an den Gewehren und Büchsen, die er trefflich schmiedete und künstlich ausbohrte, und neben ihm Böheim, der Meister der Geschützgießer, welche ihre gleißenden, wohlverzierten Geschützröhren, Kanonen, Metzen und Kartaunen durch alle Welt berühmt machten.
Überhaupt war der Krieg die zehnte Muse. Die Zunft der Schwertfeger und Waffenschmiede allein umfaßte eine mehrfach gegliederte Welt kunstreicher, feiner und fleißiger Metallarbeiter. Der Schwertfeger der Haubenschmied, der Harnischmacher, jeder von diesen brachte den Teil der kriegerischen Rüstung, der seinem Namen entsprach, zur größten Gediegenheit und Zierlichkeit und bewährte darin ein nachhaltiges Künstler dasein. Wunderbar löste sich diese strenge Einteilung und Beschränkung in die Freiheit und Allseitigkeit, mit welcher die schlichten Zunftmänner wieder zu den wichtigsten Taten und Erfindungen vorschritten und alle wieder alles konnten, oft ohne lesen und schreiben zu können. So der Schlosser Hans Bullmann, der Verfertiger großer Uhrwerke mit Planetensystemen und musizierenden Figuren, und der Vervollkommner dieser, Andreas Heinlein, welcher auch so kleine Uhren zuwege brachte, daß sie im Knopfe der Spazierstöcke Platz fanden; auch Peter Hele, der eigentliche Erfinder der Taschenuhren, ging hier unter dem handfesten Namen eines Schlossermeisters.
Gleich auf dies handlich sinnige Zunftwesen folgte dasjenige, welches am schärfsten diese Zeit von einem frühern Jahrtausend unterschied, nämlich das der Buchdrucker und Formschneider, welche für Wort und Bild die Schleusen der unendlichen Vervielfältigung auftaten und den Strom losließen, der nun die Welt überschwemmt. Vor bald vierhundert Jahren haben sie den Zapfen ausgestoßen, daß das Brünnlein sprang, und wo stehen wir jetzt? Es ist ein großes unentbehrliches Mittel geworden, welches der Unsinn ebenso behende braucht als die Vernunft; es ist die Luft, welche der Gerechte wie der Ungerechte atmet, und der Tischklopfer badet sich so munter und unbefangen in seiner Flut wie der Sperling im Bache. Weit hinter dieser Flut ist die langsame, aber stete Bewegung des eigentlichen Geistes geblieben, des Geistes, der nicht auf dem Papier, sondern in Fleisch und Blut lebt und sich nur von Leib zu Leib, von Auge zu Auge, von Ohr zu Ohr mitteilt, überzeugt, trennt und einigt.
Auch hier kommt zuletzt alles wieder auf den persönlichen Menschen an, wie er leibt und lebt und zu dem andern hintritt mit seiner Wahrheit oder Täuschung.
Aber nichtsdestominder wollen wir die Gruppe der Meister höchlich ehren, welche nun schwarz und weiß gekleidet daherkam. Es waren die Männer, welche nebst der unschätzbaren Bibel freilich auch das Corpus juris druckten, aber daneben auch eifrig bemüht waren, stattliche Ausgaben der wiedererstandenen Klassiker herzustellen, und eine Ehre dareinsetzten. So wackere und fähige Werkleute waren sie, daß sie nicht nur das kitzlige und zusammengesetzte Handwerkszeug selbst anfertigten und verbesserten, sondern auch die griechischen und lateinischen Bücher selbst zu korrigieren verstanden.
Es lag aber etwas Griechisches in der Luft jener Zeit, und wie alle Gewerke schon durch den Meistergesang mit der Kunst verbunden waren, so ging beinahe jedes einzelne unmittelbar in die bildende Kunst über und hatte bei derselben als Legaten die Sprößlinge seiner Werkstatt. So waren hier mit den Buchdruckern die Formschneider gepaart, deren Kunst alsobald der jungen Buchdruckerei zur Seite ging und in dem damaligen Drange, jedem geeigneten Raume Form und Bild aufzudrücken, sich blühend entfaltete. Ein tödlicher Frost ist dann lange Jahre hindurch auf diesen Blütendrang, der in allem Handwerk trieb, gefallen, und erst in neuester Zeit erholt er sich wieder ein wenig und fängt gerade, die bis zur Überfeinerung gediehene Kupferstecherei der verdunkelten Jahre überspringend, wieder da an wie ehemals, nämlich beim Holzschnitt. Aber noch wuchert mit der zehnfachen Mühe, mit welcher das Gute zu tun wäre, das Krabbelige, Charakterlose und Schwächliche und überwuchert das Klare und Feste, und das Übel scheint von oben zu kommen, wo man den festen Gedanken, der zur festen Form gehört, nicht freigeben will. Bezeichnend hiefür ist ein Zug, welcher sich unlängst zutrug. Der König eines großen deutschen Staates hatte über seine eigenen Porzellanwerkstätten in ernster Kunst ergraute Männer gesetzt, daß sie die Formen der Gefäße überwachten und den unreinen Geschmack austrieben und fernhielten. Allein eine überroyalistische Zeitung tadelte des Königs Maßregel und bemerkte ziemlich unbotmäßig, daß sich die vornehme Welt wohl keinen Geschmack vorschreiben ließe und den Rokokostil, welchen sie einmal zu ihrem Zeichen erhoben, aufrechtzuhalten wissen werde. Diese Palastrevolution gelang denn auch insofern, als die Pairs des Landes nicht des Königs rein geformte Blumengeschirre kauften, sondern sich anderwärts mit solchen versahen, welche einem aufrechtstehenden gefrorenen Waschlappen gleichen, und die Wächter des Geschmackes bewachten trauernd des Königs Ladenhüter.
Neben Hans Schäufelein, dem fleißigen Schüler Albrecht Dürers, ging unter den Holzschneidern ein kleines Männchen in einem Mäntelchen von Katzenpelz und einer ebensolchen Zipfelkappe. Dies war Hieronymus Rösch, ein großer Katzenfreund, in dessen stiller Arbeitsstube überall spinnende Katzen saßen, am Fenster, auf Bänken und auf dem Tische.
Auf das dunkle Katzenmännchen folgte eine lichte Erscheinung, die Silberschmiede, in himmelblauem und rosenrotem Gewand mit weißem Überwurf, die Klarheit und das kunstweckende Wesen ihres Metalles verkündend, während die Gold schmiede, ganz rot gekleidet in schwarzdamastenem Mantel und reich mit Gold gestickt, den tiefern Glanz ihres Stoffes zur Schau trugen. Silberne Bildtafeln und goldgetriebene Schalen wurden ihnen vorangetragen; die plastische Kunst lächelte hier aus silberner Wiege, und die neugeborene Kupferstecherkunst hatte hier ihren metallischen Ursprung, wunderlich getrennt von dem Holzschnitt, welcher mit der schwärzlichen Buchdruckerei ging.
Mit Holz und Kupfer nur hatten es die nun auftretenden Kupfertreiber und Ornamentschneider zu tun, dafür waren sie aber schon ganz Künstler und unbezweifelte Bildwerker. Sebastian Lindenast arbeitete seine kupfernen Gefäße und Schalen so schön und kostbar, daß ihm der Kaiser das Vorrecht verlieh, sie zu vergolden, welches sonst niemand durfte. Obgleich dergleichen für heute nicht mehr ziemte, so kann es doch keine sinnigere Beschränkung und Befreiung von derselben geben als diese, wo ein kunstreicher treuer Mann vom obersten Haupte der Nation, des Reiches die Befugnis erhielt, sein geringes Metall der edlen Form wegen, die er ihm zu geben wußte, mit Goldglanz zu umgeben und es so zum Golde zu erheben.
Neben dieser um dieses Umstandes willen so lieblichen und wohltuenden Gestalt des Lindenast (wie deutsch und grün wehend war schon dieser Name!) ging Veit Stoß, der Mann von wunderlichster Mischung. Dieser schnitzte aus Holz so holde Marienbilder und Engel und bekleidete sie so lieblich mit Farben, güldenem Haar und Edelsteinen, daß damalige Dichter begeistert seine Werke besangen. Dazu war er ein mäßiger und stiller Mann, der keinen Wein trank und fleißig seines Werkes oblag, die frommen Wunderbilder für die Altäre zutage fördernd. Welch reines Gemüt mußte dieser Künstler in sich tragen. Aber er machte eifrigst falsche Wertpapiere, um sein Gut zu erhöhen, und als er ertappt ward, durchstach man ihm beide Wangen öffentlich mit glühendem Eisen. Aber weit entfernt, von solcher Schmach gebrochen zu werden, erreichte er in aller Gemächlichkeit ein Alter von fünfundneunzig Jahren und schnitt nebenbei schöne und lehrreiche Reliefkarten von Landschaften mit Städten, Gebirgen und Flüssen; auch malte er und stach in Kupfer.
Noch ein sinnreicher Arbeiter in Kupfer war Hans Frei, Dürers Schwiegervater, welcher reizende und mutwillige Frauenfiguren in Kupfer trieb, die aus den Brüsten und aus dem Kopfputze Wasser springen ließen; zugleich spielte er trefflich die Harfe und war in Musik und Poesie wohlerfahren. Seine schöne böse Tochter Agnes aber, in welcher sich Liebreiz und Unerträglichkeit unablässig vermählten, brachte den schönheitbedürftigen und sanftmütigen Altrecht unter den Boden.
Doch als ein ganzer und klassischer Genoß trat nun, unter dem schlichten Namen der Gelb- und Rotgießer, Peter Vischer einher mit seinen fünf Söhnen, die Hantierer in glänzendem Erze. Er sah aus mit seinem kräftig gelockten Bart, seiner runden Filzmütze und seinem Schmiedefell wie der wackere Hephästos selber. Sein freundliches großes Auge verkündete, daß es ihm gelang, aus reinlichem Erz sich ein unvergängliches Denkmal zu setzen, reich in der Arbeit vieler Jahre und beschienen von der fernen Sonne griechischer Welt. Noch heute steht sein Grabmal des heiligen Sebaldus, ein schlank edler Aufbau von romantischer Phantasie und klassischer Anmut, der reiche Wohnsitz einer Schar edler mannigfaltiger Bildwerke, die in lichtem Raume den silbernen Sarg des Heiligen hüten. Er wohnte mit seinen fünf Söhnen samt deren Weibern und Kindern in einem Hause, an einer Werkstatt