Augen und hellem Gesicht. Ja, er sei der Fährmann, sagte er, aber für heute hätte er die Arbeit niedergelegt. Fünfundzwanzig Dollar nahm er sonst für die Überfahrt, aber heute fuhr er nicht mehr.
»Bei diesem Sauwetter, was denken Sie denn?«
»Aber mich setzen Sie doch noch über?«
»Dort drüben ist es noch schlimmer, als man von hier aus glaubt. Nicht einmal die großen Holzboote kommen durch; das letzte hat der Sturm an die Westküste geworfen. Eine ganze Ladung von Trägern ist an Bord, von hier aus hat man alles sehen können. Von da, wo sie jetzt liegen, kommen sie nicht weiter. Da müssen sie lagern, bis der Sturm vorbei ist. Das machen wir nicht, Fräulein.«
»Aber mein Lagergerät ist schon in Happy Camp, hier kann ich doch nicht bleiben«, sagte Frona mit verführerischem Lächeln. »Seien Sie ein Mann und bringen Sie mich hinüber.«
»Nein.«
»Ich gebe Ihnen fünfzig.«
»Nein, sage ich.«
»Ich bin ein Mädel, aber ich habe keine Angst!«
Der Bursche fuhr auf und kehrte sich gegen sie mit zornfunkelnden Augen. Die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, behielt er für sich, aber Frona konnte sie von seinem Munde lesen. Gegen den Sturm gebeugt, standen sie nebeneinander wie Seeleute auf schwankendem Deck und sahen einander trotzig in die Augen. Ihm klebte das Haar in nassen Locken um die Stirn; das ihre peitschte in triefenden Strähnen um ihr Gesicht.
»Also los!«
Der Bursche schob mit einem wütenden Ruck sein Boot ins Wasser und warf die Riemen hinein.
»Steigen Sie ein! Aber nicht für fünfzig Dollar. Sie bezahlen denselben Preis wie alle anderen.«
Ein Windstoß packte die Nussschale. Die Breitseite voraus, flog sie sechs Meter weit über das Wasser. Frona nahm die Schöpfkelle zur Hand, schwere Spritzer klatschten den beiden in die Gesichter, stachen und brannten in ihre Haut.
»Hoffentlich treiben wir nicht an Land«, keuchte er und beugte sich über die ächzenden Riemen. »Wäre kein Vergnügen für Sie.«
Dabei sah er sie wütend an.
»Wir werden schon nicht«, sagte Frona und lächelte.
Sie traten auf schlüpfrige Felsen, als das Boot sein Ziel erreicht hatte. Zu beiden Seiten erhoben sich triefende Steinwände, der Regen brauste immer noch nieder wie aus unerschöpflichen Mulden.
Frona wollte helfen, das Boot zu bergen.
»Machen Sie lieber, dass Sie vorwärts kommen«, brummte der Fährmann. »Von hier bis Happy Camp sind es noch zwei Meilen, aber ein Weg für Ziegen oder Affen. Kein Wald mehr. Sie werden noch Ihr Wunder erleben. Also vorwärts! Auf Wiedersehen!«
Frona drückte ihm die Hand und sagte: »Sie sind ein tapferer Kerl!« Dann marschierte sie drauflos. Und der tapfere Kerl sah ihr bewundernd nach.
*
Happy Camp bestand aus einem Dutzend Zelten, die sich am äußersten Rande der Baumgrenze mit spitzen Pfählen wie verzweifelt in den Boden krallten. Frona ging, ausgepumpt von den wilden Strapazen dieses Tages, von Zelt zu Zelt. Der Wind stieß sie vor sich her; ihr nasser Rock hing wie Blei an den Hüften. Einmal hörte sie durch die Leinenwände einen Mann ungeheuerlich fluchen und dachte beseligt: das ist Bishop! Aber als sie hineinsah, hatte sie sich geirrt. Erst das letzte Zelt des Lagers schien ihr einladend. Sie lüftete die Zelttür: drinnen lag ein Mann auf den Knien und blies mit aller Kraft in die Glut eines rauchenden Öfchens.
Frona trat ein. Nasser Rauch schlug ihr in den Mund, sie musste husten. Da erst bemerkte der Mann, dass er einen Gast bekommen hatte.
»Binden Sie die Klappe wieder zu, und machen Sie sich’s bequem«, sagte er, ohne seine Beschäftigung zu unterbrechen.
Ein Haufen Zwergkiefernzweige lag, in passende Stücke zerhackt, aber nass, neben dem Ofen. Frona sah, dass er nicht genügend gefüllt war, hockte sich nieder und legte sachverständig die feuchten Scheiter auf. Der Mann erhob sich, hustete den Rauch aus und sah Frona mit geröteten Augen an.
»Trocknen Sie Ihr Zeug«, sagte er. »Ich sorge für Abendbrot.«
Er goss Wasser aus einem Eimer in die Kaffeekanne und stellte sie auf den Ofen. Dann ging er mit dem Eimer hinaus, um ihn neu zu füllen. Als er verschwunden war, griff Frona nach ihrem Ranzen, und als er wiederkam, stand sie in einer trockenen Bluse da und wrang die nasse aus. Während er in der Proviantkiste nach Tellern und Bestecks kramte, spannte sie eine Leine zwischen den Zeltstangen aus und hängte ihre Wäsche zum Trocknen auf.
Die Teller waren schmutzig. Während der Mann gebückt dastand und sie wusch, wechselte sie auch noch die Strümpfe und zog ein Paar feiner, weicher Mokassins an. Das Feuer brannte jetzt. Bisher hatten die beiden kaum ein Wort gesprochen. Der Mann benahm sich, als sei es das Natürlichste von der Welt, dass ein junges Mädchen in Nacht und Unwetter zu ihm hereingeschneit kam. Frona nahm ein- oder zweimal einen Anlauf, um etwas zu sagen, aber er schien ihre Anwesenheit vergessen zu haben, und so schwieg sie.
Nachdem er mit der Axt eine Dose Pökelfleisch geöffnet hatte, warf er ein Dutzend Speckscheiben in die Pfanne. Dann kochte er Kaffee und holte aus der Proviantkiste einen kalten schweren Pfannkuchen hervor. Diese Delikatesse prüfte er zweifelnd und sah dabei Frona an. Dann schmiss er das klitschige Ding zum Zelt hinaus und warf eine Handvoll Schiffszwieback auf ein Wachstuch, das auf dem Boden lag und als Esstisch dienen sollte. Die Zwiebäcke waren zerkrümelt, vom Regen aufgeweicht; sie bildeten einen schmutzig weißen Brei.
»Mehr habe ich nicht, das da muss als Brot gelten.«
»Einen Augenblick!« Ehe er protestieren konnte, hatte Frona die Schiffszwiebacke auf das siedende Fett und den Speck in der Pfanne geworfen. Sie goss ein paar Tassen Wasser dazu und verrührte alles über dem Feuer. Als es einige Minuten lang aus der Pfanne geschluchzt und geseufzt hatte, schnitt sie das Pökelfleisch in Scheiben und tat es zu dem übrigen, salzte und pfefferte. Ein angenehmer Duft stieg aus der Pfanne auf. Als er nun seinen Teller auf dem Knie balanzierte und das Gericht kostete, sagte er:
»Das schmeckt, Donnerwetter, wie das schmeckt! Wie nennen Sie das?«
»Goldgräbersalat«, sagte sie kurz, und dann aßen sie beide wie hungrige Wölfe.
Nach und nach hatten Fronas Augen sich an den Rauch und das Halbdunkel gewöhnt, schweigend studierte sie das Gesicht ihres Wirtes. Es lag Kraft und Ausdruck darin, aber seltsam, das war ein Gelehrtenkopf … Solche Augen kannte sie bei Männern, die viele Nächte lang über Büchern gesessen hatten. Die Augen waren braun, es waren schöne,