spucken. Ich kann das Wasser nicht leiden. Immer spielt es mir solche Streiche. Aber Sie müssen nicht denken, dass ich Angst davor habe! Ich kann’s nur nicht leiden.«
*
Jacob Welse war Großkaufmann in einem Lande, das sonst noch keinen Handel kannte, ein ausgereiftes Produkt des neunzehnten Jahrhunderts in einer Gesellschaft, die primitiv war wie die der alten Vandalen. Als Monopolist großen Stils herrschte er über die unabhängigsten Menschen, die je in einem Winkel der Welt zusammengekommen waren. Als ein Missionar der Wirtschaft predigte er das Evangelium der Zweckmäßigkeit und der Macht. In seinem Glauben an die natürlichen Rechte der Menschen beugte er, selbst Demokrat, alle unter seinen starken Willen. Die Herrschaft Jacob Welses – das war sein ungeschriebenes Evangelium. Mit seinen Händen, ganz allein, hatte er ein Reich aufgebaut; unter seinem Kommando verbreitete sich die Bevölkerung über ein Gebiet von hunderttausend Meilen Umfang und zog sich wieder zurück. Städte wuchsen und verschwanden auf sein Gebot. Dennoch war er ein Mann aus dem Volke geblieben. Hier in der Prärie hatte er seinen ersten Atemzug getan. Der blaue Himmel war das Dach über seiner Wiege gewesen, und diese Wiege hatte aus einem Bündel grünen Heus bestanden.
Als er zum ersten Mal die Augen öffnete, standen rings um ihn gesattelte Pferde, die das Wunder eines neugeborenen Menschen schnuppernd betrachteten. Sein Vater war Trapper, er hatte seine Kameraden auf ein paar Stunden verlassen, damit seine Frau Ruhe bekäme, wenn die Wehen ansetzten. Zu zweit hatten sie sich niedergelassen – ein paar Stunden später saßen sie zu dritt wieder im Sattel und holten den Trupp ihrer Kameraden ein. Es war gar keine Zeit vergeudet worden. Am nächsten Morgen bereitete Frau Welse wie immer das Frühstück am Lagerfeuer. Danach ritten sie bis Sonnenuntergang, eine Strecke von fünfzig englischen Meilen.
Fronas Großvater stammte aus der zähen Waliser Rasse und war in den ersten Tagen Ohios aus dem geschäftigen Osten gekommen. Seine Mutter war aus altem Nomadengeschlecht, ein Kind irischer Auswanderer, die sich endlich in Ontario niedergelassen hatten.
Ehe Jacob Welse noch richtig auf den Beinen stehen konnte, hatte er schon tausend Meilen Wildnis zu Pferde durchstreift und einen Winter hoch im Norden, in einer Jagdhütte an der Quelle des Roten Flusses, bestanden. Seine erste Fußbekleidung waren Mokassins gewesen, sein erster Leckerbissen Elchtalg. Für ihn war die Welt eine große, schneebedeckte Ebene, in der Indianer und weiße Jäger wie sein Vater streiften. Ein Haufen von Zelten aus gegerbten Tierhäuten war für ihn der Begriff »Stadt«, und ein »Faktor«, der Leiter einer kleinen Handelsstation, war für ihn der Inbegriff aller Allmacht. Flüsse und Seen dienten den Menschen als Verkehrswege, die Berge waren Verkehrshindernisse. Manchmal starben Menschen, aber ihr Fleisch taugte nicht zum Essen, und ihre Haut war wertlos. Dagegen war Pelzwerk kostbar, für einige Packen davon konnte man die ganze Welt kaufen. Tiere existierten, damit die Menschen sie jagten und ihnen das Fell abzogen. Wozu die Menschen da waren, wusste er nicht, es sei denn, weil der Faktor sie brauchte.
Als er älter wurde, änderten sich diese Begriffe allmählich, aber jeder neue Eindruck verursachte ihm Furcht und Verwunderung. Erst als er erwachsen war und viele Städte der Vereinigten Staaten durchwandert hatte, schwand der Ausdruck kindlicher Verwunderung aus seinen Augen. Dann wurde sein Blick scharf und durchdringend.
Bei seiner ersten Berührung mit Städtern hatte der kleine Jacob Verachtung gelernt. Das waren weibische Menschen, die sich oft verirrten und keinen Kompass im Schädel hatten. Sie erkälteten sich leicht und hatten im Dunklen Angst. Deshalb schliefen sie unter Dächern und verschlossen nachts ihre Türen. Die Frauen waren hübsch, aber schwächlich. Bei einer ganzen Tagesreise auf Schneeschuhen kamen sie nicht weit. Alle redeten sie von morgens bis abends, sie redeten viel zu viel. Deshalb logen sie auch und schafften nichts mit ihren Händen.
Mit den Jahren merkte Jacob Welse, obwohl er meist in Wäldern und Steppen hauste, dass die Städte doch nicht ganz so übel waren. Jedenfalls konnte man in einer Stadt leben und trotzdem ein Mann sein. Er war an den Kampf mit der Natur gewöhnt, jetzt reizte ihn der wirtschaftliche Kampf im sozialen Leben. Die Herren der Märkte und Börsen erschreckten ihn, ohne dass ihr Glanz ihn blendete. Er studierte ihre Methoden und kam hinter das Geheimnis ihrer Macht. Endlich, als blühend junger Mannskerl, nahm er ein Stadtmädchen zur Frau.
Trotz aller Rücksicht auf die bürgerliche Welt rollte das Wanderblut weiter in seinen Adern, sodass er eines Tages am Strand von Dyea landete, wo er, am Rande des Waldes, das große Blockhaus erbaute und seine Faktorei errichtete. Hier fand er den richtigen Abstand zu den Dingen und erkannte, dass die Phänomene der Gesellschaft dieselben sind wie die der Natur. Hier wie dort kam alles auf Kampf an. Wettbewerb war das Geheimnis der Schöpfung, die Welt war für den Starken geschaffen. Nur der Starke konnte sie besitzen. Lesen und Schreiben hatte Jacob Welse bei seiner Mutter im Schein des Lagerfeuers gelernt. Dann hatte er Bücher jeglicher Art durchschmökert, ohne sich das Hirn zu überlasten. Was er von der ersten bis zur letzten Seite kannte, war einzig das Buch des Lebens. Er las es mit der Nüchternheit, die man in schwerer Arbeit gewinnt, und mit einer klaren Anschauung alles Irdischen.
Eines Tages hatte Jacob Welse den Chilcoot überschritten und war in unbekannte Weiten verschwunden. Ein Jahr darauf erschien er bei den russischen Missionen, die um die Mündung des Yukon herum am Beringsmeer lagen. Dreitausend Meilen weit war er einen Strom hinabgereist, hatte viel gesehen und einen großen Traum geträumt. Er sprach nicht davon, er machte sich an die Arbeit, und eines schönen Tages konnte man einen gebrechlichen Raddampfer bei Fort Yukon sehen, der seinen Dampfpfiff in die Mitternachtssonne schrie. Das war sein Anfang gewesen, Dampfer um Dampfer, Unternehmen um Unternehmen kam hinzu. Auf tausend Meilen rings errichtete er an den Strömen und ihren Nebenflüssen Speicher und Faktoreien. Er zwang dem Eingeborenen die Axt des weißen Mannes in die Hand, und bald erhoben sich in jedem Dorf und alle zwanzig Meilen zwischen den Dörfern lange Brennholzstapel für seine Dampfkessel. Später errichtete er auf einer Insel in der Mündung des Yukon, also fast schon im Beringsmeer, seine größte Faktorei, und bald pflügten seine Ozeandampfer den nördlichen Pazifik.
In Dutzenden von Filialen, bis San Franzisko hinunter, saßen seine Angestellten und besorgten nach telegrafischen Orders seine großen Geschäfte.
Früher hatte Hunger immer wieder die Menschen vertrieben, die ins Land kamen, jetzt aber war Jacob Welse da mit seinen Proviantläden. So konnten sie auch den Winter über trotz aller Kälte bleiben und im