachend behauptete, langsam das Gras wachsen. War es nun Zufall oder Absicht, daß Eike Hadebrecht ihr auf diesen Ritten fast immer begegnete? Silje wußte es nicht – und wollte es auch nicht wissen. Sie fand es wunderschön, einen Begleiter bei ihren Ritten zu haben. Man unterhielt sich dabei, wie es guten Kameraden geziemt, lachte, scherzte und freute sich des Lebens. Hinterher ging es dann mit frischem Mut an die Arbeit.

      Als Eike eines Tages durch Zufall erfuhr, daß Silje eine passionierte Tennisspielerin wäre, ließ er den Platz im Park instandsetzen und focht fortan nur noch da seine Spiele aus. Und zwar mit einer Partnerin, die ihm nicht nur gewachsen war, sondern ihn manchmal sogar übertraf.

      Das kostete immerhin mehr Schweiß, als wenn die Partner sich zu einem anderen Spiel zusammentaten – und zwar in der Musik. Da gab es keine Konkurrenz, weil einer den Flügel, der andere die Geige spielte.

      Und die Zuhörer hatten ihre helle Freude daran. Mit Genuß lauschten sie dem wundervollen Spiel, das so harmonisch zusammenklang. Genauso harmonisch wie die Herzen der Menschen, die so froh und glücklich dahinlebten, seitdem auch Thea das Haus verlassen hatte.

      Man war jetzt im Hadebrecht-Haus gewissermaßen ein Herz und eine Seele. Und jeder der fünf Menschen wünschte insgeheim: Wenn es doch immer so bliebe!

      Aber ach, nur noch wenige Wochen war ihnen der Friede beschert. Dann erschien der böse Geist Ilona, die äußerlich von einem solchen bestimmt nichts an sich hatte, sondern wie das sprühende Leben selber anzuschauen war in ihrer pikanten Schönheit. Sie erschien nicht unverhofft, dafür hatte Professor Lutz wohlweislich durch einen Telefonanruf gesorgt. Also holte Eike Hadebrecht die Gattin ganz vorschriftsmäßig von der Klinik ab – und sich einen Störenfried ins Haus.

      Eigentlich hätte man sich in der Familie über die völlige Gesundung der jungen Frau freuen müssen und machte sich heimlich Vorwürfe, daß man es nicht konnte. Aber es ging nicht, trotz aller Beschämung nicht. Die Gesundung selbst, die gönnte man Ilona allerdings von ganzem Herzen, wünschte ihr eine kernige Gesundheit bis über hundert Jahr – nur nicht in ihrem Kreis. Und nur deshalb nicht, weil sie Unfrieden und Zwietracht in ihn brachte.

      Aber man war nicht mehr gewillt, diese Hölle geduldig zu tragen, nachdem sich die kleine Teufelin wieder im besten Gesundheitszustand befand. Man wappnete sich gewissermaßen mit allen Stacheln des Igels, der eine Gefahr wittert.

      Also war der Empfang, den man der Genesenen im Hade­brecht-Haus bereitete, weder herzlich noch unfreundlich – man wartete zuerst einmal ab. Schien es sich zur Devise gemacht zu haben: Wie du mir, so ich dir!

      Und schon in der ersten Stunde nach ihrer Rückkehr sollte Ilona das zu spüren bekommen. Denn als sie ausfällig zu werden begann, gab der »Despot« ihr gleich contra. Dazu noch das »infame« Lächeln der anderen. –

      »Was ist eigentlich in euch gefahren?« fragte sie aufgebracht. »Anstatt daß ihr alle Rücksicht walten laßt, wie sie einer Rekonvaleszentin zukommt, ärgert ihr sie. Und mein Herr Gemahl sitzt natürlich dabei, ohne seiner Frau den gebührenden Beistand zu leisten. Wenn du immer so weiter machst, dann – dann…«

      »Nun, was dann?«

      »Dann laß ich mich scheiden!«

      »Bitte sehr.«

      Auf diese Antwort war Ilona denn doch nicht gefaßt. Ordentlich verblüfft sah sie ihn an, ließ ihre Blicke weiter schweifen und sah in lauter verschlossene Gesichter.

      Da sprang sie auf, die Tür knallte hinter ihr zu – und der Herr des Hauses lachte.

      »Recht so, mein Kind, tob deine Wut nur allein aus. Du wirst schon gemerkt haben, daß jetzt eine andere Luft hier weht als vor deiner Krankheit. Nur du tust mir leid, mein Junge. Wenn du nach oben kommst, wirst du nichts zu lachen haben.«

      »Keine Angst, Vater. Ich werde schon mit meiner Frau fertig – seitdem ich mit ihr fertig bin.«

      »Verzwickt ausgedrückt!« schmunzelte der Vater. »Aber ich weiß schon, was du damit sagen willst. Also, Kinder, laßt uns ein Schutz- und Trutzbündnis schlie­ßen. Bilden wir einen Granitblock, gegen den sich nicht ankommen läßt. Sollte Ilona allerdings vernünftig werden…«

      »Darauf kannst du lange warten!« warf Philchen trocken ein. »Im Gegenteil, jetzt wird erst der richtige Hexentanz beginnen.«

      *

      Und damit sollte Philchen recht behalten. Ilona dachte gar nicht daran, sich zu ändern. Warum auch, sie war doch ein ganz wunderbarer Mensch – nur die anderen taugten alle nichts!

      Anstatt darüber glücklich zu sein, daß sie jetzt wieder gesund war, machte sie durch ihre Verdrießlichkeit sich und den anderen das Leben schwer. Sie fieberte förmlich danach, wieder in die große Welt hinauszukommen, um dort alles nachzuholen, was sie während ihrer halbjährigen Krankheit versäumt hatte. Aber diesmal wollte sie nicht ohne Eike reisen. Und wenn sie da gleich Himmel und Hölle in Bewegung setzen sollte – er mußte mit! Es war doch so prickelnd interessant, sich von den Damen um ihn beneiden zu lassen.

      Allein Eike Hadebrecht fand das gar nicht interessant. Er lehnte daher – kurz ab, als sie noch am Abend ihrer Rückkehr aus der Klinik zu ihm ins Schlafzimmer trat und ihm kurz und bündig klarmachte, daß er sie auf ihrer Reise zu begleiten hätte.

      »Du glaubst doch nicht etwa, daß ich deinen Leichtsinn da mitmache«, entgegnete er mit der Ruhe, die sie immer so unsagbar an ihm reizte. »Zwar bist du jetzt gesund, aber noch lange nicht so, daß du nach dem monatelangen Klinikaufenthalt gleich von einem Vergnügen zum andern hetzen kannst.«

      »So besorgt mit einem Mal?« höhnte sie. »Möchtest du das nicht mir überlassen, was ich mir zumuten darf oder nicht?«

      »Bitte sehr…«, versetzte er kalt. »Ich hielt es nur für meine Pflicht, dich zu warnen, wie es Professor Lutz schon vor mir tat.«

      »Ach, der, was weiß der schon?«

      »So viel jedenfalls, um dich von deinem Leiden zu heilen, wobei die anderen Ärzte versagten. Und noch einmal, Ilona: Schone dich, geh mit dir behutsam um, wenigstens noch ein halbes Jahr…«

      »Hör auf!« schrie sie dazwischen,